María Angeles Gallego / Heather Bleaney / Pablo García Suárez (eds.): Bibliography of Jews in the Islamic World (= Supplements to the Index Islamicus; Vol. 1), Leiden / Boston: Brill 2010, XV + 523 S., ISBN 978-90-04-17057-5, EUR 155,00
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Die Beschäftigung mit den verschiedenen Formen des Judentums innerhalb der Islamwissenschaften hat eine lange Geschichte. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jh. publizierten frühe Orientalisten wie Ignaz Goldziher (gestorben 1921) oder Hartwig Hirschfeld (gestorben 1934) Studien über Juden unter islamischer Herrschaft. Auch bei sehepunkte wurden solche Publikationen schon besprochen.[1] Deswegen kann man mit Recht behaupten, dass sich die Beschäftigung mit den historischen und aktuellen Verhältnissen von Juden, die unter islamischer Herrschaft lebten, zu einer Unterdisziplin dieses Faches entwickelt hat.
Thematisch umfasst diese Unterdisziplin alle Fragen zur jüdischen Geschichte, zur sozialen und religiösen Interaktion zwischen Juden und Muslimen und zum Beitrag, den Juden zur islamischen Kultur geleistet haben. Den Umfang, den diese Unterdisziplin einnimmt, vermag nichts deutlicher zu veranschaulichen als eine Bibliographie, in der (möglichst) alle Publikationen, die zu diesen Kontexten gehören, aufgeführt sind.
Die kürzlich vorgelegte "Bibliography of Jews in the Islamic World" will eine solche Bibliographie sein. Ihr Anspruch ist es, die bereits bestehenden online-Bibliographien Rambi und Index Islamicus um zeitlich früher erschienene und in beiden Bibliographien ungenannte Publikationen zu ergänzen (XI). Thematischer Schwerpunkt sollen dabei Veröffentlichungen sein, die sich mit der Geschichte und der Kultur der Juden in der vom Islam geprägten Welt befassen (XI). Publikationen zu Palästina vor der Staatsgründung Israels wurden nur aufgenommen, wenn sie etwas mit der lokalen jüdischen Bevölkerung zu tun haben. Die europäische Einwanderung bzw. Texte zu europäischen Juden bleiben insgesamt unberücksichtigt. Auch Veröffentlichungen zum Judeo-Spanischen bleiben mit dem Verweis auf eine eigene Bibliographie unerwähnt (XII).
Folglich finden sich in dieser Sammlung 12.183 bibliographische Angaben zu Monographien, Artikeln und Sammelbänden, die in den gängigen europäischen Sprachen (Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch) und in Neuhebräisch verfasst wurden. Diese mehr als 12.000 Einträge sind fortlaufend nummeriert und thematisch angeordnet.
Die Bibliographie beginnt damit, Publikationen zur Geschichte der Unterdisziplin aufzulisten (1-5), führt dann Handschriftensammlungen und Spezialbibliographien auf (5-24), nennt des weiteren Publikationen aus den Bereichen Religion (24-83), Recht (83-98), Philosophie (98-142), Naturwissenschaft (142-161), Kunst (161-165), Musik (165-171), Geographie (161-174) und zu den verschiedenen jüdischen Literatursprachen (Hebräisch, Judeo-Arabisch, usw. 174-269). Den Abschluss des ersten Teils bilden Publikationen zu al-Andalus (269-289), worauf die Einträge im zweiten Teil der Bibliographie (289-458) mehrheitlich nach heutigen Nationalstaaten geographisch angeordnet sind.
Das Buch endet mit einem ausführlichen Sach- und einem Namensindex. Der Sachindex verweist ausschließlich auf die Titel der aufgenommenen Veröffentlichungen. In dem Index findet man Standardbegriffe (z.B. Bibel, Hebräisch, Osmanisches Reich), aber auch spannende Spezialbegriffe, wie z.B. Bienenzüchtung, Schach, Gynäkologie. Wichtig ist, dass auch die Inhalte anderer Publikationen einschlägig sein können, ohne dass der Sachindex darauf hinweist, weil deren Titel das Stichwort nicht beinhaltet. Nützlich ist auch der Namensindex, da man mit seiner Hilfe alle in der Bibliographie erwähnten Publikationen einer Person findet.
Achtung! Für den Gebrauch dieser Bibliographie ist folgendes zu beachten: Unter den insgesamt 12.183 Einträgen sind viele Doppelnennungen. Bedingt durch die vorgegebene Kategorisierung, die Fragen aufwirft (Warum wird al-Andalus nicht unter die Islamische Welt subsumiert? Warum erhält Kurdistan eine eigene Unterkategorie?), kommt es vor, dass einige Publikationen unter mehreren Kategorien aufgeführt werden. Siehe beispielsweise Noth, Minderheiten als Vertragspartner: Nr. 1059=2604, Lewis, Anti-Jewish Ode: Nr. 7096=7323 oder Lichtenstädter, Distinctive Dress: Nr. 2594=7850.
Außerdem sind nicht alle Übersetzungen eines Werkes aufgeführt. So fehlen die deutschen Übertragungen der bereits erwähnten Werke von Mark Cohen, Unter Kreuz und Halbmond, und von Bernard Lewis, Die Juden in der islamischen Welt. Während Cohens Buch nur in Englisch aufgelistet ist (= Nr. 7595), findet sich für Lewis Buch ein Verweis auf das Original und auf die französische bzw. spanische Übersetzung (= Nr. 738-740=7993-7995).
Lewis Buch dient auch als Beispiel für einen weiteren Hinweis: Finden sich mehrere Publikationen desselben Autors in einer (Unter-) Kategorie, so sind diese alphabethisch nach dem Titel angeordnet. Mit anderen Worten steht Lewis' Buch über die Juden im Islam zuerst unter "Les juifs en terre d'Islam", dann unter "Los judíos del Islam" und dann erst unter dem Originaltitel "The Jews of Islam".
Insgesamt bildet diese Bibliographie ein gutes Nachschlagewerk, in dem man viele Hinweise auf wichtige Publikationen über Juden in der islamischen Welt findet. Die Hauptfrage, die sich mir stellt, ist allerdings, warum eine solche Datensammlung nicht online-basiert aufgebaut wird. Man hätte zum Beispiel den schon bestehenden Index Islamicus um die neuen Einträge erweitern können. Die Vorteile der gedruckten Bibliographie sind die Handlichkeit und die nicht zu unterschätzende Übersichtlichkeit. Die Nachteile entstehen durch die Kategorisierung. Als Benutzer muss man sich immer fragen, in welche Unterkategorie die Herausgeber eine bestimmte Publikation wohl eingeordnet haben. Offensichtlich ließen sich Doppelungen nicht vermeiden, wollte man sichergehen, dass eine Publikation auch gefunden werden soll. Die Vorteile einer guten Datenbank sind, dass man nicht nur nach Titelwörtern, sondern auch nach Schlagwörtern suchen kann, auch wenn als Nachteil die Unübersichtlichkeit hervorzuheben ist. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn der Verlag eine CD mitgeliefert hätte, die man mit Volltextsuche durchkämmen könnte. So würde man manche Einträge schneller finden und hätte auf Doppeleinträge verzichten können.
Trotz dieses Kritikpunktes ist die Leistung der Herausgeber anzuerkennen, die sie aufgebracht haben, um so viele Veröffentlichungen zum Judentum in der islamischen Welt zusammenzustellen. Diese Bibliographie zu schreiben hat mit Sicherheit mehrere Jahre gedauert. Sie macht deutlich, wie breit die Beschäftigung mit jüdischen Aspekten unter islamischer Herrschaft angelegt ist. Deswegen ist sie nicht nur für "Einsteiger" in diese Unterdisziplin brauchbar, sondern wird darüber hinaus ein sehr nützlicher Weggefährte für all jene sein, die auch weiterhin auf diesem Gebiet Forschung betreiben!
Anmerkung:
[1] Siehe beispielsweise Jan-Peter Hartung: Rezension von: Michael Borgolte (Hg.): Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor der Moderne. Auf der Suche nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundlagen, praktischen Zwecken und historischen Transformationen, Berlin: Akademie Verlag 2005, in: sehepunkte 6 (2006), Nr. 12 [15.12.2006], URL: http://www.sehepunkte.de/2006/12/10734.html bzw. meine Rezensionen von: Bernard Lewis: Die Juden in der islamischen Welt. Vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Aus dem Englischen von Liselotte Julius, München: C.H.Beck 2004, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 7/8 [15.07.2009], URL: http://www.sehepunkte.de/2009/07/14876.html und Mark R. Cohen: Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, München: C.H.Beck 2005, in: sehepunkte 9 (2009), Nr. 10 [15.10.2009], URL: http://www.sehepunkte.de/2009/10/15948.html.
Jens Scheiner