Der Band veröffentlicht die vierzehn Vorträge, die im März 2007 im Rahmen einer Tagung an der Universität München gehalten wurden. Dabei sollte, wie Knut Görich einleitend darlegt, im Licht der neuen "Einsichten in die Bedeutung konsensualer Entscheidungsfindung, symbolischer Verhaltensweisen und ungeschriebener, aber sozial gültiger Normen" (13) das politische Handeln Friedrichs II. "einer konsequenten Kontextualisierung" unterzogen, also gefragt werden nach den "regional unterschiedlichen, kontextgebundenen Erwartungshaltungen, die an den Herrscher herangetragen wurden und auf die er zu reagieren hatte" (12f.).
Zunächst allerdings geht es um die Zeitgebundenheit der Darstellungen und Bewertungen Friedrichs II. durch seine Nachwelt: Marcus Thomsen und Roberto delle Donne schildern die Friedrich-Rezeption in Deutschland und Italien, wobei sie sich auf die Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert konzentrieren. Wie der zeitgenössische englische Geschichtsschreiber Matthäus Paris die Gestalt Friedrichs wahrnahm, darüber informiert Björn Weiler. Er zeigt überzeugend, dass dem Staufer bei Matthäus die Funktion des die Konturen schärfenden Gegenbildes zum Verhalten des englischen Königs wie auch der Päpste zufällt. Zwar ändert sich des Chronisten Urteil über den Kaiser durchaus mit den politischen Umständen. Es bleibt grundsätzlich jedoch positiv, was wohl in der Tat auch in der berühmten Charakterisierung Friedrichs als stupor mundi und immutator mirabilis zum Ausdruck kommt.
Der Kaiser und sein Hof rücken anschließend ganz in den Mittelpunkt. Jan Keupp analysiert Friedrichs Haltung zum Rittertum, die sich in allen ihren wesentlichen Zügen als überkommenen Vorstellungen und Idealen verpflichtet erweist. Ausführlich und sachkundig informiert danach Martina Giese über Friedrichs Menagerie. Trotz einzelner Neuerungen und der alle vergleichbaren Einrichtungen übertreffenden Größe und Vielfalt seines Tierparks knüpfte der Staufer auf diesem Feld im Ganzen erneut an europäische Traditionen an, nutzte die hier sich bietenden Möglichkeiten der Herrschaftspräsentation indes besonders schöpferisch und intensiv.
Sozusagen von der Instrumentalisierung des Kaisers durch andere ist im Folgenden die Rede. Nach der einleuchtenden Argumentation von Michael Matzke suchten die Städte Bergamo und Como mit den Porträtmünzen, die sie seit ihrem Übergang auf die kaiserliche Seite prägten und nach dem Vorbild der Augustalen mit dem Bild des Kaisers schmückten, wie bereits der Staufer selbst mit seinen Augustalen der Öffentlichkeit in einer damals neuartigen Form die eigene Rechtsstellung und Bedeutung bewusst zu machen. Ganz ähnlich sieht Harald Wolter-von dem Knesebeck in dem berühmten Wandgemälde von S. Zeno in Verona nicht nur eine dem Kaiser geltende Huldigung des auftraggebenden Abtes; zugleich, ja noch vordem habe dieser sich damit vielmehr selbst feiern und seinen hohen Rang betonen wollen. Freilich verwundert dann etwas, dass er auf dem Gemälde, wenn überhaupt, so doch kaum erkennbar präsent ist.
Die übrigen Vorträge widmen sich den Formen der Herrschaftspräsentation und der Herrschaftspraxis in einzelnen Teilen des Stauferreiches. Dabei spielt das Königreich Sizilien allerdings nur eine unbedeutende Nebenrolle, zumal Georg Vogelers Suche nach Zeugnissen für die symbolische Bedeutung der im Regnum ausgestellten kaiserlichen Urkunden lediglich auf "spärliche Spuren" (358) stößt. Kaum haltbar scheint die These von Klaus van Eickels, Friedrich habe sich 1231 beim Erlass der Konstitutionen von Melfi wie dann 1236 beim Prozess gegen die des Kindermordes beschuldigten Juden in Deutschland, um seine sonst chancenlosen Entschlüsse durchzusetzen, hinter der Autorität von Expertenkommissionen versteckt und so eine Art Expertenherrschaft eingeführt. Seine alleinige Verantwortung für die Geltung seiner Konstitutionen machte der Herrscher stets offen und unmissverständlich deutlich, und das Urteil im Fuldaer Mordprozess erging, wie seit je üblich, im Konsens und durch den Spruch der Fürsten.
Noch zwei weitere Beiträge thematisieren das Geschehen in Deutschland. Gerd Althoff befasst sich mit Friedrichs öffentlichen Auftritten anlässlich seiner Aachener Krönung sowie 1236 am Grab der hl. Elisabeth in Marburg und konstatiert zutreffend, man könne aus solchen symbolischen Handlungen nicht auf die Echtheit religiöser Gefühle schließen. Ob die Forschung dazu jedoch grundsätzlich keinerlei Aussagen zu machen vermag, das sei dahingestellt. Auch über den Verlauf gerade der Marburger Zeremonie wissen wir ja keineswegs ganz sicher Bescheid und ebenso wenig darüber, ob dieser Verlauf tatsächlich vollkommen des Kaisers Vorstellungen entsprach. Dessen Konflikt mit Herzog Friedrich II. von Österreich unterzieht Knut Görich einer neuerlichen Analyse mit dem Resultat, der Staufer sei dabei offenbar "zum Getriebenen der Fürsten geworden" (378). Indes traf des Herzogs Vorgehen sehr direkt und empfindlich durchaus das kaiserliche Herrschaftsverständnis selbst, während gegen ein dominierendes Interesse der Fürsten an der Sache doch eigentlich spricht, dass sie sich recht schnell wieder aus den Babenberger Landen zurückzogen und dem Kaiser deren Einzug für das Reich überließen.
Reichsitalien, genauer Faenza, nimmt Theo Broekmann in den Blick und deutet die auffallend milde Behandlung dieser Stadt durch den Kaiser im Jahr 1241 wohl zutreffend als den Versuch einer "Vertrauensoffensive" (273). Christoph Dartmann konzediert als Folge von Friedrichs "vermeintlicher Neuordnung Ober- und Mittelitaliens um 1240" (286) immerhin eine Intensivierung und größere Kontinuität der kaiserlichen Herrschaftsausübung, betont freilich auch die fortbestehende Abhängigkeit der kaiserlichen Podestà von den örtlichen Gegebenheiten und - mit Recht - die Notwendigkeit weiterer lokaler Recherchen. Die Kluft zwischen den kaiserlichen Absichten und der Wirklichkeit vor Ort wird im Übrigen so wie hier bereits in dem "jüngsten Handbuch" (285 mit Anm. 10) beschrieben, das Dartmann einseitig zum Zeugen für das Fortwirken der Fickerschen Grundthesen macht. Christoph Friedrich Weber schließlich zeigt anhand von Friedrichs Padua-Aufenthalt im Jahr 1239, wie flexibel der Staufer in der direkten Kommunikation mit den Kommunen Oberitaliens traditionelle und "neue, intensivere Formen monarchischer und kommunaler Herrschaft verband", und sieht darin - ein bedenkenswerter Vorschlag - "Friedrichs spezielle Modernität" (332).
Zwar liefert der Band kein mittels moderner Ansätze und Methoden gewonnenes neues Friedrich-Gesamtbild, schon weil seine Beiträge, von ihrem unterschiedlichen Erkenntnisinteresse abgesehen, die verschiedenen Herrschaftsräume des Kaisers recht ungleichmäßig und punktuell erfassen. Er bietet jedoch zweifellos wertvolle Einzelstudien, die sich bisher zu wenig beachteten, doch ganz offenbar lohnenden und weiterführenden Fragen zuwenden oder vermeintlich klare Zusammenhänge neu analysieren und beurteilen und in jedem Falle den Leser zum Überdenken der eigenen Sicht herausfordern.
Knut Görich / Jan Keupp / Theo Broekmann (Hgg.): Herrschaftsräume, Herrschaftspraxis und Kommunikation zur Zeit Friedrichs II. (= Münchner Beiträge zur Geschichtswissenschaft; Bd. 2), München: Utz Verlag 2008, 413 S., ISBN 978-3-8316-0756-3, EUR 44,00
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