Das Wörlitzer Gartenreich zieht wie wohl kein anderer deutscher Gartenkomplex das Interesse der Publizisten an. Diesmal steht nicht das Gartenreich, sondern Fürst Franz (1740-1817) im Mittelpunkt. Es ist nicht dessen erste Biografie, wie auf dem Umschlag behauptet wird. Die erste Biografie erschien 1821 von Johann Bernhard Gleim, 1845 eine zweite von Friedrich Reil. Anna Franziska von Schweinitz gab 2004 ein Reisetagebuch des Fürsten heraus, und 2005 stellten Studierende aus Halle einen Band über den Fürsten zusammen (Fürst Franz - Beiträge zu seiner Lebenswelt). Diese und andere Publikationen sind auch im Literaturverzeichnis genannt.
Dem Autor, einem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler indischer Herkunft, geht es um größere Zusammenhänge. So stellt er im ersten Teil die militärische und wirtschaftliche Situation dar, in die der Fürst hineingeboren wurde. Im zweiten Teil wird seine Jugend geschildert, im dritten sein Wirken in den verschiedenen Bereichen des Staates. Der vierte Teil ist dem Gartenreich gewidmet, das als "Heilsversprechen des Reformstaates" gesehen wird und dessen verschiedene programmatische Facetten geschildert werden. Im fünften Teil werden die Beziehungen des Fürsten zu anderen Menschen, darunter Frauen, ein Bruder, Goethe und Friedrich II. behandelt. Der sechste und letzte Teil betrifft die Freiheitskriege und die späteren Lebensjahre des Fürsten. Als Epilog gibt es einen kurzen Essay über das Gartenreich. Im Anhang sind Reisehinweise, Literaturangaben, eine Zeittafel und ein Personenregister zu finden.
Die Biografie stellt das Leben des Fürsten in vielerlei Zusammenhängen dar und trägt zum Verständnis von Person und Zeit bei. Allerdings enthält sie keine neuen Forschungsergebnisse, sondern basiert auf den Arbeiten anderer. Sie ist wohl auch nicht als wissenschaftliches Werk gedacht. Es gibt keine Fußnoten, nur zuweilen Zitate aus wissenschaftlichen Arbeiten. Archivalische Quellen wurden dem Quellenverzeichnis zufolge nicht verwendet. Der eigenen Ausbildung entsprechend, widmet der Autor wirtschaftlichen und sozialen Aspekten besonderer Aufmerksamkeit. Historische Details sind vereinzelt unpräzise wiedergegeben (Der Große Kurfürst als Herrscher Preußens, Seite 9, Joseph II. als österreichischer Kaiser, Seite 141, Wörlitz als erster Landschaftsgarten des Kontinents, Seite 177). Solche Ungenauigkeiten werden, wenn man so will, durch eine flüssige und interessante Darstellungsweise aufgewogen, der auch Andekdoten willkommen sind, um das Bild der Epoche zu illustrieren.
Kaevan Gazdar: Herrscher im Paradies. Fürst Franz und das Gartenreich Dessau-Wörlitz, Berlin: Aufbau-Verlag 2006, 359 S., ISBN 978-3-351-02633-2, EUR 24,90
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse an.