Rezension über:

Margarita Gómez Gómez: El sello y registro de Indias. Imagen y representación (= Lateinamerikanische Forschungen. Beihefte zum Jahrbuch für Geschichte Lateinamerikas; Bd. 35), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2008, 373 S., 18 s/w-Abb., ISBN 978-3-412-20229-3, EUR 49,90
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Rezension von:
Felix Hinz
Stiftung Universität Hildesheim
Redaktionelle Betreuung:
Peter Helmberger
Empfohlene Zitierweise:
Felix Hinz: Rezension von: Margarita Gómez Gómez: El sello y registro de Indias. Imagen y representación, Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2008, in: sehepunkte 10 (2010), Nr. 1 [15.01.2010], URL: https://www.sehepunkte.de
/2010/01/16449.html


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Margarita Gómez Gómez: El sello y registro de Indias

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In ihrer neuesten Monografie "Es sello y regsitro de Indias" beschäftigt sich Margarita Gómez Gómez, die zur Zeit Historische Hilfs- und Grundwissenschaften an der Universidad de Sevilla lehrt, mit der verwaltungstechnischen Bedeutung und Symbolkraft der für die überseeischen Territorien geschaffenen Siegel und Registerbücher der spanischen Krone.

Auf eigenen Vorarbeiten zu diesem weiten Thema aufbauend beginnt sie ihre Ausführungen mit der repräsentativen Bedeutung von Schrift im Allgemeinen und von königlichen Dokumenten im Besonderen. Seit Beginn der spanischen Herrschaft in "Las Indias" (Spanisch-Amerika), führt sie daraufhin aus, gab es feste Vorschriften, was die In-Empfangnahme, feierliche Verkündung und Befolgung sowie schließlich die angemessene Verwahrung königlicher Schreiben anbelangte (24f.). Ähnliches galt für die königlichen Siegel, von denen es für die spanisch-amerikanischen Territorien eine ganze Reihe gab. Gómez Gómez wendet sich hier vor allem dem Siegel des Indienrates in Sevilla, der im Prinzip für den König und in seinem Namen die gesamten Überseegebiete verwaltete, sowie den schließlich elf Siegeln der Audiencias in Spanisch-Amerika zu, der königlichen Appellationsgerichte, die gleichzeitig und ggf. gemeinsam mit Vizekönigen weit reichende administrative und politische Vollmachten besaßen. Hierbei ist positiv zu beobachten, dass die Autorin auch die Philippinen mit im Auge behält, deren Verwaltung zeitweise eng an Nueva España (Mexiko) gekoppelt war.

Es geht Gómez Gómez also nicht um bloße Beschreibungen der betreffenden Siegel - sie verweist hier auf bereits bestehende Literatur -, ihre Frage lautet, was sie bedeuteten und wie sie verwendet wurden (118). Um dies kontextualisieren zu können, ist es notwendig, zunächst die Geschichte von Vorläufern der Institutionen zu betrachten, die die entsprechenden Siegel später gebrauchten. Das führt die Autorin unter Exkursen über die Entstehung und Bedeutung von Siegeln im mittelalterlichen Europa in die frühste Entdeckungszeit zu Cristóbal Colón, der bereits ein kastilisches Siegel mit sich führte. Schon für diese frühen Siegel stellt sie fest, dass sie nicht nur ein Herrschaftssymbol im neuzeitlichen Sinne darstellten, sondern den König geradezu personifizierten (44). Hinzu, dies überrascht nicht, kam ihre Bedeutung als Echtheitszertifikat und Mittel der Gewichtung eines königlichen Schreibens (197).

Im speziellen vorliegenden Fall gestaltete sich bald die große Heterogenität und Komplexität des spanischen Überseereiches als Problem. Jede Institution ggf. mit passenden Siegeln zu versehen und die alten ordnungsgemäß zu entsorgen, war bisweilen eine logistische Herausforderung, insbesondere, wenn in Spanien ein Thronwechsel vonstattengegangen war. Ebenso schwierig war es sicherzustellen, dass mit den Siegeln, die ja in vielen Fällen die Unterschrift des Königs ersetzten, kein Missbrauch getrieben wurde, und sei es durch die Präsidenten der Audiencias höchstselbst. Denn, folgert die Autorin, wer im Besitz des königlichen Siegels war, war selbst "mehr oder weniger König" (223).

Weniger ausführlich widmet sich Gómez Gómez den von 1502-1808 reichenden (150f.) und leider nicht allen erhaltenen (196) Registerbüchern, in denen der Siegelführer bei Androhung von Amtsverlust zunächst "Buchstabe für Buchstabe" kopieren und somit nach der Versendung kontrollierbar machen musste, was er im Begriff war zu siegeln (204). Die kürzere Behandlung dieser inhaltlich gleichwohl höchst wichtigen Quellen ist jedoch aufgrund des Umstands gerechtfertigt, dass die Registerbücher keinen so hohen Repräsentationswert besaßen wie die Siegel.

Auf dieser Grundlage wendet sich die Autorin erst Siegel und Registerbuch des Indienrates im spanischen Mutterland zu, dann den entsprechenden in Übersee. Minutiös listet sie hier jeweils auf, wann welches Siegel wohin geschickt wurde, ob beziehungsweise wann es ankam und von wem bis wann genutzt wurde.

Diese wiederholt durch illustrierende (aber nicht immer explizit interpretierte) Quellenpassagen durchsetzten Auflistungen sind bisweilen mühsam zu lesen. Übersichtlicher ist dies in den Tabellen des Anhangs (267-280) fassbar. In einem weiteren Anhang findet sich dankenswerterweise auch eine chronologische Auflistung der relevanten Quellen, während ein Personenregister leider fehlt. Auch die Abbildungen der im Band besprochenen Siegel und Dokumentenproben sind zum Teil beklagenswert klein und unscharf. Dies mag auf das Konto des Verlags gehen.

Den unbestreitbaren Wert dieser sonst sehr sorgfältigen Arbeit mindert dies - mit Ausnahme des fehlenden Registers - jedoch nicht wesentlich. Wer zur Geschichte Spanisch-Amerikas arbeitet, muss sich beinahe zwangsläufig mit königlichen Verfügungen zum betreffenden Gebiet zu der betreffenden Zeit beschäftigen, und sei es lediglich, um seinen Forschungsgegenstand in den politischen Kontext einzuordnen. Hier kann es von großem Nutzen sein, ein klar strukturiertes Handbuch zu Rate zu ziehen, das einem hilft, die daran befindlichen Siegel, ohne deren Berücksichtigung eine Interpretation der Quellen nicht vollständig möglich wäre, verlässlich bewerten zu können. Das auf diesem Gebiet noch bestehende Forschungsdesiderat hat Gómez Gómez mit dem vorliegenden Werk in Bezug auf den Indienrat in Sevilla bereits deutlich entschärft. Um aber gerade das offenbar wechselnde Ansehen königlicher Siegel aus und in Las Indias wirklich sicher und in konkreten Einzelfällen einschätzen zu können, sind weitere Anstrengungen nötig. Bisher liegen hierzu nur verstreute Einzelstudien vor, die eher sphragistisch-beschreibenden Charakter haben. Doch erst der systematische Vergleich ermöglicht ein sicheres Urteil zur Bedeutung dieser Siegel. Wenn die Autorin ihre Absicht betont, hier weiter forschen zu wollen, ist sie darin nur zu bestärken.

Felix Hinz