Petrus Binsfeld: Tractat von Bekanntnuß der Zauberer vnnd Hexen. Ob und wie viel denselben zu glauben. Hrsg. u. eingel. von Hiram Kümper, Wien: Mille Tre Verlag 2004, XIV + 359 S., ISBN 978-3-900198-05-3, EUR 46,20
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Frederick Valletta: Witchcraft, Magic and Superstition in England, 1640-70, Aldershot: Ashgate 2000
Lothar Schilling (Hg.): Absolutismus, ein unersetzliches Forschungskonzept? Eine deutsch-französische Bilanz, München: Oldenbourg 2008
Jörg Feuchter / Johannes Helmrath (Hgg.): Politische Redekultur in der Vormoderne. Die Oratorik europäischer Parlamente in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Frankfurt/M.: Campus 2008
Der Trierer Weihbischof Peter Binsfeld (1546-1598) gehörte ohne Zweifel zu den wichtigsten Autoren der frühneuzeitlichen Hexenlehre. [1] Mit seinem 'Tractatus de confessionibus maleficorum et sagarum' machte er sich zu einem der entschiedensten Befürworter der Hexenverfolgung. Sein rigoroses Vorgehen gegen seinen Kritiker Cornelius Loos scheint eine Generation deutscher katholischer Theologen eingeschüchtert zu haben: Erst rund dreißig Jahre nach dem Tod des Trierer Weihbischofs widersprach der von den Habsburgern protegierte Jesuit Adam Tanner dessen Ausführungen zu Dämonologie und Hexenprozess offen. Der 'Tractatus' bietet der Forschung reichen Stoff. Binsfeld hat seinen Text nach der Erstveröffentlichung 1589 überarbeitet und stark erweitert. Noch zu Lebzeiten des Autors erschienen zwei deutsche Übersetzungen, von denen eine mit großer Sicherheit von Binsfeld selbst redigiert wurde.
Wer nun glaubt, dass Hiram Kümpers Ausgabe von Binsfelds Hexentraktat die Stadien des Wachstums des Textes nachzeichnet, deutsche und lateinische Versionen wiedergibt oder sogar in Beziehung zueinander stellt, sieht sich getäuscht. Kümper präsentiert lediglich die älteste deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1590. Auch hier wäre einiges zu leisten: Wen genau zitierte Binsfeld? Wie ging er mit der Masse theologischer und juristischer Autoren, die er kannte, um? Auch hier lässt uns die Ausgabe weitgehend im Stich. Die wichtigsten, durchaus nicht alle von Binsfeld zitierten Autoren werden lediglich über ein Personenregister erschlossen. Abgesehen von äußerst knappen Marginalien, die auf Belegstellen in kanonistischen und profanjuristischen Kerntexten verweisen, wird der Leser mit der nicht immer einfach verständlichen, stark verkürzten Zitierweise des späten 16. Jahrhunderts alleingelassen. Eine Bibliografie der von Binsfeld benutzten Quellen fehlt.
Einige etwas nähere einleitende Bemerkungen zu Binsfelds Leben, seinem Werk und dessen Auswirkungen hätten bereits geholfen, die Forschung zu diesem vernachlässigten Autor weiterzubringen. In der Einleitung findet sich hierzu jedoch nicht nur nichts Neues, sondern sogar Überholtes. Die Mär, dass der 'Tractatus' als Kampfschrift gegen Gegner der Hexenverfolgung in Trier entstanden sei, wird wiederholt. Binsfeld habe gegen Diederich Flade, einen leitenden Amtsträger des Kurfürsten, angeschrieben, der die Prozesse verurteilt habe und schließlich selbst unter Anklage gestellt worden sei. Tatsächlich hat Flade die Hexenprozesse durchaus mitgetragen. Opposition gegen Binsfelds Haltung zum Hexenprozess wurde erst nach der Veröffentlichung des 'Tractatus' seitens Cornelius Loos' laut. Ohne Zitat wird die vom Rezensenten in die Diskussion gebrachte These angeführt, dass Binsfelds Buch ein erweitertes Gutachten über die Zuverlässigkeit von Denunziationen im Hexenprozess sei, das er auf Bitte des Kurfürsten im Auftrag oder anstelle der theologischen Fakultät Trier verfasste. [2] Kümper verzichtet auf eine eigene Stellungnahme. Ihm unterlaufen ärgerliche Schnitzer. So heißt der Erzbischof, unter dem Binsfeld wirkte, einmal "von Schönburg", eine Seite später (korrekt) "von Schönenberg" (VIII-IX). In der Einleitung heißt der Autor des Hexentraktates 'Peter Binsfeld', im Titel erscheint er als 'Petrus Binsfeld'. Wenn man nicht 'Petrus Binsfeldius' stehen lassen will, sollte man konsequent auf die Latinisierung verzichten. Ein knapper Anhang verzeichnet die von Binsfeld zitierten Bibelstellen, einige der von ihm herangezogenen Autoren und Rechtsquellen. Eine kurze Auswahlbibliografie listet Literatur zur Hexenverfolgung und zu Bischof Binsfeld auf. Dass man als Herausgeber besser und sorgfältiger arbeiten kann, auch ohne den Anspruch (und die Mittel) der MGH zu besitzen, hat die neue deutsche Ausgabe des 'Hexenhammers' bewiesen. [3]
Kümper bekennt sich dazu, dass er nur ein Minimum editorischer Leistungen erbringen wollte. Er hält fest, sein Anliegen sei lediglich gewesen, "eine einfach zugängliche Textausgabe" vorzulegen. Mit der "einfachen und preiswerten Textausgabe" sollte Binsfelds Arbeit, die seit 1623 keine Auflage mehr erlebt hatte, "der Forschung bequemer zugänglich gemacht werden" (VII). So unbequem ist der Zugang zu Binsfelds Opus gar nicht. Kümper selbst stellt die Exemplare des Traktats zusammen, die in öffentlichen Bibliotheken zugänglich sind. Und ist ein Taschenbuch für 46,20 € wirklich 'preiswert'? Man hätte es preiswerter machen können. Einfach dadurch etwa, dass man darauf verzichtet hätte, den Seitenumbruch der Binsfeld Ausgabe von 1590 beizubehalten. Die schmalen Textspalten des modernen Satzes können die jeweiligen Seiten nur etwa zu einem Drittel füllen. Der Umfang der 'Edition' wird so auf über 300 Seiten aufgebläht. Es hätte vollauf genügt, die alte Paginierung in der Marginalie zu notieren, wie Kümper es auch tatsächlich tut. Noch preiswerter für den Nutzer und für Kümpers Anspruch sicherlich das bessere Medium wäre eine Publikation als Digitext im Internet gewesen. Dass der Verlag tatsächlich Materialien zu dieser Binsfeld Ausgabe ins Netz gestellt hat, erscheint in diesem Kontext wie ein schlechter Scherz. Sehr hilfreich ist diese Internetpräsentation nicht: Links führen außer zu seriösen Homepages zur Hexenforschung zu Montague Summers englischer Übersetzung des 'Malleus Maleficarum'. Einige von Binsfeld benutzte Quellen werden in Kurzzitation ohne alle Links präsentiert. Der Hinweis 'Verzeichnis im Aufbau' ist ein schwacher Trost. [4]
Soll wirklich behauptet werden, dass keine neue Ausgabe von Binsfelds Hexentraktat besser gewesen wäre als diese? Selbstverständlich nicht. Anspruch und Medium passen jedoch nicht zusammen. Wer, wie Kümper, nur das einfache und löbliche Ziel verfolgt, historische Quellen bequem, schnell und preiswert zugänglich zu machen, sollte auf die Digitalisierung und die Internetpublikation zurückgreifen.
Anmerkungen:
[1] Zu Peter Binsfeld siehe URL: http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame_lexikon.html?art767.htm.
[2] Johannes Dillinger: "Böse Leute". Hexenverfolgungen in Schwäbisch-Österreich und Kurtrier im Vergleich, Trier 1999, 260-262.
[3] Heinrich Kramer (Institoris): Der Hexenhammer, hrsg. und übersetzt von Wolfgang Behringer / Günter Jerouschek / Werner Tschacher, München 2000.
[4] Siehe URL: http://www.milletre.at/binsfeld/materialien.htm.
Johannes Dillinger