Rezension über:

Frédéric Hurlet: Le proconsul et le prince d'Auguste à Dioclétien (= Ausonius-Éditions - Scripta Antiqua; 18), Paris: de Boccard 2006, 350 S., ISBN 978-2-910023-77-5, EUR 30,00
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Rezension von:
Katrin Herrmann
Seminar für Alte Geschichte, Universität Mannheim
Redaktionelle Betreuung:
Mischa Meier
Empfohlene Zitierweise:
Katrin Herrmann: Rezension von: Frédéric Hurlet: Le proconsul et le prince d'Auguste à Dioclétien, Paris: de Boccard 2006, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 5 [15.05.2009], URL: https://www.sehepunkte.de
/2009/05/12117.html


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Frédéric Hurlet: Le proconsul et le prince d'Auguste à Dioclétien

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Die Aufschlüsselung der Verwaltungsstruktur des römischen Kaiserreiches ist noch immer eine Aufgabe, die noch nicht umfassend in Angriff genommen wurde und Raum für Forschungsarbeit lässt. Gerade die Beziehung des Kaisers zu seinen Prokonsuln veränderte sich in der römischen Kaiserzeit kontinuierlich. Dieser Prozess beginnt 27 v. Chr., als Augustus einvernehmlich mit dem Senat eine neue Zuweisung der Provinzen vorgenommen hatte. Stark militarisierte oder neu gewonnene Provinzen blieben unter der Ägide des Princeps, befriedete hingegen unter der Obhut des Senats. Die Entwicklung endet mit der Tetrarchie, in deren Zuge Kaiser Diocletian die bestehende Provinzaufteilung durch eine neue Gliederung in Diözesen und Provinzen ersetzt und nur die Provinzen Asia, Achaia und Africa mit Proconsuln besetzt.

Frédéric Hurlet hat in seinem Werk die Entwicklung dieses Magistrates in den ersten drei Jahrhunderten n. Chr. untersucht. Die Arbeit ist in drei Abschnitte gegliedert, die jeweils zentrale Amtsbereiche eines Proconsuls betreffen. Im ersten Teil wird der mögliche Einfluss des Kaisers bei der Ernennung eines Proconsuls durch Los, extra sortem und die Prorogatio untersucht. Die Fallbeispiele stammen dabei ausschließlich aus dem ersten Jahrhundert, ein Umstand, der der schlechten Quellenlage geschuldet ist. Im Laufe der ersten drei Jahrhunderte nahm die Einflussnahme des Kaisers auf die Wahl der Proconsuln stetig zu, die Verschiedenheit der Bestimmungsverfahren jedoch ab. Schließlich läuft der Prozess darauf hinaus, dass der Princeps die Kandidaten vor dem Losverfahren vorsortiert und nur aus dieser Auswahl gelost wird. Die Variante eines extra sortem-Verfahrens ist nicht mehr zu belegen.

Im zweiten Teil der Arbeit stellt sich die Frage nach den Kompetenzgrenzen zwischen Proconsul und Princeps. Im Wesentlichen bestätigt Hurlet hier die Existenz eines imperium militiae des Proconsuls, welches deutlich die Befehlsgewalt des Proconsuls gegenüber der des Kaisers regelte. Bei der Klärung des Auspizialrechts in den Provinzen versucht der Autor eine Lösung aufzuzeigen, die in der Forschung seit langem diskutiert wird. [1] Nach Darlegung der bekannten Fakten schließt Hurlet, dass Proconsuln Auspizien besaßen, erweitert dies jedoch noch um die Annahme einer Art Auspizialhierarchie zwischen Princeps und Proconsul. Diese Diskussion ist gleichzeitig mit der um die Art des kaiserlichen imperium verbunden, welches in Form eines imperium maius seit Tiberius fester Bestandteil der kaiserlichen Amtsgewalt war.

Der dritte und letzte Teil untersucht die Kommunikationsmöglichkeiten, einschließlich ihrer Art und Weise und Intensität zwischen Princeps und Proconsul. Sicher ist die Feststellung des Autors richtig, dass der regelmäßige Informationsaustausch eine sehr komplexe Angelegenheit war, angesichts der Größe des Reiches. Dennoch hat der Austausch von Nachrichten insbesondere in der augusteischen Zeit kein Problem dargestellt, sondern stärkte vielmehr die Position und Macht des Princeps, so dass dieser sein imperium nur rein rechtlich benötigte. Für die Klärung der Kommunikationsproblematik in der Zeit von Tiberius bis Diocletian stellte Hurlet einen 76 Inschriften umfassenden, kommentierten Katalog zusammen, der nicht nur einen respektablen Querschnitt für diese Zeit darstellt, sondern auch das Werk für die wissenschaftliche Arbeit zusätzlich wertvoll macht.

Ein Appendix geht am Ende des Buches auf die Verwaltung und die verschiedenen Legaten speziell der senatorischen Provinzen ein. Insgesamt eine interessante Ergänzung, die aber die Behandlung der kaiserlichen Legaten im Vergleich zu der vorangegangenen Untersuchung fast stiefmütterlich wirken lässt.

Die Arbeit von Frédéric Hurlet ist eine kompakte Beschäftigung mit dem Magistrat des Proconsuls über drei Jahrhunderte hinweg, die die komplizierten technischen und juristischen Abläufe überzeugend und präzise darstellt; auch seine neuen Erkenntnisse wissen zu überzeugen. Alles in allem ist das Werk ein entscheidender Beitrag zu der Forschungsarbeit, die auf dem Gebiet der Verwaltung des Imperium Romanum noch zu leisten ist.


Anmerkung:

[1] Die Forschungsdiskussion zu den Auspizien ist sehr ausführlich bei P. Kehne: Augustus und "seine" spolia opima: Hoffnungen auf den Triumph des Nero Claudius Drusus?, in: T. Hantos/G. Lehmann: Althistorisches Kolloquium aus Anlass des 70. Geburtstags von Jochen Bleicken, 29.-30. November 1996 in Göttingen, Stuttgart 1998, 187-211, dargelegt.

Katrin Herrmann