Fabio Forner / Carla Maria Monti / Paul Gerhard Schmidt (a cura di): Margarita amicorum. Studi di cultura europea per Agostino Sottili (= Bibliotheca Erudita; 26), Milano: Vita e Pensiero 2005, 2 Bde., LXX + 1211 S., ISBN 978-88-343-1059-5, EUR 100,00
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Wann immer man als Historiker, Philologe oder Handschriftenbearbeiter auf den Katalog der Petrarca-Handschriften in Westdeutschland [1] zurückgreift, gedenkt man dankbar jenes Mannes, der diese Kärrnerarbeit geleistet und damit nicht nur der Humanismusforschung neue Perspektiven eröffnet hat: Agostino Sottili. Der 1939 nahe Cremona in Monticelli d'Ongina geborene Sottili hatte sich während seines Studiums an der Università Cattolica del Sacro Cuore in Mailand unter dem Einfluss seines Lehrers Giuseppe Billanovich früh für Petrarca und den Frühhumanismus interessiert und nach seiner Laurea den Weg nach Köln ans dortige Petrarca-Institut angetreten, wo er nach der Erwerbung des Doktorats ab Beginn der 1970er-Jahre auch die universitäre Lehrbefugnis erlangte. 1975 ereilte ihn der Ruf einer Professur für mittelalterliche und humanistische Literatur an der Universität Turin, ehe er 1994 den Lehrstuhl für mittelalterliche und humanistische Philologie seines Lehrers Billanovich an der Cattolica übernahm. Das frühe Interesse an Petrarca führte in Köln zur Aufnahme der Arbeit am eingangs schon erwähnten Katalog der Petrarca-Handschriften in Westdeutschland, der zunächst sukzessive in einzelnen Bänden der Zeitschrift "Italia Medioevale e Umanistica" erschien. Sottili erweiterte davon ausgehend seine Studien auf die Diffusion des Humanismus nördlich der Alpen, für die sich die Ausstrahlung der italienischen Universitäten bald als entscheidend erwies. So entstand schließlich der dritte große Schwerpunkt von Sottilis Forschungstätigkeit: die Universitätsgeschichte, die er nicht zuletzt durch die Herausgabe der lauree pavesi [2] entscheidend vorantreiben konnte und die ihm bis zuletzt ein Herzensanliegen war. Mit seinem unerwarteten Tod im September 2004 musste die Fachwelt von einem Historiker Abschied nehmen, der durch seine Grundlagenarbeit an Handschriften und archivalischem Schriftgut weiteren Forschungen umfangreiches Material erschloss und, wie die "Presentazione" von Giuseppe Picasso (XI-XIII) richtig betont, im besten Sinne als "positivistisch" zu bezeichnen ist.
Die beiden vorliegenden Bände, die ursprünglich als Festschrift zum 65. Geburtstag Sottilis gedacht waren, stellen tatsächlich einen Tribut an einen "studioso europeo" (XV) dar und spiegeln dies nicht nur durch die breit gefächerten thematischen, methodischen und zeitlichen Ansätze, sondern auch durch die Anzahl und Herkunft der Autoren ihrer insgesamt 56 Beiträge wider.
Angesichts der großen Anzahl von Aufsätzen und des voluminösen Umfangs von 1211 Seiten muss auf eine Anzeige der einzelnen Beiträge verzichtet werden (s. hierzu das Inhaltsverzeichnis unter http://www.sehepunkte.de/2006/06/toc/7459.pdf). Die folgenden Hinweise verstehen sich auch nicht als qualitative Wertung oder Heraushebung einzelner Aufsätze. Wie dies bei Unternehmen solcher Größenordnung der Fall ist, schwankt die Qualität der Beiträge von Fall zu Fall erheblich. Unbestreitbar wurden aber die Hauptinteressen Sottilis auch von seiner "Margarita amicorum" - der Titel spielt auf die "Margarita poetica" Albrechts von Eyb an, der nach seinem Studium in Italien zu einem der bedeutendsten Protagonisten der Humanismus-Rezeption nördlich der Alpen wurde - weiterverfolgt. So ist Petrarca in den Beiträgen von Donatella Coppini ("'Luce una nec integra': sulla composizione dei Salmi penitenziali del Petrarca", 221-231), und Francesco Tateo ("Sull'umiltà della prosa. Petrarca, Fam. XIII,5", 1073-1081) vertreten; einen Beitrag zu seiner Diffusion liefert Teodoro Lorini ("Petrarca a Vienna. Riscontri da un censimento in corso", 603-636). Von selbst versteht sich, dass auch der Humanismus und die Universitätsgeschichte nördlich der Alpen in extenso und an vielen Einzelbeispielen beleuchtet werden - manchmal auch mit viel Humor und mit herrlichen Anekdoten wie bei Paul Gerhard Schmidts Beitrag ("Arbeitsethos und Erudition. Der Freiburger Gräzist Johannes Hartung [1505-1579] als Ideal eines Universitätsprofessors", 1043-1049). Besonders hervorgehoben zu werden verdient der Umstand, dass ganz im Sinne Sottilis auch (Neu-)Editionen von Texten geboten werden. So legt Co-Herausgeber Fabio Forner ("Enea Silvio Piccolomini e la congiura contro Ulrich von Cilli", 351-376) einen höchst interessanten Brief Niccolò Liscis an den späteren Pius II. über die Ermordung Ulrichs von Cilli vor; Simona Iaria entdeckte und edierte "Nuove testimonianze autografe di Ambrogio Traversari nell'Archivio di Stato Firenze" (582-602). Instruktiv sind auch die Hinweise auf neue Überlieferungen schon bekannter humanistischer Werke (so etwa Concetta Bianca, "Un 'nuovo' codice del De orthographia di Giovanni Tortelli", 171-178) beziehungsweise die - wie etwa in Johannes Helmraths Beitrag "Poggio Bracciolini als päpstlicher Propagandist. Die Invectiva in Felicem antipapam (1447)" (541-584) - möglichst vollständige Erfassung der Überlieferung von Texten, die sich in dem genannten Fall auch als Vorarbeit zu einer angekündigten Edition versteht.
Abgerundet werden die beiden Bände durch die von Patrizia Sonia De Corso zusammengestellte "Bibliografia" (XXV-LXX) Sottilis, die beeindruckende 357 Nummern (inklusive Rezensionen) umfasst. Für eine vorbildliche Erschließung des Inhalts sorgen der "Indice dei nomi" (1157-1203) und "Indice dei manoscritti e dei documenti d'archivio" (1204-1211). - Eine Fundgrube für jeden, der an Humanismus, Philologie oder Handschriften interessiert ist!
Anmerkungen:
[1] I codici del Petrarca nella Germania Occidentale I und II (= Censimento dei Codici Petrarcheschi; Bd. 4 und 7), Padova 1971 und 1978.
[2] Agostino Sottili (Hg.): Lauree pavesi nella seconda metà del '400 (= Fonti e studi per la storia dell'Università di Pavia; Bd. 25 und 29), Bologna 1995 und 1998.
Martin Wagendorfer