Alessandro Fabbi: All'indomani del grande scisma di Occidente. Jean Le Fevre canonista al servizio dei Valois e il trattato «De Planctu Bonorum» in risposta a Giovanni da Legnano, Florenz: edifir - edizioni firenze 2013, 317 S., ISBN 978-88-7970-625-4, EUR 25,20
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"Einen Römer oder einen Italiener wollen wir!" ("Romano o Ytaliano le volemo" - 273), riefen die aufgebrachten Römer, nachdem Papst Gregor XI. gestorben war (27.3.1378). Sie bekamen einen Neapolitaner. Derjenige, der aus den tumultuarischen Ereignissen um das Konklave des Jahres 1378 als neuer Papst hervorging, war Bartolomeo Prignano, der berüchtigte Papst Urban VI. Seine umstrittene Wahl zog den Beginn des Großen Abendländischen Schismas nach sich, denn bald darauf wurde mit Clemens VII. von den französischen Kardinälen ein Gegenpapst aufgestellt. Das Schisma war ein Kampf um die Vormacht in der Kirche, der mit den Mitteln der Kanonistik ausgefochten wurde. Der Autor des zu besprechenden Buches hat sich in der Doktorarbeit, aus der sein Werk hervorgegangen ist, einem kleinen Ausschnitt aus diesem intellektuellen Ringen gewidmet. Namentlich geht es um die publizistische Kontroverse zwischen dem Bologneser Kanonisten Giovanni da Legnano, der zugunsten von Urban VI. den Traktat De fletu Ecclesie verfasste, und dem Benediktinerabt Jean Le Fèvre, der auf diesen mit einer Verteidigungsschrift für Clemens VII. antwortete, die den Titel De planctu bonorum trägt. Es handelt sich freilich nur um eine von vielen polemischen Antworten auf Giovanni da Legnano, doch war diese bisher unediert geblieben. Diese Leerstelle füllt der Autor mit einer kritischen Edition des Textes aus dem Ms. Latin 1472 der Bibliothèque nationale de France aus (209-299).
Vorangestellt sind fünf einleitende Analysekapitel. In dem ersten zeichnet Fabbri die Voraussetzungen des Schismas seit dem 12. Jahrhundert nach und erarbeitet eine Chronologie des Konklaves von 1378. Im zweiten Kapitel beschreibt er den Aufschwung des "französischen Klerus" seit dem 14. Jahrhundert zum Garanten einer fragilen Königsmacht als Grundbedingung für die Entwicklung des Gallikanismus. Ferner stellt er die Bedeutung des Benediktinerordens innerhalb dieser Entwicklungen dar. Auf dieser Grundlage behandelt Fabbri im dritten Kapitel zunächst die Vita Jean Le Fèvres, vom Eintritt ins Kloster über die Universitätsstudien in Orléans bis zum politischen Aufstieg als Berater Karls V. von Valois. Dann stellt er Le Fèvres "Kontrahenten" Giovanni da Legnano vor. Seine Stellungnahme zugunsten Urbans VI. wurde seit Sommer 1378 verbreitet und wohl seit Januar 1379 in Paris rezipiert. Le Fèvre schrieb seine Gegenschrift im Auftrag Karls V., der sich damals auf die Seite Clemens VII. stellte. Es ging also darum, die königliche Politik durch den Nachweis zu untermauern, dass Karl V. den rechtmäßigen Papst unterstützte. In Kapitel vier werden De planctu bonorum und De fletu Ecclesie analysiert, zunächst was ihre unterschiedlichen Rekonstruktionen der Wahl Urbans VI. angeht. Denn das war ja die Hauptfrage: War das Konklave, aus dem Urban VI. hervorging, trotz den chaotischen Zuständen, unter denen es sich vollzog - etwa angesichts der oben zitierten Einschüchterungsversuche durch die Römer - gültig oder nicht? Neben einer Detailanalyse der Argumente wird auch eine Gegenüberstellung der verschiedenen polemischen Mittel des "Parisiensis" und des "Bononiensis" (so die Bezeichnungen der Kontrahenten in De planctu bonorum) geboten.
Im fünften Kapitel ordnet Fabbri De planctu bonorum in die Tradition der so genannten "Doppeltraktate" ein. Dieses dialogische Genre habe sich als besonders effizient für die Darstellung einer Gegenposition erwiesen und Le Fèvre ferner die Möglichkeit gegeben, die Diskussionen am Hofe Karls V. nachzustellen (161). Zuletzt geht es um die Nachwirkung des Traktats, der von Pierre de Barrière geschätzt wurde und 1380 eine Replik durch Giovanni da Legnano hervorrief. Für Jean Le Fèvre selbst war sein Werk offensichtlich sehr karrieredienlich: 1380 wurde er Bischof von Chartres, später Kanzler Ludwigs von Anjou, für den er 1382 nach Neapel reiste, und schließlich Gesandter Clemens VII. Fabbri bewertet ihn als perfekten Vertreter des damaligen königstreuen Klerus von Frankreich (199). In weiterer Perspektive sieht der Autor die Bedeutung des Schlagabtauschs in seiner Beispielhaftigkeit für die durch das Schisma hervorgerufene Notwendigkeit, politisches Handeln juristisch zu fundieren (207).
Das Buch stellt einen soliden neuen Beitrag aus Italien zur Konziliarismusforschung dar, den man schätzen wird, gerade weil diese Forschung heutzutage südlich der Alpen weniger betrieben wird. Sein eigentliches Verdienst ist die erstmalige kritische Edition von De planctu bonorum, das in der Tat als ein Dokument gallikanen Selbstbewusstseins gegenüber römischer Deutungshoheit aufgefasst werden kann.
Tobias Daniels