Stephen A. Barney / W.J. Lewis / J.A. Beach et al.: The Etymologies of Isidore of Seville, Cambridge: Cambridge University Press 2006, xii + 475 S., ISBN 978-0-521-83749-1, GBP 85,00
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Als Isidor, Bischof von Sevilla im spanischen Westgotenreich, im Jahr 636 starb, hinterließ er mit den unvollendeten, später in 20 Büchern angeordneten Etymologiae (Origines) ein fundamentales Monument spätantiker Sammler- und Kompilationstätigkeit, das als Vermittler antiken und frühchristlichen Bildungswissens eine unüberschätzbar wichtige Rolle im Mittelalter einnehmen sollte. Mit dem hier anzuzeigenden Buch liegt nun erstmals eine vollständige englische Übersetzung dieses zentralen Textes, mit dem Isidor in besonderer Weise zum "Enzyklopädisten des Mittelalters" (A. Angenendt) wurde, vor.
Die Übersetzer haben den Etymologiae eine kurze Einleitung vorangestellt, in der wesentliche Aspekte, die im Zusammenhang mit dem Text von Bedeutung sind, behandelt werden, durchzogen vom Roten Faden der wiederholten Klage über die weiterhin bemerkenswert rückständige Isidor-Forschung, die erst in den letzten Jahren allmählich intensiver betrieben worden ist (3-28). Die einleitenden Anmerkungen zum "Historical Background" (4-6) und zur "Chronology" (6-7) geben einen kurzen Überblick über die westgotische Geschichte seit 376, die allerdings erst für die Zeit ab ca. 580 detaillierter geschildert wird, was sich u.a. an dem Umstand zeigt, dass in der Darstellung des 5. Jahrhunderts König Eurich (466-484) keine Erwähnung findet. Der Abschnitt zu Isidors "Life and Works" (7-10) stellt den bedeutenden Einfluss des Bischofs als Kirchenpolitiker heraus und gibt einen kurzen Überblick über sein Schrifttum, in dem die historiografischen Werke allerdings nur kurz und ein wenig verworren angesprochen werden. Gelungener sind die Ausführungen zu "The Sources of the Etymologies" (10-17), die Isidor kenntnisreich in der Tradition enzyklopädischen Schrifttums der Antike einordnen und die wichtigsten Quellenautoren für die einzelnen Bücher benennen. Detailliert und sachkundig wird sodann "The Character of the Etymologies" erörtert (17-24), bevor in einem eigenen Kapitel die enorme Bedeutung des Werks für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Gelehrsamkeit herausgearbeitet wird ("The Influence of the Etymologies", 24-26) und kurz zu den bereits existierenden Editionen und Übersetzungen sowie zu aktuell geplanten Editionsprojekten Stellung genommen wird ("Editions of the Etymologies and this Translation", 27-28). Die nachfolgende "Bibliography" (29-31) gibt einen guten Überblick über den aktuellen Literaturstand.
Die Übersetzung basiert auf Lindsays 1911 erstmals in der 'Bibliotheca Oxoniensis' publizierter Edition. [1] Die Übersetzer haben sich erfolgreich darum bemüht, die englische Übertragung flüssig und ohne allzu große Abweichungen vom lateinischen Original zu gestalten. Lateinische Wörter, die Isidor erklärt oder die für seine Ausführungen von Bedeutung sind, wurden in runden Klammern kursiv hinzugesetzt, was die Orientierung in der Übersetzung erheblich erleichtert; griechische Begriffe erscheinen im Original ohne Umschrift. Soweit sich Isidors Zitate verifizieren ließen, wurden die Originalstellen in Klammern angegeben. Der Fußnoten-Kommentar beschränkt sich auf minimale Lesehilfen.
Ein Anhang (409-413) bietet den Briefwechsel zwischen Isidor und seinem Schüler und Freund Braulio († ca. 651). Der Erschließung des Textes dienen ein umfangreiches Generalregister (417-464), ein Verzeichnis der griechischen Wörter (465-468) sowie ein Index der zitierten Stellen und Autoren (469-475).
Die sorgfältig erarbeitete Übersetzung der Etymologiae stellt einen wichtigen Schritt für die weitere Forschung dar. Nicht nur Althistoriker, Mediävisten und Philologen werden sie dankbar zu Rate ziehen.
Anmerkung:
[1] Isidori Hispalensis Episcopi Etymologiarvm sive Originvm libri XX, recognovit brevique adnotione critica instruxit W. M. Lindsay, 2 Bde., Oxford 1911 (mehrere Nachdrucke).
Mischa Meier