Mainzer Zeitschrift. Mittelrheinisches Jahrbuch für Archäologie, Kunst und Geschichte. Jg. 99 (2004), Mainz: Philipp von Zabern 2004, 206 S., ISBN 978-3-8053-3366-5, EUR 38,00
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Wolfgang von Hippel: Das Herzogtum Württemberg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges im Spiegel von Steuer- und Kriegsschadensberichten 1629-1655. Materialien zur Historischen Statistik Südwestdeutschlands, Stuttgart: W. Kohlhammer 2009
Der 99. Band der Mainzer Zeitschrift umfasst acht Aufsätze, von denen immerhin vier neuzeitliche Themen aufgreifen. Zwei Beiträge sind in der (spät-)mittelalterlichen Geschichte angesiedelt, die ersten beiden in der Spätantike.
Letztere greifen die Frage auf, ob der römische Kaiser Alexander Severus im Jahre 235 nach Christus in Bretzenheim bei Mainz ermordet worden ist. Leonhard Schumacher plädiert in seinem Beitrag für die These des Mordes in Bretzenheim (1-10), während Astrid Böhme-Schönberger diese Ansicht leugnet und Versuche, dies nachzuweisen, als "Spekulationen" abtut (11-16). Die Kontroverse entzündet sich vor allem an der schwierigen Interpretation der schriftlichen Überlieferung, nach der Schumacher gleichwohl den "vicus Brittonum", wo das kaiserliche Feldlager gestanden haben soll, mit dem Ort Bretzenheim identifizieren möchte.
Winfried Wilhelmy stellt ein Krönungsrelief der Mainzer Erzbischöfe vor, das aus den Beständen des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Mainz stammt (17-30). Die politische Funktion dieser Darstellung bestand vor allem darin, den Anspruch der Mainzer Erzbischöfe auf das Recht, den deutschen König zu krönen, zu versinnbildlichen. Hintergrund ist der Konflikt des Mainzer mit dem Kölner Erzbischof um den ersten Rang im Reich. Der Datierungsvorschlag des Autors stellt zunächst aus stilistischen Gründen die Zeit um 1320/30 vor; dazu habe die wenige Jahre später erlassene Goldene Bulle die Debatte um das Krönungsrecht ohnehin zurücktreten lassen und den Mainzer Führungsanspruch festgeschrieben.
Im Mittelpunkt des Beitrags von Brigitte Flug steht die Familie der Löwenhäupter (31-78). Sie besaß im 14. und 15. Jahrhundert einen beträchtlichen Einfluss in Mainz und im Mainzer Raum. Anhand von Seelgeräten, Stiftungen, Grablegen und überhaupt Kontakten zu dortigen geistlichen Institutionen rekonstruiert die Autorin einen weit verzweigten Familienverband. Die prosopografischen Befunde sind in einem ausführlichen Anhang inklusive Stammbäumen dokumentiert (45-78).
Die Problematik der Geleitsrechte in Rheinhessen im 16. und 17. Jahrhundert thematisiert Gottfried Kneib (79-93). Mainzer Ansprüche kollidierten hier unausweichlich mit kurpfälzischen Bestrebungen, die der Autor mit reichem zeitgenössischen Kartenmaterial illustrieren kann. Für die sich besonders im späten 16. Jahrhundert verschärfenden Streitigkeiten gab es nach anfänglichen Kompromisslösungen von 1575 und 1579 eine endgültige Beilegung erst im Einigungsvertrag von 1714. Die Relevanz des Konflikts wird vor allem vor dem Hintergrund des frühmodernen Prozesses der Territorialstaatsbildung deutlich.
Dass Kirchenliedern nicht nur eine religiöse und seelsorgerliche Intention zu Grunde liegt, zeigt Andreas Scheidgen (95-104). In dem deutschsprachigen Psalter, der Leopold I. anlässlich seiner Wahl zum Römischen König und Kaiser im Jahr 1658 gewidmet wurde, war eine politische Programmatik grundgelegt, in der das Heilige Römische Reich "als zugleich sakrale und politische Gemeinschaft" adressiert gewesen ist. Auch wenn der Mainzer Kurfürst Johann Philipp von Schönborn diese Kirchenlieder laut Scheidgen als eine Art Selbstbehauptung der katholischen Kirche gegenüber den Protestanten gesehen habe (protestantisches Kirchenlied!), will der Autor hierin den konfessionellen Antagonismus dennoch nicht betont sehen.
Michael Müller stellt skizzenhaft 15 aus dem Mainzer Raum stammende Jesuiten vor, die im 18. Jahrhundert als Missionare vor allem in Ibero-Amerika tätig waren (105-120). Knappe Ausführungen zur Tätigkeit der Missionare münden in dem Postulat, den in der Masse unedierten Reise- und Missionsberichten der Jesuiten mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Der letzte Beitrag widmet sich dem Mainzer Bauunternehmer Conrad Thaddäus Kraus (121-136). Petra Tücks korrigiert in ihrem Beitrag aufgrund einiger Notariatsurkunden biografische Angaben, liefert aber auch neue Erkenntnisse zur Bautätigkeit Kraus'. Damit weist sie gleichzeitig nach, dass Karl Faustmann in seiner Kraus-Biografie von 1926 offenbar aus kompositorischen Gründen Fakten insbesondere zur Chronologie der Bautätigkeit manipuliert hat.
In fünf Miszellen (139-167) werden Nieder-Olmer Weißpfennige (15. Jahrhundert), der Rektor der Mainzer Universität im Jahr 1500, ein Gremiale (Schoßtuch) aus der Zeit des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg (1555-1582), Publikationen im Umkreis der Mainzer Klosterverordnung von 1771 sowie zeitgenössische Bekanntmachungen des Schinderhannes-Urteils von 1803 thematisiert. Den Band beschließen Berichte des Mainzer Altertumsvereins und des Landesmuseums Mainz. Besonders das Landesmuseum stellt seine Neuerwerbungen in zahlreichen Abbildungen vor.
Michael Kaiser