Rezension über:

D. M. Carter (ed.): Why Athens? A Reappraisal of Tragic Politics, Oxford: Oxford University Press 2011, XII + 472 S., ISBN 978-0-19-956232-9, USD 160,00
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Karl-Wilhelm Welwei
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
Redaktionelle Betreuung:
Mischa Meier
Empfohlene Zitierweise:
Karl-Wilhelm Welwei: Rezension von: D. M. Carter (ed.): Why Athens? A Reappraisal of Tragic Politics, Oxford: Oxford University Press 2011, in: sehepunkte 13 (2013), Nr. 2 [15.02.2013], URL: https://www.sehepunkte.de
/2013/02/20295.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

D. M. Carter (ed.): Why Athens?

Textgröße: A A A

Das Buch enthält nach einer Einführung von Mark Griffith und D. M. Carter vierzehn Vorträge, die im September 2007 an der Universität Oxford im Rahmen eines Kolloquiums zur griechischen Tragödie gehalten wurden. Peter Wilson erörtert die Struktur und die Finanzierung der Aufführungen. Er betont, dass die Tragödie in der sozialen Struktur der athenischen Demokratie gleichsam fest verankert war. Carter erörtert anschließend die Zusammensetzung des Publikums, in dem sich Männer, Frauen und Kinder, Freie und Sklaven befanden. Anne Duncan behandelt das heikle Thema der Tragödiendichter an Höfen der Tyrannen. Richard Seaford antwortet mit kritischen Bemerkungen zu den vorausgehenden Beiträgen. Peter Burian erläutert die athenische Tragödie unter dem Aspekt einer demokratischen Abhandlung, während anschließend Jon Hesk die Frage stellt, wie das Publikum schlechte Ratschläge in einer Tragödie gewertet hat. Elton T. E. Barker erörtert solche Fälle mit Blick auf Euripides' "Orestes". Anschließend nimmt Melcolm Heath Stellung zu den Aufsätzen von Burian, Hesk und Barker, indem er die Auffassung vertritt, dass in den Anfängen die Aufführungen nicht gerade "demokratisch" gewesen sein können. Die erweiterten Familien sowie Heiraten und die Beziehungen zwischen den Poleis in der älteren Tragödie behandelt Mark Griffith. Er zeigt, dass Männer große Möglichkeiten in der Wahl ihrer Verwandten hatten. Die Darstellung von Erbschaften in der Tragödie des Sophokles erläutert Eleanor Regina OKell. Eine Stellungnahme zu den Artikeln von Griffith und OKell bietet P. J. Rhodes, der zu dem Schluss kommt, dass die Tragödie zwar "athenisch" war, aber nicht in einem engeren Sinne. Sheila Murnaghan untersucht "athenische Politik" im tragischen Chor, der in die dramatische Aktion stark eingebunden war.

Mitleid und panhellenische Politik in der "Hekuba" und in den "Trojanischen Frauen" des Euripides thematisiert Eirene Visvardi mit dem Ergebnis, dass die Einfügung von spezifisch athenischen und panhellenischen Elementen als integraler Bestandteil einer emotionalen Politik zu sehen ist. In der Stellungnahme hierzu weist Ian Ruffel auf die vielfachen Möglichkeiten des Engagements in den genannten Stücken hin. Demütige Bitten und athenische "Macht" in der athenischen Tragödie erörtert Angeliki Tzanetou mit dem Ergebnis, dass in den Tragödien das fehlende Gleichgewicht der Schwachen ein bedeutender Aspekt ist, aber die betreffenden Stücke keine offene Unterdrückung der Symmachoi schildern und auch keine imperiale Herrschaft der Athener darstellen. Graziella Vinh sucht dies in einem Artikel über die "Hiketiden" des Euripides zu bestätigen.

Im letzten Teil des Buches steht der Panhellenismus in den Tragödien des Euripides im Mittelpunkt der Beiträge von David Rosenbloom und von John Gibert, die davon ausgehen, dass der Dichter vor allem die Interessen des Publikums in Athen berücksichtigt hat.

Insgesamt gesehen ist es den Autoren gelungen, die Fragen zu beantworten, warum die Tragödie in Athen entstanden ist und wie in den Dramen politische Aspekte zum Ausdruck kommen.

Karl-Wilhelm Welwei