KOMMENTAR ZU

Andreas Schulz: Rezension von: Berthold Grzywatz: Stadt, Bürgertum und Staat im 19. Jahrhundert. Selbstverwaltung, Partizipation und Repräsentation in Berlin und Preußen 1806 bis 1918, Berlin: Duncker & Humblot 2003, in: sehepunkte 4 (2004), Nr. 10 [15.10.2004], URL: http://www.sehepunkte.de/2004/10/4491.html

Von Berthold Grzywatz, Westerrönfeld

Die Rezension des Frankfurter Historikers Andreas Schulz zu meiner Arbeit über "Stadt, Bürgertum und Staat im 19. Jahrhundert. Selbstverwaltung, Partizipation und Repräsentation in Berlin und Preußen 1806 bis 1918 (= Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 23). Berlin 2003" [sehepunkte 4 (2004), Nr. 10] wirft dem Autor in seiner kritischen Auseinandersetzung mit der in Frankfurt am Main beheimateten "Gall-Schule" vor, dass deren Arbeiten zur Stadt- und Bürgertumsgeschichte übergangen werden und nicht einmal im Literaturverzeichnis entsprechende Hinweise zu finden sind.

Dieser Standpunkt zeugt ebenso von einer oberflächlichen Arbeitsweise wie einem erheblichen Defizit an wissenschaftlicher Sorgfalt. Das Literaturverzeichnis spiegelt die Rezeption mit der Stadt- und Bürgertumsgeschichte wider, wichtige Arbeiten wie die von Lothar Gall, Reiner Koch, Gisela Mettele, Frank Möller, Susanne Kill, Ralf Roth, Karin Schambach und Michael Sobania, um nur einige zu nennen, werden hier nicht nur aufgeführt, sondern sind auch Grundlage eines differenzierten, wenn auch kritischen Diskurses mit den Ergebnissen dieser Forschungsrichtung. Ein Verweis auf einzelne Abschnitte erspare ich mir an dieser Stelle. Die Nachlässigkeit von Schulz scheint insofern System zu haben, als es allein um die Verteidigung eines inzwischen nicht nur von meiner Seite kritisierten Forschungsansatzes geht. Das wird auch in der Ignoranz gegenüber den empirischen Grundlagen meiner Thesen deutlich, die unter anderem auf die Stellung des Bürgertums zur Gewerbefreiheit, die hier keineswegs nur ohne Erkenntnisgewinn referiert wird, sondern durch ihre kommunal zentrierte Perspektive dezidiert Modernisierungsbarrieren ausmacht, sowie auf die Handhabung des Bürgerrechts und die wahlpolitische Entwicklung in der Gemeinde verweisen. Das Verhältnis von Bürgern, Kommunen und Staat scheint Schulz, insbesondere im Hinblick auf die politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen und ihren Rückwirkungen auf die politische Praxis in den Kommunen, nicht einmal im Ansatz durchdrungen zu haben.



REPLIK

Von Andreas Schulz, Frankfurt/Main

Die in meiner Rezension genannten Monographien zum preußischen Bürgertum sind von Grzywatz weder in der Darstellung noch im Literaturverzeichnis berücksichtigt worden. Sie repräsentieren auch nicht die vom Autor offenbar wenig geschätzte "Gall-Schule". Es handelt sich vielmehr um einschlägige und kontroverse Werke der Bürgertumsforschung, über deren differenzierte Erkenntnisse sich der Autor in rustikaler Weise hinweg setzt.