Rezension über:

Krisztián Csaplár-Degovics / István Fazekas (Hgg.): Geteilt - Vereinigt. Beiträge zur Geschichte des Königreichs Ungarn in der Frühneuzeit (16. - 18. Jahrhundert) (= Edition Ungarische Geschichte. Studien; Bd. 1), Berlin: Osteuropa Zentrum 2011, 398 S., ISBN 978-3-940452-32-0, EUR 34,90
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Antal Molnár: Lehetetlen küldetés? Jezsuiták Erdélyben és Felső-Magyarországon a 16.-17. században (= TDI Könyvek; 8), Budapest: L'Harmattan 2009, 286 S., ISBN 978-963-236-134-5
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Márta Fata / Anton Schindling (Hgg.): Calvin und Reformiertentum in Ungarn und Siebenbürgen. Helvetisches Bekenntnis, Ethnie und Politik vom 16. Jahrhundert bis 1918 (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte; Bd. 155), Münster: Aschendorff 2010, XX + 603 S., ISBN 978-3-402-11580-0, EUR 58,00
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Rezension von:
Szymon Brzeziński
Warschau
Redaktionelle Betreuung:
Johannes Wischmeyer
Empfohlene Zitierweise:
Szymon Brzeziński: Reformation und Zeitalter der Konfessionen in Ost-/Südostmitteleuropa: Königreich Ungarn (Rezension), in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 6 [15.06.2013], URL: https://www.sehepunkte.de
/2013/06/23662.html


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Reformation und Zeitalter der Konfessionen in Ost-/Südostmitteleuropa: Königreich Ungarn

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Die Forschungsergebnisse der ostmitteleuropäischen Historiographie lassen sich mitunter nicht den in der westeuropäischen bzw. deutschen Geschichtsschreibung üblichen fachspezifischen Gliederungen und Forschungsmustern anpassen. Dies trifft wohl auch auf die neueren Publikationen aus dem Gebiet der Reformations- und Konfessionsgeschichte im frühneuzeitlichen Königreich Ungarn zu. In der ungarischen Geschichtsschreibung wird die Geschichte der einzelnen Konfessionen meistens im Rahmen allgemeiner religions-, politik- und kulturgeschichtlicher Fragestellungen betrachtet. In den letzten zwei Dekaden entwickelte sich die ungarische Kirchengeschichte rasch und holte die Vernachlässigungen der Nachkriegszeit auf. Bemerkenswert ist, dass dabei die Erforschung der Religion und der Kirchen im sogenannten "königlichen Ungarn" keinen klar abgegrenzten Forschungsbereich bildete, sondern oft im Zusammenhang mit der Geschichte der Konfessionen in Siebenbürgen und im osmanischen Ungarn seht. Damit kommt die ansonsten etablierte Spezialisierung von Historikern bzw. Publikationen, die sich vor allem mit einem der Teile des historischen Ungarn beschäftigen, auf diesem Feld nur in begrenzter Weise zum Tragen. In der zurückliegenden paar Jahren ist keine Monographie oder neue Gesamtstudie zur ungarischen Reformationsgeschichte erschienen; es ist daher notwendig, aktuelle Tendenzen und historiographische Fragen in diesem Bereich anhand einiger Beispiele von Sammelbänden und kleineren Aufsätzen darzustellen.

Einen guten Überblick der neueren ungarischen Frühneuzeitforschung bietet der Band "Geteilt - Vereinigt" [1]. Er öffnet eine neue Buchreihe des Osteuropa-Zentrums in Berlin, die speziell der Geschichte Ungarns gewidmet ist. Der "frühneuzeitliche" Band versammelt Aufsätze ungarischer Historiker, befasst sich aber mit einer etwas breiteren Problematik als allein dem Königreich Ungarn (Balkan, Siebenbürgen, H. Römisches Reich, Krimkhanat). Zwar hat hier die Reformations- und Kirchengeschichte bedauerlicherweise wenig Platz gefunden, doch ist das Buch empfehlenswert als Einstieg in die neuste ungarische Forschung mit deren historischem Kontext. Darüber schreibt István Fazekas in seinem einführenden, breit gefassten Literaturbericht. Im Kapitel über die Geschichtsschreibung nach 1989 fällt auf, dass der einzelne dargestellte kirchenhistorische Forschungsbereich die katholische Kirchengeschichte ist (60-62). Das steht im Zusammenhang mit den tatsächlichen aktuellen Forschungsschwerpunkte, die allerdings auch für die an Reformation und Protestantismus Interessierten beachtenswert sind. Zu den Aufsätzen, die sich trotz etwas anderer Thematik auch für Konfessionsgeschichte als nützlich erweisen mögen, gehört in diesem Band der Text von István Németh zu "Städtepolitik und Wirtschaftspolitik in Ungarn in der Frühen Neuzeit (16.-17. Jahrhundert)", eine Zusammenfassung seiner früheren zweibändigen Monographie zur oberungarischen Stadtgeschichte. Eine konfessionsgeschichtlich orientierte Studie von Ildikó Horn ("Konfessionalität und religiöse Dissimulation"), die auch einen Teil ihres Buches bildete [2], untersucht in der Tat die Anfänge der siebenbürgischen Konfessionalisierung unter dem Gesichtspunkt der Ziele der politischen Elite, womit die Religion als politischer und staatsbildender Faktor hervortritt. Der Fall Johann Sigismunds und seiner ungeklärten konfessionellen Zugehörigkeit wird neu erörtert. Damit wird ein wesentliches und hochinteressantes Problem der frühneuzeitlichen Konfessionsgeschichte adressiert, die sich so oft z. B. mit der dynastischen Politik oder der Frage der Öffentlichkeit verbindet (Konfession als Maske, politische Aspekte der Konfession, das Verhältnis zwischen persönlicher Frömmigkeit und öffentlicher konfessionspolitischer Rolle). Dieser Problematik, aus politischer Perspektive gesehen, wurde übrigens vor kurzem in Ungarn ein separater Band gewidmet. [3]

Wie erwähnt, hat die katholische Kirchengeschichtsforschung in Ungarn in den zurückliegenden Jahren wesentliche Ergebnisse gebracht. Mit den neusten Veröffentlichungen wird diese Entwicklung fortgesetzt, die allgemein ein Merkmal der ungarischen Historiographie nach 1989 darstellt. [4] Das Buch von Antal Molnár zur Jesuitenmission dokumentiert einen wesentlichen Teil dieser Forschung. [5] Der Autor, international bekannt vor allem dank seiner mehrjährigen Beschäftigung mit dem religiösen Leben im osmanischen Ungarn und auf der Balkanhalbinsel, hat hier zwölf Aufsätze zu den ungarischen und siebenbürgischen Jesuiten versammelt. Mit zwei Ausnahmen waren die im Verlauf der vergangenen zwei Dekaden entstandenen Texte bereits publiziert, einer auf Deutsch und einer auf Französisch, in zwei Fällen gemeinsam mit anderen Autoren (László Lukács und Dániel Siptár). Die Aufsätze sind heterogen und reichen vom zusammenfassenden Überblick über die Geschichte des Ordens in Ungarn und Siebenbürgen im 16. Jahrhundert bis detaillierten und durchgehend mit römischen und ungarischen Archivalien reich dokumentierten Studien - die Sammlung wirkt deswegen eher wenig kohärent. Die Mehrzahl der Studien betrifft die Ordensgeschichte im 17. Jahrhundert: die Misserfolge des Ordens in der Region im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert machten es für die Jesuiten notwendig, sich den komplizierten Bedingungen anzupassen. Nach dem Scheitern zeitweiliger Kollegien in Nagyszombat (Trnava, 1561-1567), Znióváralja (heute: Kláštor pod Znievom, 1591-1598) und Vágsellye (Šaľa, 1598-1605), probierten die Jesuiten noch einmal, eine eigene Schule im Königreich Ungarn zu gründen. Das bedeutete eine nicht geringe Herausforderung, da die Aktivität des Ordens in diesem Bereich durch die Beschlüsse des Wiener Friedens begrenzt war. Wie Antal Molnár zeigt, konnten die Jesuiten diese Situation ausnutzen, obwohl der erzwungene Kompromiss eine Strategie verlangte. Nach den gescheiterten Schulgründungsversuchen im Königreich Ungarn folgte noch ein weiterer, in Homenau (heute: Humenné),wo zwischen 1615 und 1619 ein jesuitisches Kollegium existiert hat (Studie und Quellenüberblick: 95- 146). Das Vorhaben bietet ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten der katholischen Mission im ruhelosen Grenzgebiet Ungarns. Unterstützt von György Drugeth Homonnai, setzten die Jesuiten bei ihrer Tätigkeit in Ostungarn mit einer Mission auf dessen riesigem Grundbesitz ein. Gerade die Reichweite dieser Mission unterschied die Stiftung in Homenau. Das Kollegium war Ausgangspunkt für zehn anderen Missionen, hauptsächlich an Adels- und Fürstenhöfen. Das Kollegium stützte damit die Aktivität des Ordens und der katholischen Kirche auf diesem Gebiet. Das Ende brachte der Angriff Gábor Bethlens 1619. Die Jesuiten flüchteten nach Polen, auch Homonnai hat von dort versucht, seinen Besitz mit Waffen zurückzuerobern. Die Jesuiten kehrten erst 1629 zurück, doch die Situation von 1619 wiederholte sich 1644 mit dem Angriff von Georg II. Rákoczi und einer neuen Flucht nach Polen. Schon zwei Jahre später brachte János Homonnai die Jesuiten zurück, allerdings nicht nach Homenau, sondern ins gut befestigte Ungvár. Wie im Fall anderer kurzlebiger ungarischer Stiftungen ist auch der Stellenwert Homenaus problematisch. Im Band wird mehrmals betont, dass auch die Stiftungen von kurzer Dauer nicht zu unterschätzen sind, wenn es um die Strukturen der jesuitischen Missionen in Ungarn und vor allem um die Konversion von Adligen geht, sowohl im regionalen als auch im überregionalen Maßstab.

Die anderen Fallstudien aus dem Band wiederholen das Muster anhand viel schwieriger zu bearbeitender Gebiete - Siebenbürgen und Banat (Missionen in Karánsebes und Székelyudvarhely im 17. Jahrhundert). Ein wichtiges Thema des Buches sind auch internationale und daneben regionale Verflechtungen. Im Vordergrund stehen selbstverständlich die Kontakte mit Rom, Wien und Prag, daneben sind auch polnische Kontakte hervorzuheben. Im Buch werden diese vielleicht etwas zu beiläufig betont, was kein Grund für Vorwürfe sein kann, wenn man den nichtmonographischen Charakter des Bandes berücksichtigt. Im Fall von Homenau ist hier etwa die Figur Sándor Dobokays zu nennen, dessen autobiographische Aufzeichnungen aus Krakau (1620), vom Autor bereits vor 16 Jahren auf Deutsch publiziert, in den Band eingegliedert geworden sind (79-93). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Arbeit von Antal Molnár, selbstverständlich in erster Linie für ein ungarischsprachiges Fachpublikum gedacht, die Ergebnisse der ungarischen Kirchengeschichte der letzten zwei Dekaden augenfällig macht. Es ist allerdings zu hoffen, dass diese Forschungen auch in einer Übersetzung und in Form einer Monographie erscheinen werden, ähnlich wie früher Molnárs Studien zur Geschichte des Katholizismus im osmanischen Ungarn und auf dem Balkan. [6] Sein Werk macht diesen Autor in jedem Fall zu einem der wichtigsten ungarischen Kirchenhistoriker.

Was im Fall der neusten katholischen Kirchengeschichte Ungarns noch ein Desiderat darstellt, wurde jüngst in der Reformations- und Protestantismusgeschichte angestrebt: "Die westeuropäischen und deutschen Calvinismus-Forschungen konzentrieren sich (...) bis heute fast ausschließlich auf West- und Mitteleuropa und klammern historische ost- und ostmitteleuropäische Regionen wie Polen-Litauen, das Königreich Ungarn und das Fürstentum Siebenbürgen eher aus", postulieren die Herausgeber des Sammelbandes über das Reformiertentum in Ungarn und Siebenbürgen in ihrem Vorwort.[7] Der 600-seitige Band soll angesichts dieses Zustandes für mehr Gleichgewicht sorgen. Die Aufsatzsammlung ist als Tagungsband erschienen, bietet aber dank ihres chronologischen und thematischen Umfangs mehr als typische Fachbücher dieser Art. Die Organisatoren der Tagung, die 2008 anlässlich des Calvin-Jahres 2009 stattfand, bzw. Herausgeber des Bandes gehören in den Umkreis der Universität Tübingen, die eingeladenen Autoren repräsentieren vor allem die deutsche und ungarische Historiographie (Budapest, Szeged, Debrecen, München, Mainz u.a.), mit einem wesentlichen Beitrag von ungarischen Autoren aus Siebenbürgen (Klausenburg). Der Inhalt - 22 Studien - ist in sechs Teile gefasst ("Helvetisches Bekenntnis in Ungarn und Siebenbürgen", "Ethnie und Konfession", "Wege der Vermittlung", "Der Calvinismus als politische Tradition?", "Fremdbilder und Selbstbilder" und "Calvin heute"), eingeleitet von einem Essay Heinz Schillings. Die Texte werden ergänzt durch zwei Bildergalerien, zahlreiche Illustrationen, Register und eine ungarische Zusammenfassung. Im Rahmen dieses breit angelegten Panoramas konzentriere ich mich im Folgenden auf die Beiträge zu den Verhältnissen im "königlichen" Ungarn in der Frühen Neuzeit, obgleich in vielen Fällen eine solche thematische Abgrenzung nicht einfach ist.

Eine der Hauptfragen für die Autoren des Bandes - bereits im Untertitel angedeutet - betrifft die Verbindung zwischen reformierter Konfession und ethnischen Gemeinschaften im Karpatenbecken. Erneut wird nach den Beweggründen gefragt, die zur Annahme der Reformation in ihrer jeweils konkreten Gestalt geführt haben, besonders nach der Vorstellung des Reformiertentums als einer "ungarischen Konfession". [8] András Szabó führt in diese Problematik auf dem Basis von Sekundärliteratur ein ("Calvinismus und Ethnie im Reich der Stephanskrone im 16. Jahrhundert", 81-89). Eva Kowalská hat ihre Studie dem Verhältnis von Ethnie und Konfession bei Slowaken und Deutschen gewidmet ("Das Reformiertentum in Ungarn zwischen Annahme und Ablehnung am Beispiel von Slowaken und Deutschen vom 16. bis 19. Jahrhundert", 91-110). Sie hat die Rolle der städtischen Eliten bei der Verbreitung der Reformation hervorgehoben und auch auf die interessante Tatsache hingewiesen, dass die politische (ständische) Zusammenarbeit der Protestanten sich nicht auf einer tieferen Ebene - in Form eines Austauschs unter den Geistlichen - auswirkte; ebenso haben die Verfolgungen der 1670er Jahre die Spannungen zwischen Lutheranern und Reformierten nicht aufgelöst. Die Studie von Kowalská ist vor allem wegen ihrer Fragestellungen interessant, die die zweite Hälfte des 17. und das 18. Jahrhundert betreffen und quellengestützt behandelt werden, viel weniger aber für die Zeit vor 1650. Beide Autoren weisen darauf hin, dass die Identitätsbildung der ungarländischen Lutheraner und Reformierten nicht trennscharf nach ethnischen Kriterien erfolgte - Abweichungen stellen beispielsweise die nordostungarischen reformierten Slowaken, die westungarischen lutherischen Ungarn oder reformierte deutschen Kolonisten im 18. Jahrhundert dar (letztere Gruppe wird im Band von Márta Fata behandelt). Eher wird die Rolle von Entscheidungen der adligen Patrone und von politischen und kulturellen Zentren (wie Wien) für die Verbreitung der Konfessionen im Königreich Ungarn betont. Die genannten Autoren versuchen dadurch das Gesamtbild der ethnisch-konfessionellen Karte der historischen Ungarn zu differenzieren. Der Ausblick auf Modernisierungsprozesse und spätere nationale Auseinandersetzungen (das 19. Jahrhundert wird auch von anderen Autoren thematisiert) hat zum Ergebnis, dass Identitäts- und Nationsbildungsprozesse in den Vordergrund treten. Diese Perspektiverweiterung hat bestimmte Vorteile, zum Beispiel können die Konsequenzen der Reformation auf mehreren Ebenen verfolgt werden. Gleichzeitig besteht immer die Gefahr, moderne Klischees zu verallgemeinern. Die Autoren des Bandes haben dies mit Erfolg vermieden.

Neben der "Ethnie" wird im Band auch das Problem politischer Verbindungen und Kontexte des Calvinismus breit diskutiert. Hier geht es wiederum auch um die Frage der ungarischen Identität. Der Aufsatz von András Péter Szabó ("Inhalt und Bedeutung der Widerstandslehre im Bocskai-Aufstand", 317-340) ist politik- und nicht ideengeschichtlich angelegt. Der Titel kann daher etwas irreführend wirken. In der Tat stellt über die Hälfte der Studie eine Zusammenfassung des politischen Kontexts des Aufstands dar, was für das internationale Publikum nützlich sein kann, da der Autor auch neueste ungarische Forschungsergebnisse berücksichtigt. Im restlichen Text wird jedoch umfassend das Quellenmaterial zusammengestellt. Besonders wertvoll ist die Analyse der von beiden Seiten verwendeten Terminologie - ein interessanter begriffsgeschichtlicher Beitrag. Die ideologischen Motive des Aufstandes werden im Einklang mit den meisten neueren Forschungen scharf von der späteren nationalen Tradition unterschieden: der Krieg gegen die Habsburger wurde von den Zeitgenössischen im Grunde nicht als Religionskrieg dargestellt. Der Autor versteht die Widerstandslehre funktional, als ein Mittel zur politischen Legitimation und Propaganda, das stets aktualisiert wurde. Die Fortsetzung dieser Thematik biete im Band der Aufsatz von István M. Szijártó ("Die Reformierten und die Frage des ständischen Widerstands im Königreich Ungarn im 18. Jahrhundert", 341-355). Er zeigt zwar die dauerhaften Folgen der konfessionellen Spaltung Ungarns für die ständische Politik noch in den ersten Dekaden des 18. Jahrhunderts auf, betont aber zugleich einen Wandel der politischen Prinzipien. Die Konfession verlor ihre Rolle als wichtigster politischer Faktor, der Konstitutionalismus entwickelte sich vor allem auf ständischer Grundlage.

Von einem Sammelband darf nicht erwartet werden, dass er die Rolle einer Synthese erfüllt. Der Tübinger Band erweckt vielleicht wegen seiner Beitragsfülle einen solchen Anschein, obwohl zu einem vollständigen Bild offensichtlich noch vieles fehlt (z. B. Untersuchungen zu den Themen Kunst, Architektur, Musik - diese Lücke versuchen die Herausgeber mit Hilfe der kommentierten Bildgalerien zu füllen). Teilweise erinnern die Aufsätze eher an synthetische Konferenzvorträge, während andere in Form detaillierterer Annäherungen thematische Ergänzungen bieten. Ein Verdienst des Bandes ist zweifellos die Vermittlung aktueller südosteuropäischer Forschungen, jedoch mit zu geringerer Beteiligung z. B. rumänischer und slowakischer Forscher. Der Leser erhält allerdings ein sehr nützliches Werk, das den gegenwärtigen Zustand der ungarischen Reformationsgeschichte und ihrer vielfältigen Fragestellungen im international vernetzten Rahmen widerspiegelt.


Anmerkungen:

[1] Geteilt - Vereinigt. Beiträge zur Geschichte des Königreichs Ungarn in der Frühneuzeit (16. - 18. Jahrhundert), hgg. Krisztián Csaplár-Degovics / István Fazekas, OEZ-Verlag, Osteuropa Zentrum, Berlin 2011 (Edition Ungarische Geschichte. Studien, Bd. 1), 398 S.

[2] Hit és hatalom. Az erdélyi unitárius nemesség 16. századi története [Glauben und Macht. Geschichte des siebenbürgischen unitarianischen Adels im 16. Jahrhundert], Budapest 2009.

[3] Színlelés és rejtőzködés. A kora újkori magyar politika szerepjátékai [Simulation und Versteck. Rollenspiele der ungarischen Politik in der Frühen Neuzeit], hgg. Nóra G. Etényi, Ildikó Horn, L'Harmattan, Budapest 2010.

[4] Siehe z. B. die Publikationsreihe von der Ungarischen Arbeitsgemeinschaft für die Enzyklopädie der Kirchengeschichte (Magyar Egyháztörténeti Enciklopédia Munkaközössége) in Budapest (METEM-könyvek) und die Serie Bibliotheca Historiae Ecclesiasticae Universitatis Catholicae de Petro Pázmány Nuncupatae. Collectanea Vaticana Hungariae (Budapest / Rom 2004).

[5] Antal Molnár: Lehetetlen küldetés? Jezsuiták Erdélyben és Felső-Magyarországon a 16.-17. században [Unmögliche Mission? Die Jesuiten in Siebenbürgen und Oberungarn im 16.-17. Jahrhundert], L'Harmattan, Budapest 2009 (TDI Könyvek, 8), 286 S.

[6] Antal Molnár: Le Saint-Siége, Raguse et les missions catholiques de la Hongrie ottomane 1572-1647, Rome / Budapest 2007 (Bibliotheca Academiae Hungariae Roma. Studia, 1).

[7] Calvin und Reformiertentum in Ungarn und Siebenbürgen. Helvetisches Bekenntnis, Ethnie und Politik vom 16. Jahrhundert bis 1918, hgg. Márta Fata / Anton Schindling, Aschendorff Verlag, Münster 2010 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Bd. 155), 603 S, hier S. V.

[8] Vgl. zu diesem Thema auch: Sándor Őze: Reformation und Grenzgebiete. Zur Verbreitung der Reformation in den ungarisch besiedelten Gebieten, METEM, Leipziger Universitätsverlag, Budapest / Leipzig 2011.

Szymon Brzeziński