Rezension über:

Ulrich Hufeld (Hg.): Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803. Eine Dokumentation zum Untergang des Alten Reiches, Wien: Böhlau 2003, 144 S., ISBN 978-3-8252-2387-8, EUR 17,90
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Rezension von:
Georg Seiderer
Historisches Seminar, Ludwig-Maximilians-Universität München
Redaktionelle Betreuung:
Nils Freytag
Empfohlene Zitierweise:
Georg Seiderer: Rezension von: Ulrich Hufeld (Hg.): Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803. Eine Dokumentation zum Untergang des Alten Reiches, Wien: Böhlau 2003, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 3 [15.03.2006], URL: https://www.sehepunkte.de
/2006/03/1964.html


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Ulrich Hufeld (Hg.): Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803

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Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 zählt zu den entscheidenden Wegmarken im Prozess des Untergangs des Heiligen Römischen Reiches und stellt zugleich, drei Jahre vor dessen Ende, eines seiner zentralen Verfassungsdokumente dar. Mit ihm wurde die Struktur des Verfassungsgefüges radikal verändert, und die konfessionellen Mehrheitsverhältnisse in den drei Kurien des Reichstages wurden umgestürzt. Mit der Mediatisierung von 112 Reichsständen, darunter fast allen geistlichen Fürstentümern und 41 Reichsstädten, zur Entschädigung der linksrheinischen Verluste wurde jene groß angelegte Flurbereinigung der politischen Landkarte vor allem Süddeutschlands eingeleitet, die 1806 ihren weitgehenden Abschluss fand; das System der Reichskirche wurde durch die Säkularisationen für immer zerstört.

Zum zweihundertjährigen "Jubiläum" des Reichsdeputationshauptschlusses hat Ulrich Hufeld eine Quellenedition vorgelegt, in dessen Mittelpunkt dieses letzte Grundgesetz des Alten Reiches zusammen mit dem Kaiserlichen Ratifications-Commissions-Dekret zum Reichsdeputationshauptschluss steht, was umso mehr zu begrüßen ist, als die letzte preisgünstige und damit auch für Studenten erschwingliche Quellensammlung, die den Text des Reichsdeputationshauptschlusses vollständig enthielt, die von Arno Buschmann 1984 unter dem Titel "Kaiser und Reich" herausgegebene Sammlung von Verfassungstexten zum Alten Reich, bereits seit Langem vergriffen ist. Neben dem Reichsdeputationshauptschluss, der nach dem zeitgenössischen Druck von Adam Christian Gaspari wiedergegeben wird, enthält die Sammlung von Hufeld Auszüge aus den Friedensschlüssen, die seinen Abschluss vorbereiteten, insbesondere aus den Friedensverträgen von Basel, Campo Formio und Lunéville, sowie Auszüge aus den wichtigsten Quellenstücken, die das endgültige Ende des Reiches markieren, insbesondere aus dem Friedensvertrag von Preßburg, der Rheinbundakte und den Erklärungen Franz II./I. über die Annahme der österreichischen und die Niederlegung der "deutschen" Kaiserkrone; hinzu kommt als - einzige - Stimme eines Beobachters der Ereignisse ein Auszug aus Hegels Schrift über die Reichsverfassung von 1802. Der Benutzer erhält damit eine gute Auswahl wichtiger Quellen, die den Prozess der Auflösung des Reiches von der Wahl Franz II. - dessen Wahlkapitulation in Auszügen ebenfalls enthalten ist - und dem Ausbruch der Revolutionskriege 1792 bis zum Ende des Alten Reiches dokumentieren.

Die Einleitung von Ulrich Hufeld bietet dem Benutzer einen Überblick über die politischen Ereignisse seit 1792, die zum Reichsdeputationshauptschluss führten; sie behandelt in knapper Form die 1792 ausgebrochenen Revolutionskriege, die Friedensschlüsse von Basel, Campo Formio und Lunéville und das in ihnen festgelegte Prinzip der rechtsrheinischen Entschädigung für linksrheinische Verluste, und sie zieht die Linie bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches im August 1806. Der Reichsdeputationshauptschluss wird als entscheidende Etappe der Auflösung des Alten Reiches begriffen; die in den Sonderfriedensschlüssen nicht nur Preußens und Österreichs, sondern auch Badens und Württembergs mit Frankreich greifbare Abwendung von der Reichsverfassung zu Gunsten einer "Fürstensouveränität" wird als wesentlicher Wandlungsprozess interpretiert, der das Ende des Reiches nach sich zog. Kaum beleuchtet werden dagegen die Regensburger Verhandlungen selbst: Da der Reichsdeputationshauptschluss im Mittelpunkt der Edition steht, wäre es durchaus wünschenswert gewesen, auch der Genese der Beschlüsse vom August bis zum November 1802 und den in der Reichsdeputation wirkenden Diplomaten etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Vermisst wird darüber hinaus ein Literaturverzeichnis, das dem Leser, zumal dem studentischen Benutzer, die Literatur zum Reichsdeputationshauptschluss, zur Mediatisierung und Säkularisation, aber auch zu den in der Einleitung knapp erwähnten öffentlichen Reaktionen über die in den Anmerkungen der Einleitung genannten Titel hinaus erschließt. Trotz dieser Einschränkungen handelt es sich im Ganzen genommen um eine Edition, die schon wegen ihrer Erschwinglichkeit ein nützliches Hilfsmittel für die Beschäftigung mit der letzten Phase des Heiligen Römischen Reiches darstellt.

Georg Seiderer