sehepunkte 25 (2025), Nr. 4

Guillaume de Méritens de Villeneuve: Les fils de Pompée et l'opposition à César et au triumvirat (46-35 av. J.-C.)

Mit diesem Buch legt Guillaume de Méritens de Villeneuve eine gründliche Abhandlung von Leben und politischem Handeln der Söhne des Pompeius, Gnaeus und Sextus, sowie der Mitglieder ihrer Entouragen und Lager vor. Im Mittelpunkt stehen die Dynamiken, mit denen ihre Machtbasis und Legitimität aufgebaut und somit ein Oppositionslager zu Cäsar und den Triumvirn gebildet wurden.

Die Einleitung erläutert kurz die Studiengeschichte und die Fragestellung des Buches. Dabei und im ersten Kapitel nimmt der Autor Probleme der Begrifflichkeit unter die Lupe und untermauert somit seine Analyse terminologisch. Mit dem zweiten Kapitel setzt die Erörterung der geschichtlichen Ereignisse ein, beginnend mit den Gründen für die Entsendung des Gnaeus nach Spanien zur Ausnutzung von Meutereien und Unruhen in der Region für die anticäsarische Sache. Im dritten Kapitel wird das politisch-militärische Handeln des Gnaeus in der iberischen Halbinsel bis zur Schlacht von Munda dargelegt. Dann tritt endlich Sextus ins Rampenlicht: In den Kapiteln 4-6 werden sämtliche Phasen und Episoden seines Lebens behandelt, vom Wiederaufbau einer Machtbasis in Spanien über die vom Mutinensischen Krieg gekennzeichnete Übergangsphase bis zur Zeit der Sicherung eines Herrschaftsbereichs in Sizilien, des Krieges gegen die Triumvirn, des Paktes von Misenum und seiner endgültigen Niederlage.

Den Band beschließen das Schlusswort und ein prosopographisches Dossier aller 86 Personen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in dem Lager oder der Entourage der Söhne des Pompeius belegt sind. Das ganze Werk ist nämlich stark prosopographisch angelegt, und die Ausführungen des Autors basieren größtenteils auf diesem kleinen Corpus, das ausgiebig dokumentiert ist und einen Wert besitzt, der über dessen Verwendung im Rahmen dieses Buches hinausgeht (positiv hervorzuheben ist, dass die Tilgungen von vielen Namen aus dem Corpus der 'Pompeianer' begründet werden). Wenig erscheint dabei als berichtigungsbedürftig; so etwa ist die (zwar mit Fragezeichen versehene) Bezeichnung von Sentius Saturninus Vetulo [Nr. 66] als "sénateur nouveau" irrig; [1] als zweifelhaft erscheint die Historizität von Iunius [Nr. 28].

Im Rahmen dieser Besprechung können nur einige Aspekte und Befunde des Buches kommentiert und gewürdigt werden.

In der Einleitung wird die Frage nach der korrekten Bezeichnung von Gruppierungen in der Bürgerkriegszeit aufgeworfen. Zur Bezeichnung des Umfelds der beiden Söhne Pompeius' entscheidet sich der Autor für die ('modernen') Begriffe 'Lager' (camp) und Entourage, indem sie Nuancierungen und Ambiguität der politischen Stellungen der Einzelnen miteinschließen lassen. Dem ist nur zuzustimmen, doch gelangt der Autor zu diesem Schluss etwas umwegig, denn der Begriff "parti" wird immer noch als diskussionswürdige Lösung erachtet, allerdings wird das Problem der Existenz von 'Parteien' im alten Rom nur mit wenigen Strichen erledigt. Auch im Schlusswort bleibt die Frage nach der Möglichkeit, von einem "parti pompéien" zu sprechen (268), trotz mancher Bedenken faktisch unbeantwortet. Eins ist aber sicher: Das lateinische partes, das vom Autor jeweils mit 'parti' übersetzt wird, hatte kaum diese Bedeutung (vielmehr die des italienischen 'parte/-i'). Die Verwendung des Begriffs "camp" durch Heranziehung des lateinischen castra zu begründen (10f.), wirkt meines Erachtens irreführend, denn dieses Wort scheint nicht die flexible Bedeutung der modernen 'Lager', 'camp', 'campo' (nicht einmal bei Cic. Phil. 13,11,26), sondern nur die militärische gehabt zu haben (vgl. ThLL s.v.).

Im zweiten Kapitel geht es um die Okkurrenzen und Deutungen des Adjektivs Pompeianus in der Antike sowie um die Auswirkungen der (größtenteils parteiischen) Überlieferung auf unser Verständnis der politischen Entwicklungen und Konstellationen. Dies hängt notwendigerweise mit den Fragen zusammen, die diesem Buch und dem prosopographischen Dossier zugrunde liegen: Welche waren die Profile von Kontinuität und die Zusammensetzung der 'pompeianischen' Front? Wer waren die 'Pompeianer'? Gab es überhaupt welche? Schließlich kommt der Autor zum kaum überraschenden Schluss, dass die Bezeichnung "pompéien" nicht notwendigerweise abzuweisen ist, "à condition de l'employer avec une connotation neutre, non marquée politiquement [...], car les Pompeiani ne se sont jamais constitués en tant que groupe politique" (52; vgl. auch 267). Stimulierend wirkt diese Analyse aber besonders insofern, als sich eine Entwicklung im Einsatz von Adjektiven wie Sullanus, Pompeianus und Caesarianus abzeichnet. Im Vergleich zu Sullanus, dessen Anwendung zur Bezeichnung einer 'politischen' Gruppierung aussteht, jedenfalls erst nach dem 1. Jahrhundert v.Chr. und sporadisch zu ermitteln ist [2], wird Pompeianus durch die Schriften cäsarischer Seite und im Allgemeinen durch den akzentuierten, politischen Gegensatz zwischen Cäsar und dem Bündnis von Pompeius und dem Senat - sprich: durch die vollkommene Entfaltung einer 'Bürgerkriegssprache' - stärker mit (meistens polemisch konnotierten) Begriffen wie partes und causa in Verbindung gesetzt.

In Anschluss an die Analysen von Pina Polo relativiert auch Méritens de Villeneuve den Umfang der magnae clientelae des Pompeius. Sicher ist es, dass sie keine maßgebende Rolle in der militärischen Konfrontation spielten. Wenn es aber tatsächlich einen 'Mythos' (oder eher ein 'Narrativ') der Klientelen des Magnus gab (unabhängig davon, ob der Sohn Gnaeus daran geglaubt habe: 63), würde das bedeuten, dass sie immerhin beachtlich waren, und dass man, zumindest in der ersten Kriegsphase, von ihnen tatsächlich irgendeinen Beitrag zum Kampf erwarten konnte (vgl. etwa Plut. Pomp. 57,9, was Italien angeht). Da solche Erwartungen, wie es scheint, zum großen Teil unerfüllt blieben, müssten sich viele Klienten Pompeius' von weiteren, ins Kalkül der eigenen (wahrgenommenen) Interessen mitzurechnenden Variablen beeinflusst haben lassen. Dazu zählten jene vielfältigen Faktoren und höheren Gewalten, die auch bei dem Aufbau und der Bewahrung der Machtbasen der Söhne Pompeius' die wesentliche Rolle spielten. Meistens handelte es sich um zwangsläufig kurzfristige, auf den Lauf der Dinge unmittelbar reagierende Entscheidungen. Es ist ein Verdienst dieses Werkes, genau solche Dynamiken sehr deutlich aufzuzeigen.

Was die Gesamtinterpretation des Handelns des Sextus Pompeius, des wirklichen Protagonisten dieses Buches, anbelangt, zeichnet sich die Abhandlung durch eine sachliche Behandlung der Quellen und eine gesunde interpretative Umsicht aus. Dadurch wird unter anderem K. Welchs (Magnus Pius, Swansea 2012) idealisierte und unhaltbare Interpretation der politischen Stellung und Handlung von Sextus Pompeius sowie ihre These eines 'republikanischen' Triumvirats (Sextus, Brutus, Cassius) definitiv ad acta gelegt (202ff., 238 Fn. 156, 255 Fn. 132).

Vielleicht etwas übertrieben ist indes die Bedeutung, die hier pietas beigemessen wird. Sie spielte freilich die zentrale Rolle in den Selbstdarstellungs- und Legimitationsstrategien der Söhne Pompeius', doch ist es nicht zu beweisen und wenig glaubhaft, dass die Verweise auf pietas zugleich einen Nachahmungsprozess ausgelöst hätten. Von einem "caractère normatif et performatif du discours monétaire [qui] tend finalement à promouvoir le respect de la pietas" (140; siehe auch 193ff.), ist meines Erachtens kaum die Rede.

Sehr richtig und plastisch hebt der Autor hervor, wie die Legitimation der Söhne des Pompeius von der An- oder Abwesenheit von Nobiles (und später Proskripten) in ihrem Lager abhing (etwa 93, 166, 196) sowie, wie man sich - auch in der Entourage des Sextus in Sizilien - stark nach dem von der römischen Denkweise kaum lösbaren ordo dignitatis richtete (169ff.). Die contentio dignitatis blieb maßgebend für die politischen Ereignisse und Entscheidungen in Sextus' Entourage. Dieser Befund stellt einen der wichtigsten Erkenntisgewinne dieser Abhandlung dar. So wird auch die Figur des L. Scribonius Libo und dessen Rolle in der Politik der Triumviralzeit in einigen zentralen Passagen sehr geschickt und gründlich analysiert.

Insgesamt, abgesehen von wenigen Stellen, an denen es Raum für Zweifel, genauere Konturierungen oder auch nur für nähere wissenschaftliche Diskussionen gibt, besteht kein Zweifel daran, dass Méritens de Villeneuve mit diesem Werk einen gewichtigen, soliden und interpretativ wertvollen Beitrag zur Erforschung der Geschichte und Politik der späten römischen Republik geleistet hat.

Das Buch wirkt zudem sprachlich sehr fluid und klar. Ermitteln lassen sich manche Tippfehler (etwa 21: Italiae que partitio; 47f.: στάςεις ; 138: iurtutum; 240: οικείοι ; 427: falsche Seitangabe der Schlussfolgerungen). 18 Anm. 15 fehlt die Übersetzung der ersten Zeile. In der Bibliographie sind manche Titel falsch geordnet (etwa Badel auf 389 oder Pina Polo auf 406f.).


Anmerkungen:

[1] Antonio Pistellato: Stirpem nobilitavit honor. La memoria dei Senzi Saturnini tra retorica e storiografia, Amsterdam 2015, 54ff.

[2] Federico Santangelo: Sullanus and Sullani, in: Arctos 46 (2012), 187-191.

Rezension über:

Guillaume de Méritens de Villeneuve: Les fils de Pompée et l'opposition à César et au triumvirat (46-35 av. J.-C.) (= Bibliothèque des Écoles Françaises d'Athènes et de Rome; No. 411), Rom: École française de Rome 2023, 428 S., ISBN 978-2-7283-1611-3, EUR 35,00

Rezension von:
Manfredi Zanin
Universität Bielefeld
Empfohlene Zitierweise:
Manfredi Zanin: Rezension von: Guillaume de Méritens de Villeneuve: Les fils de Pompée et l'opposition à César et au triumvirat (46-35 av. J.-C.), Rom: École française de Rome 2023, in: sehepunkte 25 (2025), Nr. 4 [15.04.2025], URL: https://www.sehepunkte.de/2025/04/38639.html


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