Friedrich Edelmayer / Martina Fuchs / Georg Heilingsetzer / Peter Rauscher (Hgg.): Plus Ultra. Die Welt der Neuzeit. Festschrift für Alfred Kohler zum 65. Geburtstag, Münster: Aschendorff 2008, 808 S., ISBN 978-3-402-06578-5, EUR 89,00
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Wolfgang E.J. Weber / Regina Dauser (Hgg.): Faszinierende Frühneuzeit. Reich, Frieden, Kultur und Kommunikation 1500-1800. Festschrift für Johannes Burkhardt zum 65. Geburtstag, Berlin: Akademie Verlag 2008, 270 S., ISBN 978-3-05-004469-9, EUR 49,80
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Stefan Ehrenpreis / Ute Lotz-Heumann / Olaf Mörke / Luise Schorn-Schütte (Hgg.): Wege der Neuzeit. Festschrift für Heinz Schilling zum 65. Geburtstag (= Historische Forschungen; Bd. 85), Berlin: Duncker & Humblot 2007, 656 S., ISBN 978-3-428-12394-0, EUR 78,00
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Stephanie Dzeja: Die Geschichte der eigenen Stadt. Städtische Chronistik in Frankfurt am Main vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2003
Prince Ferdinand Schwarzenberg: Journal de la Cour de Vienne (1686-1688). Texte édité et annoté par Jean Bérenger, Paris: Editions Honoré Champion 2013
Herbert Haupt: "Ein liebhaber der gemähl und virtuosen ...". Fürst Johann Adam I. Andreas von Lichtenstein (1657-1712), Wien: Böhlau 2012
Regina Dauser: Ehren-Namen. Herrschaftstitulaturen im völkerrechtlichen Vertrag 1648-1748, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2016
Stefan Ehrenpreis / Ute Lotz-Heumann: Reformation und konfessionelles Zeitalter, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2002
Martina Fuchs / Alfred Kohler (Hgg.): Kaiser Ferdinand I. Aspekte eines Herrscherlebens, Münster: Aschendorff 2003
Festschriften sind ein eigentümliches Genre, dem manche in der wissenschaftlichen Community zwiespältig gegenüberstehen mögen: Einerseits ist es gute Tradition, dass Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler verdiente Fachvertreterinnen und -vertreter anlässlich 'runder' Geburtstagstage ab dem Sechzigsten mit einer Buchgabe erfreuen, andererseits entspricht der wissenschaftliche Ertrag nicht immer dem betriebenen Aufwand, und bisweilen stellen die entstehenden Sammelbände, abgesehen vom gemeinsamen Willen der Autorinnen und Autoren, die Jubilarin oder den Jubilar in angemessener, wissenschaftlicher Form zu ehren, nicht viel mehr als Buchbindersynthesen dar, die umso heterogener ausfallen, je weitgespannter die Forscherinteressen des Geburtstagskinds und dementsprechend auch seine Kontakte in der 'République des Lettres' sind. Auch pflegt die Qualität der Beiträge noch unterschiedlicher als in 'normalen' Sammelbänden zu sein. Ein Grund dafür ist, dass die Produktion einer Festschrift eo ipso unter besonderem Zeitzwang steht: Ihr pünktliches Erscheinen zum 'Tag X' stellt schließlich einen wesentlichen Aspekt ihrer raison d'être dar. Und so stehen nicht selten gut ausgearbeitete, originelle oder auch launige Minitaturen neben eher wässrigen Aufgüssen alter Forschungen oder flüchtigen Skizzen, die andernorts nicht unterzubringen waren. Auch ist die Sichtbarkeit der Einzelbeiträge alles in allem geringer einzuschätzen als in einem thematisch geschlossenen Sammelband. Nach meinem Eindruck tragen einige Festschriften jüngeren Datums zumindest bis zu einem gewissen Grade diesen Problemen Rechnung, als sie stärker ausgewählte Gegenstände fokussieren und sich auf diese Weise thematischen Sammelbänden annähern. Dies trifft zumindest partiell auch auf die drei hier anzuzeigenden Bände zu, die drei der profiliertesten deutschsprachigen Frühneuzeitforschern der Gegenwart gewidmet sind, die in den Jahren 2007 bzw. 2008 ihr 65. Lebensjahr vollendeten.
Der von Umfang, Ausstattung und Titel anspruchsvollste Band ist die Festschrift für den Wiener Historiker Alfred Kohler, die mit Titel, Untertitel und Umschlagsbild zudem globalgeschichtliche Assoziationen weckt. Zugleich weist der geistreiche Obertitel "Plus ultra" nicht nur auf den Wunsch hin, dass der Jubilar seine "freudige Schaffenskraft" (Vorwort, 14) erhalten möge, sondern schlägt für Eingeweihte zudem die Brücke zu einem, wenn nicht dem Hauptarbeitsgebiet Kohlers: zu Kaiser Karl V., dessen Wahlspruch eben "Plus ultra" lautete. Dementsprechend liegt der zeitliche Schwerpunkt der Beiträge eindeutig im 16. Jahrhundert. Das gilt insbesondere für die erste thematische und umfangreichste Sektion "Das Heilige Römische Reich und die habsburgischen Länder", der eine "Miniatur" des Musikwissenschaftlers Gernot Gruber für den "gefühlvollen Cellisten" Kohler (15-18) vorangeht. Hier finden sich Beiträge zur Reichsverfassungsgeschichte, zu einzelnen politischen Akteuren, zur Stellung der Habsburger und ihrer Territorien im Reich etc. Ein Großteil der Autorinnen und Autoren verfolgt traditionelle politikgeschichtliche Ansätze, andere beschäftigen sich mit Fragestellungen der neuen Kulturgeschichte, wie der Herrscherrepräsentation. Etwas aus dem Rahmen der Sektion fallen zwei Beiträge zu kleinstädtischem Alltag am Beispiel von Weitra (Herbert Knittler) sowie ein großangelegter Überblick über die slowakische Geschichte vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert (Arnold Suppan). Insgesamt weniger geschlossen ist, wie schon der Titel nahelegt, die zweite Sektion "Iberische und Globalgeschichte", und diese Überschrift bezeichnet auch schon den einzigen gemeinsamen Nenner, auf den sich die hier eingeordneten Beiträge - unter diesen drei in spanischer Sprache - bringen lassen. Neben Arbeiten zur iberischen Halbinsel finden sich solche zu verschiedenen Teilen des spanischen Kolonialreichs sowie zur Globalisierung. Auch der zeitliche Akzent auf dem 16. Jahrhundert ist etwas weniger deutlich ausgeprägt als in der ersten Sektion. Vielfalt herrscht ebenfalls in methodischer Hinsicht. Ausgesprochen bunt ist schließlich die dritte Sektion, die unter der Überschrift "Welt- und Geschichtsbilder" steht. Hier reicht der zeitlich-inhaltliche Horizont von "Melanchthons Kalender" (Harald Tersch) über "Ludwigs XIV. Memoiren" (Michael Metzeltin/Thomas Wallmann) und "Christoph Columbus im frühen französischen Film" (Gernot Heiss) bis hin zu Brandis Biographie Karls V. (Arno Strohmeyer) - der Bezug zu den Forschungen Kohlers ist hier am wenigsten deutlich, wie man aus der anschließenden Auflistung seiner Schriften ersehen kann. Der Band endet mit einem Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dessen stattliche Länge einmal mehr die Bedeutung des Jubilars für die österreichische und internationale Frühneuzeitforschung dokumentiert. Auf ein Register hat das Herausgebergremium (Friedrich Edelmayer, Martina Fuchs, Georg Heilingsetzer, Peter Rauscher) verzichtet. Die recht zahlreichen Schwarzweißabbildungen wirken zum Teil ein wenig verschwommen.
Etwas schlichter und deutlich schmaler als der Kohler'sche Band kommt die Festschrift für den Augsburger Frühneuzeitler Johannes Burkhardt daher. Der Obertitel "Faszinierende Frühneuzeit" wirkt reichlich allgemein, charakterisiert jedoch, wie im Geleitwort betont wird, "die besondere Art und Weise des Umgangs, die der Jubilar mit seiner Hauptepoche pflegt" (7). Etwas konkreter wird der Untertitel "Reich, Frieden, Kultur und Kommunikation 1500-1800", der zugleich Hauptarbeitsfelder Burkhardts bezeichnet und die Gliederung der Beiträge vorgibt, wobei die Themen "Reich und Frieden" sowie "Kultur und Kommunikation" jeweils zu einer Sektion zusammengefasst werden. Diese recht weit gefassten Bezeichnungen der Sektionen lassen schon erahnen, dass auch ihre Inhalte vielfältig sind. So fällt es schwer, für die erste Sektion einen konkreteren gemeinsamen Nenner zu erkennen. Es fällt freilich auf, dass sich einige Autoren, teils anhand von Fallbeispielen mit 'großen' Themen bzw. übergeordneten Fragestellungen beschäftigen, wie der (hier eindeutig zurückgewiesenen) Deutung des Alten Reichs als Föderation (Karl Otmar von Aretin), mit "'Europa' als Begründungs- und Legitimationsformel" (Heinz Duchhardt) oder der Einordnung der deutschen Reformationsgeschichte (Georg Schmidt) - das dürfte durchaus im Sinne des stets thesenfreudigen Jubilars sein. Ähnlich bunt ist die zweite Sektion, die freilich einen erkennbaren Akzent auf der Stadt Augsburg bzw. auf der Geschichte der Fugger erkennen lässt, die unter anderem als Finanziers (Stephanie Haberer) wie als "Sportartikelhändler" (Wolfgang Behringer) unter die Lupe genommen werden. Als weiterer Farbtupfer in einem bunten Band wird das Verhältnis Mozarts zu den Kastratensängern beleuchtet (Paul Münch). Sektion und Band schließen wiederum mit einem grundsätzliche Probleme der Geschichtswissenschaft beleuchtenden Beitrag, einem Plädoyer Wolfgang Reinhards für den Stellenwert der Mikropolitik ("Kleine Politik ganz groß"). Der Band enthält damit zahlreiche Denkanstöße, die nicht nur für den Jubilar, sondern auch für andere Frühneuzeithistorikerinnen und -historiker anregend sein mögen. Die Buntheit des Bandes ist aber zugleich im oben beschriebenen Sinne sein Problem. Die Herausgeberin (Regina Dauser) und der Herausgeber (Wolfgang E. J. Weber) sind sich dieses Problems durchaus bewusst, das sie "mit der Fülle des Œuvres unseres Jubilars" im Zusammenhang sehen (11), und sie lassen auch die besonderen Schwierigkeiten erahnen, die mit der Produktion einer Festschrift verbunden sind, wenn sie ausdrücklich auf Beiträge, die "wegen Terminnöten" entfallen mussten, und den "engen zeitlichen Rahmen" hinweisen (ebenda). Nicht zuletzt diesem Umstand dürfte es geschuldet sein, dass auch dieser Band mit einem Schriftenverzeichnis des Jubilars sowie einer Liste der Autorinnen und Autoren, ferner einem Abkürzungsverzeichnis, nicht aber mit einem Register aufwartet. Auf Abbildungen zu den Texten wurde verzichtet. Doch die Vorsatzblätter stellen auf charmante Weise mit einem Stadtplan Augsburgs bzw. einem Prospekt Dresdens aus den Merian'schen Topographien einen Bezug zur Biographie des Jubilars, konkret zu seiner Hauptwirkungsstätte und seinem Geburtsort, her.
Von ihrer Ausstattung her am schlichtesten und von ihrem Titel her am unspezifischsten ist die von ihrem Umfang her (656 Seiten) gleichwohl beeindruckende Festschrift für Heinz Schilling, die zugleich am deutlichsten den Anspruch erhebt, ein wissenschaftlicher Sammelband zu sein, erscheint sie doch in der renommierten Reihe der "Historischen Forschungen". Stärker als in den Vergleichsbänden legen die Herausgeberinnen und Herausgeber (Stefan Ehrenpreis, Ute Lotz-Heumann, Olaf Mörke und Luise Schorn-Schütte) in ihrem Vorwort auch Wert darauf, nicht bloß eine Vita des Jubilars zu liefern, sondern sein Œuvre forschungsgeschichtlich einzuordnen, wobei sie natürlich besonders intensiv auf die mit seinem Namen eng verknüpfte Konfessionalisierungsthese eingehen. Auf diese nehmen mehr oder weniger deutlich auch verschiedene Beiträge der ersten Sektion "Religion und Konfession" Bezug, einige Autoren tun dies auch ganz ausdrücklich, wie Thomas A. Brady ("'We Have Lost the Reformation'"). Ein großer Teil der Aufsätze ist zeitlich im 16. Jahrhundert einzuordnen. In zwei Beiträgen (Willem Frijhoff, Johannes Arndt) sind die Vereinigten Niederlande vertreten, die ja auch in den Forschungen Schillings eine wichtige Rolle spielen - überhaupt kommt gerade in dieser Sektion die sich in der Herkunft der Autorinnen und Autoren widerspiegelnde internationale Vernetzung des Jubilars zum Tragen. Selbst der Zeithistoriker Hartmut Kaelble bemüht sich in seinen Ausführungen zum "Europäische[n] Wertewandel am Ende des 20. Jahrhunderts" durch die Konzentration auf das Thema "Religion und Säkularisierung" einen Bezug zum Rahmenthema herzustellen. Weniger geschlossen präsentiert sich freilich die zweite Sektion "Politik, Staat und internationales System", in der so unterschiedliche Themen wie die "Geschichte eines nicht-bestehenden Staates" (= die Vereinigten Niederlande; Wim Blockmans), die Heiratspolitik des Hauses Lothringen (William Monter) oder die "Hochschul- und Wissenschaftslandschaft zwischen Main und Weser" (Gerhard Menk) verhandelt werden. Aber auch hier findet sich immer wieder der Bezug zur Konfessionalisierungsthese, wie in den Beiträgen Robert von Friedeburgs zu "'Patrioten' in der frühen Neuzeit" und Holger Th. Gräfs zur "Entwicklung des 'diplomatischen' Korps um 1600". Diese kann somit cum grano salis als ein roter Faden durch den Band betrachtet werden - auch wenn einige Beiträge mehr oder weniger weit abseits dieses roten Fadens liegen und sich diese 'große' Festgabe insgesamt weniger geschlossen präsentiert als das Parallelunternehmen der Schülerfestschrift. [1] Nützlich zur Erschließung des Bandes sind das Personen- und das Ortsregister. Auf ein Autorinnen- und Autoren- sowie ein Schriftenverzeichnis des Jubilars haben die Herausgeberinnen und Herausgeber hingegen verzichtet.
Vergleicht man die drei Festschriften miteinander, so wird man feststellen können, dass es sich bei ihnen um durchaus gewichtige Bände handelt, in denen sich zahlreiche lesenswerte Aufsätze finden, die aber auch einige der genretypischen Defizite nicht verleugnen können, wie eben insbesondere die mangelnde thematische Geschlossenheit, die weit über einzelne inhaltliche "Ausreißer" in einem Tagungsband hinausgeht. Dem Ideal einer stärker thematisch fokussierten Festgabe, wie sie der Rezensent für erstrebenswert hielte, kommt die Schilling-Festschrift insgesamt am nächsten, in ihrer ersten Sektion partiell auch der Kohler-Band. Sicher, man kann die Auffassung vertreten, dass der Reiz einer Festschrift gerade in ihrer Buntheit liegen könne oder dass die thematische Vielfalt (oder doch Beliebigkeit?) der Preis dafür sei, den man zahlen müsse, um eine möglichst große Zahl von Beiträgerinnen und Beiträgern zu gewinnen und so die Jubilarin oder den Jubilar angemessen zu ehren; der wissenschaftliche Gesamtertrag wird dann freilich trotz aller wertvollen Gedanken im Einzelnen in der Regel nur begrenzt sein können.
Anmerkung:
[1] Vera Isaiasz / Ute Lotz-Heumann / Monika Mommertz / Matthias Pohlig (Hgg.): Stadt und Religion in der frühen Neuzeit. Soziale Ordnungen und ihre Repräsentationen (= Eigene und fremde Welten. Repräsentationen sozialer Ordnung im Vergleich; Bd. 4), Frankfurt a.M. 2007. Vgl. die Rezension von Silke Marburg in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 6, [15.06.2009], URL: http://www.sehepunkte.de/2009/06/13902.html.
Matthias Schnettger