Ronald G. Asch hat sich mit dem vorliegenden Band, erschienen in der Beck'schen Reihe, Großes vorgenommen: In einem Rahmen von 120 Seiten möchte er die "Geschichte einer Familie" (7) erzählen und dabei das spezifische "Identitätskapital" (7) der Stuart-Dynastie beleuchten. Wie schwierig dies gerade im Fall der wechselvollen Geschichte der Stuarts ist, räumt Asch selbst ein.
In seiner knappen Einleitung gelingt es ihm Traditionslinien aufzuzeigen und die Stuarts als Einheit, die über "Einzelschicksale" (7) hinausgeht, darzustellen. Hiervon ausgehend zeichnet er chronologisch die Entwicklung der Dynastie vom 12. bis zum 18. Jahrhundert nach. Es ist ein weiter Weg von den schottischen Truchsessen des Hauses Stewart über die schottische Herrscherdynastie bis hin zu den Stuarts, die über Schottland, England und Irland herrschten.
Den Schwerpunkt bilden dabei die Regierungszeiten von Jakob VI./I. von Schottland und England, Karl I., Karl II. sowie Jakob II. Diese markieren sicherlich sowohl Höhepunkte als auch Tiefpunkte der Machtentfaltung der Dynastie. Es war Jakob VI./I., der als erster die Kronen von Schottland und England unter seiner Herrschaft vereinte, nachdem seiner Mutter, Maria Stuart, dieses Ziel noch verwehrt geblieben war, obwohl sie zeitlebens Anspruch auf die englische Krone erhob. Nach jahrhundertelangen Kriegen gegen England saß damit eine schottische Dynastie auf dem englischen Thron. Seinem Sohn Karl I. wiederum wurde von den englischen Untertanen der Prozess gemacht, und er wurde schließlich hingerichtet. Jakob II. wurde ins Exil auf den Kontinent getrieben.
Entsprechend knapper, aber nicht weniger verständlich werden die vorangegangenen Jahrhunderte der schottischen Herrschaft abgehandelt. Hier wird wiederholt auf Verbindungslinien und Parallelen zu späteren Herrschern hingewiesen. So vergleicht Asch beispielsweise die Konflikte zwischen Jakob III. von Schottland und dem schottischen Adel mit denen zwischen Jakob II. von England und seinen Untertanen (17). Solche Anmerkungen, die das Bild der Dynastie als Einheit schärfen, fehlen leider in der folgenden Darstellung der englischen Herrschaft der Stuarts, was sicherlich dem größeren Detailreichtum dieses Teils geschuldet ist.
Zu den besonderen Charakteristika der Dynastie zählt, laut Asch, ihr europäischer Charakter. Waren die Tudors, die vorangegangene Dynastie auf dem englischen Thron, dezidiert englisch, waren die Stuarts deutlich internationaler geprägt. Traditionell verfügten sie als schottisches Herrscherhaus über enge Kontakte zu Frankreich: Diverse Eheverbindungen mit der französischen Königsfamilie und dem französischen Hochadel geben hiervon Zeugnis. Auch verbrachte Jakob II. hier einen Teil seines Exils, bevor er nach Italien ging.
Ein weiteres einendes Element ist, so Asch, das politische Scheitern, auch wenn dies nicht angestrebt war: Außergewöhnlich viele Herrscher dieser Dynastie wurden von ihren Untertanen abgesetzt, vertrieben, ermordet, hingerichtet oder starben auf dem Schlachtfeld. Dies gilt sowohl für die schottischen Herrscher Jakob I., Jakob III. (beide ermordet), Jakob II., Jakob IV. (tot auf dem Schlachtfeld) und Maria Stuart (vertrieben und hingerichtet) als auch für die englischen Könige Karl I. (hingerichtet) und Jakob II. (vertrieben).
Die Herrscher des 17. und 18. Jahrhunderts waren zudem stark von dem schwierigen Erbe Maria Stuarts geprägt, die von ihren schottischen Untertanen vertrieben und als katholische Märtyrerin im englischen Exil gestorben war. Ihr Sohn, Jakob VI./I., bestieg wiederum als protestantischer König den englischen Thron. Die katholische Tradition ließ sich aber nicht leugnen. So traten Karl II. (auf dem Totenbett) und Jakob II. (noch als Herzog von York) zum katholischen Glauben über, was zu erheblichen Problemen mit den dezidiert protestantischen englischen Untertanen führte. Letztlich musste Jakob II. zugunsten seiner protestantischen Tochter Maria II. und ihres Ehemanns Wilhelm von Oranien auf den Thron verzichten. Im Exil lebte die katholische Linie der Stuarts und mit ihnen der Anspruch auf die Herrschaft über die britischen Inseln jedoch weiter. Beide Versuche diesen durchzusetzen, scheiterten (1715 unter dem Sohn Jakobs II. aus zweiter Ehe, James Francis Edward Stuart, dem sogenannten Old Pretender und 1745 unter dem Enkel Charles Edward, dem Young Pretender).
Obwohl sich der Band als Teil der Beck'schen Reihe dezidiert an ein breiteres Publikum richtet, gelingt es Asch immer wieder, den Bezug zu aktuellen Forschungsdebatten herzustellen und diese auf verständliche Weise knapp zu erläutern. So geht er beispielsweise auf die Diskussion um einen schottischen Absolutismus (31, 54) sowie auf die Bedeutung des Glaubens für Jakob II. und seine Politik (93f.) ein.
Wünschenswert wäre eine abschließende Betrachtung gewesen, die noch einmal die Traditionslinien und einenden Elemente der Dynastie hervorgehoben hätte, die im Laufe der Darstellung der einzelnen Herrscher mitunter etwas in den Hintergrund getreten sind. Dass dies angesichts des begrenzten Rahmens nur schwer zu ermöglichen gewesen wäre, ist jedoch einleuchtend.
Insgesamt liefert Asch eine lesenswerte Einführung über die Stuarts. Er zeichnet ein farbenreiches Bild einer europäischen Dynastie mit ihren Höhen und Tiefen, die nicht nur für den historisch interessierten Laien gewinnbringend ist, sondern auch Studenten und Historikern einen guten Einstieg in die Materie bietet.
Ronald G. Asch: Die Stuarts. Geschichte einer Dynastie (= C.H. Beck Wissen; 2710), München: C.H.Beck 2011, 126 S., ISBN 978-3-406-61189-6, EUR 8,95
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