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Kristin Platt: Bezweifelte Erinnerung, verweigerte Glaubhaftigkeit. Überlebende des Holocaust in den Ghettorenten-Verfahren, München: Wilhelm Fink 2012
Pavel Markovič Polian: Briefe aus der Hölle. Die Aufzeichnung des jüdischen Sonderkommandos Auschwitz. Aus dem Russischen von Roman Richter. Bearbeitet von Andreas Kilian, Darmstadt: wbg Theiss 2019
Tatjana Tönsmeyer / Peter Haslinger / Agnes Laba (eds.): Coping with Hunger and Shortage under German Occupation in World War II, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2018
Für die deutschen Gewaltverbrechen in Polen während des Zweiten Weltkriegs sind trotz intensiver Erforschung in den letzten Jahren immer noch zahlreiche Wissenslücken zu konstatieren. So ist außer Spezialisten kaum jemandem bekannt, dass die militärischen Kampfhandlungen nicht erst um 4 Uhr 45 mit der Beschießung der Westerplatte in Danzig begannen, sondern bereits fünf Minuten eher mit dem Bombardement der westpolnischen Kleinstadt Wieluń. Die hierzu von Tadeusz Olejnik in polnischer und englischer Sprache vorgelegte Dokumentation versammelt Zeugenaussagen und zahlreiche eindrucksvolle Fotografien des Ortes vor und nach dem Angriff durch deutsche Ju 87-Stukas. Die Bomben zerstörten den Ort zu rund 70 Prozent und töteten mehrere hundert Einwohner; obwohl die Zahlen nicht als vollständig gesichert gelten können, wird man wohl von 1.200 Opfern ausgehen müssen. Was aber hatte die Luftwaffe in Wieluń angegriffen?
Tatsächlich war die Stadt vollkommen wehrlos, in ihr waren keine militärischen Einheiten stationiert, dafür gab es ein mit einem großen roten Kreuz gekennzeichnetes Hospital. Olejnik weist darauf hin, dass am Morgen des 1. September teilweise starker Bodennebel herrschte und dass polnische Truppen in der Umgebung lagerten. Gleichwohl ist seine Antwort auf die Frage nach der Ursache der Bombardierung simpel: Es ging darum, Terror unter der Bevölkerung zu verbreiten. Diese vielleicht zu einfache Erklärung harrt noch einer Verifizierung, denn die deutschen Dokumente geben nur in allerknappsten Worten Auskunft über den Angriff - als Ziel ist zwar eindeutig der Ort Wieluń benannt, aber Bombenterror gegen eine Kleinstadt, obwohl tatsächlich militärisch relevante Ziele in der Nähe waren, scheint nicht unbedingt die plausibelste Erklärung zu sein.
Das Buch überzeugt vor allem durch seine Bilder. Die wissenschaftlichen Ausführungen sind sehr knapp gehalten, beruhen vor allem auf Zeugenaussagen, und strotzen voll ärgerlicher Schreibfehler der deutschen Eigennamen; der des Polnischen nicht mächtige Leser wird sich zudem darüber wundern, dass für den englischen Text die Fußnoten nicht übersetzt wurden, sodass der Sinn einer zweisprachigen Ausgabe konterkariert wird. Dennoch liegt hier ein wichtiges Werk vor, denn es lenkt den Blick auf einen eher unbekannten Aspekt des Kriegsausbruchs. Durch die beigegebenen Dokumente auch zu den verschiedenen Gedenkfeiern nach 1945 gewährt es zudem Einblicke in die polnische Erinnerungskultur. Es ist durchaus bezeichnend für die Geschichtspolitik des verstorbenen polnischen Präsidenten Lech Kaczyński, wenn dieser 2009 in einem Vorwort für das Buch schrieb: "Ohne historisches Zeugnis kann man nicht ernsthaft seine eigene nationale Identität erschaffen."
Tatsächlich betreibt Polen eine sehr aktive Geschichtspolitik, in der traditionell das Instytut Pamięci Narodowej (IPN), das Institut des Nationalen Gedenkens, ein zentraler Akteur ist. Dieses Amt, das man sich als eine Kombination aus Stasi-Unterlagen-Behörde und Zentraler Stelle Ludwigsburg vorstellen kann, führt nicht nur Ermittlungen zu nationalsozialistischen und kommunistischen Verbrechen durch und verwahrt darüber hinaus einen enormen Aktenbestand - dessen restriktive Zugangsbedingungen schon manchen Historiker zur Verzweiflung getrieben haben -, sondern hat auch einen großen Ausstoß meist qualitativ hochwertiger wissenschaftlicher Bücher vorzuweisen.
In diese Kategorie wird man die Untersuchung von Maria Wardzyńska allerdings eher nicht einordnen können. Die langjährige Mitarbeiterin des IPN legt hier gewissermaßen die Summe ihrer Beschäftigung mit den deutschen Verbrechen im Jahr 1939 vor und widmet einzelne Kapitel u.a. der Gewalt gegen Zivilisten durch Wehrmacht und Einsatzgruppen, aber auch der "Direkten Aktion" in Pommern sowie der "Intelligenzaktion" bzw. der "Außerordentlichen Befriedungsaktion", die alle das Ziel hatten, die einheimische Intelligenz und Vertreter nationaler Kreise zu ermorden, um so eventuellem Widerstand und einem erneuten Erstarken der polnischen Staatlichkeit vorzubeugen. Ingesamt entsteht so ein Panorama der nationalsozialistischen Verbrechen in den ersten Kriegsmonaten, denen bereits rund 100.000 Menschen zum Opfer fielen.
Gleichwohl kann die Darstellung nur wenig überzeugen. Da Wardzyńska vor allem einen positivistisch-dokumentarischen Ansatz verfolgt, ist die Lektüre des Werkes recht ermüdend; eine Synthese oder gar Analyse des deutschen Vorgehens bzw. der dahinterstehenden Politik erfolgt nicht, und die Aktionen werden auch nicht in den Kontext der nationalsozialistischen Repressalien gegen oppositionelle Gruppen bzw. den Massenmord auf polnischem Territorium bis 1944 eingeordnet. Stattdessen finden sich lange Aufzählungen von Tätern und Tatorten sowie Namenslisten der Opfer; das Ortsregister von 20 Seiten bzw. das Personenregister mit 27 Seiten bei einem Gesamtumfang von 350 Seiten legen davon beredt Zeugnis ab.
Wardzyńska greift für ihre Untersuchung fast ausschließlich auf Ermittlungsakten der polnischen Behörden zurück, die nach dem Krieg Untersuchungen zu nationalsozialistischen Verbrechen durchführten. Dokumente aus Archiven fehlen beinahe vollkommen, und nur in Einzelfällen wurden Kopien der Zentralen Stelle Ludwigsburg herangezogen. Dabei wird der Forschungsstand ignoriert und englische Literatur gar nicht verwendet; das neueste der fünf erwähnten deutschen Werke ist aus dem Jahre 1970. Wardzyńska entgehen so wegweisende Studien, wie sie in den letzten Jahren etwa von Alexander Rossino und namentlich Jochen Böhler - von letzterem auch in polnischer Übersetzung - vorgelegt wurden.
Letztlich ist das Buch nur als Nachschlagewerk nützlich. Wer Orte oder Opfer nationalsozialistischer Gewaltverbrechen verifizieren möchte, ist hier gut bedient, und die beigegebenen Tabellen, Bilder, Organigramme und Karten erleichtern den Zugriff. Darüber hinaus wird Wardzyńskas Untersuchung wohl keine Verwendung im deutschsprachigen Raum finden, zumal auch die englische Zusammenfassung nur wenig instruktiv ist.
Von ganz anderem Kaliber ist die Studie von Adam Puławski zum Informationsfluss über den Massenmord an den polnischen Juden sowie den Reaktionen, die dies bei der Exilregierung in London auslöste. Mit dieser Publikation der IPN-Außenstelle in Lublin, die auf umfassenden Archivrecherchen in Polen, England und Israel sowie der souveränen Durchdringung der vorhandenen Literatur beruht [1], liegt ein Standardwerk vor, das für lange Zeit Gültigkeit haben wird.
Puławski hat seine Arbeit chronologisch gegliedert, wobei innerhalb der einzelnen Kapitel in geografischer Unterteilung die Deportationen in den verschiedenen Regionen Polens untersucht werden. Nach einem Überblick über den Aufbau der Informationsabteilungen der Exilregierung in der Heimat folgt auf jeweils ein Kapitel zum Nachrichtenfluss eines mit den Reaktionen darauf in London. Die Darstellung beginnt mit dem einsetzenden Genozid im Warthegau im Sommer 1941 und führt zunächst bis zum Frühjahr 1942. Der nächste Abschnitt widmet sich der "Aktion Reinhardt" von März bis Mai 1942, während der letzte Teil des Buches der Deportation der Warschauer Juden in das Vernichtungslager Treblinka gilt. Unberücksichtigt bleibt indes das Mordgeschehen nach diesem Datum, namentlich die "Aktion Erntefest" im Frühjahr 1943, in der die bis zu diesem Zeitpunkt in den Arbeits- und Konzentrationslagern im Distrikt Lublin verbliebenen Juden getötet wurden.
Die Berichte aus der Heimat, die Puławski ausführlich zitiert, stammen nicht nur von Einheiten der Armia Krajowa (Heimatarmee), sondern auch von jüdischen Organisationen wie etwa dem sozialistischen "Bund" oder der von dem Historiker Emanuel Ringelblum 1940 in Warschau ins Leben gerufenen Dokumentationsgruppe "Oneg Szabat". Puławski berücksichtigt ferner Nachrichten der Exilpresse, jedenfalls dann, wenn sich deren Perzeption unmittelbar nachweisen lässt. Schon auf den ersten Blick sticht die Quantität der Berichte ins Auge, die das Buch ob seiner Belegdichte durchaus als Nachschlagewerk und Führer zu den Archivalien nutzbar machen. Darüber hinaus ist aber auch der Inhalt des Informationsflusses bemerkenswert. Tatsächlich war die Exilregierung außerordentlich gut und detailliert über den Genozid an ihren jüdischen Staatsbürgern im Bilde.
Gleichwohl thematisierte London die Gewalt fast nur in Verbindung mit der gegen ethnische (katholische) Polen; der Mord an den Juden galt vor allem als Indiz für weitere, folgende Exzesse gegen die "eigentliche" Bevölkerung Polens - was gleichsam die rassische Trennung, die die Nationalsozialisten vorgenommen hatten, perpetuierte. Vor dem Hintergrund dieser Befunde konstatiert Puławski zwar eine Schicksalsgemeinschaft von Juden und Polen, jedoch keine Solidarisierung. Und obgleich London keine direkten Interventionsmöglichkeiten hatte, geschah selbst die Weiterleitung von Informationen an die alliierten Regierungen oder die Öffentlichkeit nur selten und nur sehr langsam. Oft wurden Berichte nicht einmal aus dem Polnischen übersetzt, und auch die Exilpresse berichtete nur vereinzelt. Die Initiativen der zwei jüdischen Mitglieder des polnischen Nationalrats, einer Art Exilparlament, Szmul Zygielbojm und Ignacy Schwarzbart, die beide versuchten, die Öffentlichkeit über den Judenmord zu informieren, fanden kaum Unterstützung des nationalpolnischen Exils.
Infolgedessen gelang es nicht - es wurde aber auch gar nicht versucht -, die Verbrechen an den Juden als Symbol für den mörderischen Charakter des nationalsozialistischen Deutschlands zu verwenden. Warschau, Treblinka oder Auschwitz wurden bis 1944 nicht zu einem polnischen Lidice. Nicht nachweisbar sind ferner konkrete Handlungsanweisungen aus London, die dem Widerstand im Lande angesichts der Deportationen als Hinweis hätten dienen können. Eine tatsächlich als Reaktion zu bezeichnende Handlung der polnischen Exilregierung in Anbetracht der Nachrichten über den Judenmord in der Heimat ist nicht nachzuweisen.
Der einzige Wermutstropfen angesichts dieser so überzeugend herausgearbeiteten Ergebnisse ist für nicht polnische Leser, dass dem Werk keine Zusammenfassung auf Englisch oder Deutsch beigegeben ist. Puławski ist eine Übersetzung dringend zu wünschen, es sei aber schon jetzt darauf hingewiesen, dass der Autor für einen demnächst erscheinenden Konferenzband des DHI Warschau mit dem Titel "Gewalt und Alltag in Polen 1939-1945" einen Aufsatz verfasst hat, der dann deutsch vorliegen wird.
Bereits jetzt ist auf Deutsch das 2007 erstmals erschienene Buch über das Konzentrationslager Warschau von Bogusław Kopka erhältlich. Jürgen Hensel, Historiker des Żydowski Instytut Historyczny (Jüdisches Historisches Institut), hat eine äußerst kundige Übersetzung vorgelegt, die die Leser auch durch Kleinigkeiten wie übertragene Literaturangaben erfreuen wird. Nachdem zunächst geplant war, das Buch in der "Schwarzen Reihe" des Fischer-Verlages erscheinen zu lassen, ist es nun in Warschau herausgekommen. Das tut der Qualität des Werkes keinen Abbruch, erschwert aber den Bezug in Deutschland doch erheblich. Leider hat der Herausgeber, das IPN in Warschau, zudem bei der Publikation große Eile an den Tag gelegt, sodass auf eine nochmalige Korrektur der Endfassung verzichtet wurde; zahlreiche ärgerliche Tipp- und Formatfehler - besonders bei den Bildunterschriften - sind die Folge.
Mit Kopkas Studie liegt ein Band vor, dessen aufklärerische Wirkung für Polen wesentlich höher zu veranschlagen ist, als für Deutschland. Zwar sind auch hier kundige Untersuchungen zum KZ Warschau rar, aber mit Andreas Mix' überzeugenden Beiträgen etwa im "Ort des Terrors" [2] sowie seiner demnächst erscheinenden Dissertation ist die Geschichte dieses Lagers zumindest in Grundzügen erschlossen und nicht mehr mythenumwoben: Trotz zuverlässiger Grundlagenforschung [3] entstand im Nachbarland in den 1980er Jahren die Legende von einem Vernichtungslager mitten in der Stadt Warschau, in dem 200.000 ethnische Polen ermordet worden seien. Dazu trug zudem in jüngster Zeit der amtliche Bericht der Ermittlungsrichterin Maria Trzcińska bei, der 2002 und 2007 in einer nochmals erweiterten Fassung publiziert wurde [4], und eben diese Behauptung zu belegen versuchte.
Im Konzentrationslager Warschau wurden aber keine 200.000 Menschen getötet. Diese Zahl entspricht ziemlich genau der während der deutschen Besatzung in der Hauptstadt ermordeten Polen, aber das geschah überwiegend in Exekutionen, etwa in den ersten Kriegsjahren im Wald von Palmiry oder während des Warschauer Aufstandes im Stadtgebiet. Kopka legt mit seinem Buch eine Dokumentation vor, die ein Zwischenergebnis der noch laufenden Ermittlungen des IPN darstellt - und die Legende vom Vernichtungslager entkräftet. Sein Ziel ist das Sichern von Fakten, keine Interpretation oder Analyse der Lagergeschichte. Und obwohl daraus eine Darstellung von "nur" 180 Seiten resultiert, ist das Buch mehr als eine nüchterne Aufzählung von Details; ganz im Gegenteil schreibt Kopka flüssig und gut lesbar, die Befreiung des Lagers 1944 während des Warschauer Aufstandes stellt er gar in Form einer historischen Reportage dar: Als die Einheiten der Armia Krajowa am 5. August 1944 die Wachmannschaften überwältigt hatten, waren noch 348 Häftlinge am Leben - auch weil am 27. Juli bereits die Mehrzahl der Insassen von den Deutschen verschleppt worden war. Das Konzentrationslager ist dennoch das einzige östlich der Elbe, das nicht von der Roten Armee befreit wurde.
Dieses Lager war auf Befehl Heinrich Himmlers auf dem Gelände des zerstörten Warschauer Gettos errichtet worden, um dort die Enttrümmerung durchzuführen und die letzten Wertgegenstände aus den Ruinen zu rauben. Mit dem Eintreffen der ersten Häftlinge aus Buchenwald am 19. Juli 1943 entstand ein selbstständiges Lager, das diesen Status bis zum 1. Mai 1944 behielt und danach eine Zweigstelle des KZ Lublin (Majdanek) bildete. Auf dem Gelände, wo zwischen 5.000 und 7.000 Juden und Polen arbeiten mussten, fanden zudem Erschießungen statt, denen rund 20.000 Menschen zum Opfer fielen. Noch während des Krieges nutzen die neuen kommunistischen Machthaber die vorhandenen Gebäude als zentrales Arbeitslager weiter, in dem sie neben Deutschen auch viele Mitglieder der nationalpolnischen Armia Krajowa inhaftierten. Auf diese Weise wurden aus Befreiern des Lagers dessen neue Insassen. Für die Nachkriegszeit sind ca. 1.800 Tote überliefert.
Kopka hat nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein grundlegendes Werk geschrieben. Seinem dokumentarischen Anspruch wird er darüber hinaus durch 70 Seiten mit Dokumenten aus den Ermittlungen der Hauptkommission zur Untersuchung deutscher Verbrechen in Polen gerecht. Die 20 Vernehmungsprotokolle stellen nicht nur eine wichtige Quelle dar, sondern bieten sich auch für einen Vergleich mit deutschen Akten an. Neben drei sehr schönen farbigen Karten kann das Buch zudem mit einem 48-seitigen Bildteil aufwarten, der teilweise ebenfalls farbig ist; leider ist die Druckqualität - gerade im Vergleich mit der polnischen Originalausgabe - nur wenig überzeugend. Doch das mindert den Wert des Buches nicht, das durch ein Personen- und Ortsregister (mit Warschauer Straßennamen) auch vorzüglich erschlossen ist. Es ist zu hoffen, dass es trotz erhöhter Schwierigkeiten bei der Beschaffung in Deutschland rege Verbreitung findet; der Preis von umgerechnet gut 10 Euro sollte jedenfalls keinen Hinderungsgrund darstellen.
Nachzutragen ist noch der Umgang mit dem Lager nach 1945, der in einer so geschichtsbesessenen Stadt wie Warschau vor allem Erstaunen auslöst: Dass unter kommunistischer Herrschaft im Jahre 1965 dessen Überreste beseitigt wurden, kann angesichts der Nachkriegsnutzung des KZ zunächst kaum überraschen. Umso mehr fällt auf, dass es bis heute weder ein Museum, ein Denkmal oder auch nur eine Tafel gibt, die auf das Lager hinweist. Wo früher dessen Gelände war, ist heute ein Park, in dem sich das Denkmal für den Aufstand im Getto befindet - vor dem Willy Brandts berühmter Kniefall stattfand. Daneben, aber noch auf ehemaligem Lagerterritorium, wird zurzeit das Museum für die Geschichte der polnischen Juden gebaut. Das KZ findet indes bauliche Berücksichtigung - auf Nachfrage erklärte der Architekt, davon nichts gewusst zu haben.
Insgesamt zeigen die vier Bücher einmal mehr, dass der Zweite Weltkrieg und die deutschen Verbrechen in Osteuropa längst noch nicht ausreichend untersucht sind. Die Darstellungen sind sehr deskriptiv und dokumentarisch, worunter gelegentlich Analyse und Kontextualisierung leiden, aber sie leisten ohne Frage wichtige Beiträge zur Schließung der bestehenden Forschungslücken. Indirekt wird auch deutlich, dass die Erinnerungslandschaften in Deutschland und Polen, in denen die untersuchten Themen ganz unterschiedlich konnotiert sind, ebenso großer Aufmerksamkeit und Berücksichtigung durch künftige Studien bedürfen.
Anmerkungen:
[1] Bisherige Referenz ist David Engel: In the Shadow of Auschwitz. The Polish Government-in-Exile and the Jews, 1939-1942, London 1987.
[2] Andreas Mix: Warschau-Stammlager, in: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 8: Riga-Kaiserwald, Warschau, Vaivara, Kauen (Kaunas), Płaszów, Kulmhof / Chełmno, Beł żec, Sobibór, Treblinka, hg. von Wolfgang Benz / Barbara Distel, München 2008, 91-126.
[3] Tatjana Berenstein / Adam Rutkowski: Obóz koncentracyjny dla Żydów w Warszawie (1943-1944) [Das Konzentrationslager für Juden in Warschau (1943-1944)], in: Biuletyn Żydowskiego Instytutu Historycznego 62 (1967), 3-22.
[4] Maria Trzcińska: Obóz zagłady w centrum Warszawy. Konzentrationslager Warschau [Das Vernichtungslager im Zentrum von Warschau: Konzentrationslager Warschau], Radom 2002. Vgl. hierzu auch Andreas Mix: Rezension zu: Maria Trzcińska: Obóz zaglady w centrum Warszawy - Konzentrationslager Warschau, Radom 2002, in: H-Soz-u-Kult, 19.06.2003, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2003-2-163.
Stephan Lehnstaedt