Das Buch mit dem anregenden Titel ist der Berichtband einer Tagung zum Thema "Die Oldenburger Monarchie um 1800", die im Juni 2003 in Plön stattfand und vom Lehrstuhl für Landesgeschichte an der Universität Kiel (Professor Thomas Riis) organisiert wurde. Zwölf Beiträge dieser Tagung, ergänzt um zwei neue Aufsätze sowie einleitende und abschließende Bemerkungen von Thomas Riis, machen den Band aus. Die Beiträge sind auf Deutsch oder Englisch, mit Zusammenfassung in der jeweils anderen Sprache.
Im Vorwort wird der Wunsch ausgesprochen, die Oldenburger Monarchie als Ganzes zu überblicken. Das heißt also nicht nur Dänemark oder Dänemark und Norwegen, wie es vor zehn Jahren in einer groß angelegten, vierbändigen dänisch-norwegischen Geschichte 1380-1814 gemacht wurde. Nicht einmal nur Dänemark-Norwegen und die Herzogtümer Schleswig und Holstein - das was in der dänischen Forschung gern "der Gesamtstaat" genannt wird - sondern alle die erwähnten Teile mit den nordatlantischen Provinzen, Island, die Färöer und Grönland sowie die winzigen tropischen Kolonien an der Goldküste und in Indien als auch die drei kleinen Jungferninseln in der Karibik. Es ist dieses Gebilde, auf das mit dem etwas imposanten Wort "Weltreich" im Titel angespielt wird, und das Vorwort erläutert, dass auf der Tagung eine Vereinigung zur Förderung eben dieses Studiums gegründet wurde.
Abgesehen von einem kurzen Beitrag von Herrn Professor Riis befassen die vierzehn Beiträge sich aber nicht mit dem Gesamtstaat als solchem, sondern bieten eher Streiflichter über dessen Handels- und Koloniegeschichte. Das versteht man gut, denn wie Riis in seinem Beitrag bemerkt, bildete der Gesamtstaat keinen geschlossenen politischen oder wirtschaftlichen Raum.
Die Beiträge teilen sich ein zwei Gruppen: Zum einen sind es geraffte Überblicke z.B. zur Geschichte des dänischen Asienhandels, zur Geschichte der Färöer im 18. Jahrhundert, zur dänischen Politik in Grönland von 1721 bis 1870, zum dänisch-westindischen Militärwesen von 1678 bis 1917, zur ökonomischen Entwicklung Flensburgs vom 18. bis zum 20. Jahrhundert vor dem Hintergrund des Handels mit Dänisch-Westindien (Hansen-Rum!) und zum kulturellen Austausch zwischen Dänemark und Norwegen im 18. und 19. Jahrhundert. Zum anderen findet man eine Reihe Fallstudien z. B. zum dänischen Sklavenhandel an der Goldküste um 1780, zur materiellen Kultur in den dänischen Kolonien in Indien um 1800, zur Biografie des erfolgreichen norwegischen Kaufmannes Peter Dahl (1747 bis 1789) sowie zur sozialen Lage und zum politischen Bewußtsein der freien Farbigen auf den Jungferninseln im Jahre 1815.
Für die meisten Beiträge gilt, dass sie von Kennern der Materie geschrieben sind und zuverlässig den Stand der Forschung wiedergeben, aber abgesehen von der Skizze zum dänisch-westindischen Militärwesen von 1678 bis 1917 eigentlich wenig Neues bringen. Für Forscher und Laien, die die skandinavischen Sprachen nicht beherrschen, ermöglicht der Band jedoch eine gute Orientierung und bietet viele interessante Einblicke, auch wenn der Leser schnell zur Einsicht kommt, dass der dänische Gesamtstaat kein unterschätztes Weltreich war, sondern ganz einfach ein typisch frühmoderner "composite monarchy"/Konglomeratstaat.
Eva Heinzelmann / Stefanie Robl / Thomas Riis (Hgg.): Der dänische Gesamtstaat. Ein unterschätztes Weltreich?, Kiel: Verlag Ludwig 2006, 332 S., ISBN 978-3-937719-01-6, EUR 34,90
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