Catherine Léglu / Rebecca Rist / Claire Taylor (eds.): The Cathars and the Albigensian Crusade. A Sourcebook, London / New York: Routledge 2014, XXII + 238 S., ISBN 978-1-408-25550-6, GBP 29,99
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Rebecca Rist: Popes and Jews, 1095-1291, Oxford: Oxford University Press 2016
Claire Taylor: Heresy, Crusade and Inquisition in Medieval Quercy, Woodbridge / Rochester, NY: Boydell & Brewer 2011
Claire Taylor: Poverty, Wealth, and Well-Being. Experiencing Penia in Democratic Athens, Second Impression, Oxford: Oxford University Press 2017
Quellen zum okzitanischen Katharismus und zu den Albigenserkreuzzügen stehen seit vielen Jahrzehnten im Fokus mediävistischer Forschungen. In den letzten Jahren hat das Interesse durch groß angelegte Editionsvorhaben zu den okzitanischen Inquisitionsregistern noch einmal spürbar zugenommen, so etwa durch die Edition der Tolosaner Register von 1273-1282 durch Peter Biller, Caterina Bruschi und Shelag Sneddon (Leiden 2011). Um solche Texte einem breiteren Publikum verständlich und verfügbar zu machen, liegen ebenfalls seit mehreren Jahrzehnten Quellenanthologien in englischer und französischer Sprache vor, am umfangreichsten die Sammlungen "Heresies of the Middle Ages" durch Walter L. Wakefield und Austin Evans (New York / London 1969) und "Heresy and Authority" durch Edward Peters (London 1980). An diesen für die akademische Lehre konzipierten Quellensammlungen muss sich auch das neue Sourcebook, herausgegeben von Catherine Léglu (Reading), Rebecca Rist (Reading) und Claire Taylor (Nottingham), messen lassen.
In vier Abteilungen werden die ausgewählten, teilweise gekürzten Texte in englischer Übersetzung ohne kritischen Apparat, jedoch mit einführenden Hinweisen angeordnet. Einer kurzen historiographischen Einführung sowie den Hinweisen zu Textauswahl, Übersetzungen und Quellengrundlagen folgen zunächst 21 Papstbriefe, die durch Rebecca Rist ausgewählt und übersetzt wurden. Die Herausgeberin ist durch mehrere Studien zur päpstlichen Politik im Umfeld der Albigenserkreuzzüge und Kreuzzüge ins Heilige Land hervorgetreten. Einen Schwerpunkt legt die Auswahl auf die frühe Phase des Kreuzzugsunternehmens gegen die Albigenser: Von den zehn Briefen Innozenz' III. (1198-1216) und den acht Briefen Honorius' III. (1216-1227) stehen bislang nur einzelne in Übersetzung und viele gänzlich ohne kritische Edition zur Verfügung. Problematisch erscheint die Begrenzung der Auswahl auf nur zwei Briefe Gregors IX. (1227-1241). Hier fehlen nicht nur der umfangreiche Bestand an Texten zur Beendigung der Albigenserkrise im Umfeld der Verträge von Meaux und Paris (1229), sondern auch die grundlegenden Bullen zur Einführung des Inquisitorenamtes, z.B. das Formular "Ille humani generis" aus den 1230er Jahren.
Von großem Nutzen für Forschung und Lehre dürfte die zweite Abteilung sein, für die Catherine Léglu verantwortlich zeichnet, eine der führenden Spezialistinnen für die Lyrik der Troubadours. Anders als in den angezeigten älteren Anthologien werden hier insgesamt 26 Dichtungen okzitanischer Troubadours präsentiert, die auf politische und religiöse Aspekte des Katharismus und des Kriegs gegen die päpstlichen Kreuzfahrer eingehen. Die kürzeren Lieder werden vollständig übersetzt, einige der längeren nur in Auszügen. Unbestritten liegt in der ausführlichen und breiten Einbeziehung dieses Genres die größte Neuerung der vorgelegten Textsammlung, da auch in der bisherigen Forschung oft nur die Hauptvertreter der politisch aktiven Troubadours, so etwa Peire Cardenal, Guilhem Figueira oder Folquet de Marseille, der spätere Bischof Fulko von Toulouse, wahrgenommen und bearbeitet werden. Für die Forschung und Studierende der Sprach- und Literaturwissenschaft hätte die Textpräsentation allerdings ungleich größeren Wert, wenn sie in diesem Falle zweisprachig erfolgt wäre.
Im dritten Teil widmet sich Claire Taylor, die nicht nur durch ihre jüngste Monographie zur Inquisition im mittelalterlichen Querzy (York / Woodbridge: York Medieval Press 2011) als hervorragende Kennerin der Materie ausgewiesen ist, den Inquisitionsregistern. Die schmale Begrenzung auf etwa 40 Seiten macht die Beschränkung auf einige repräsentative Beispiele, die allesamt aus der frühen Phase der 1240er Jahre gewählt werden, verständlich. Neben den Urteilen des Dominikanerinquisitors Pierre Seilan aus Cahors (1241/42) werden Zeugenaussagen aus Castelsarrasin vor dem Inquisitor Bernard de Caux (1243-45) sowie aus dem Umfeld der Eroberung der katharischen Festung Montségur (1244) präsentiert, die in kritischer Edition und französischer Übersetzung von Jean Duvernoy (Toulouse 1998) publiziert wurden.
Den Abschluss bilden erzählende Quellen zu den Albigenserkreuzzügen in kürzeren Auszügen, so der "Chanson de la Croisade albigeoise", der Chroniken Peters von Vaux-de-Cernay, Wilhelms von Puylaurens, Wilhems Pelhisson und eines etwas weniger bekannten literarischen Streitgesprächs zwischen einem Inquisitor und einem Katharer aus dem Umfeld der dominikanischen Inquisition. Da die ersten vier Texte bereits in vollständigen französischen und ausführlichen englischen Übersetzungen vorliegen, stellt sich hier allerdings die Frage, ob in dem offenbar angestrebten Rahmen eines schmalen und leicht verfügbaren Quellenbandes zu den Albigenserkreuzzügen und den Anfängen der Inquisition nicht eine Konzentration auf weniger bekannte und durch die genannten englischen Anthologien nicht erschlossene Texte sinnvoller gewesen wäre. Eine Literaturliste sowie Personen- und Ortsregister schließen den Band ab, wobei die vollständige Abwesenheit der durchaus zahlreichen deutschsprachigen Beiträge zur Forschung einmal mehr zu konstatieren ist.
Insgesamt ist der Nutzen des Quellenbandes für die akademische Lehre nicht zu bestreiten. Die Breite der Genres und Bedeutung der ausgewählten Texte lassen eine vertiefte wissenschaftliche Beschäftigung mit zentralen Aspekten des Albigenserkreuzzugs im Rahmen von Lehrveranstaltungen zu. Der Forschung dürfte vor allem der große Bestand an lyrischen und literarischen Texten neue Anstöße geben, der hier erstmals in längeren Texten und Textauszügen dargeboten wird. Für forscherliche Zwecke bleibt allerdings die teilweise etwas beliebig wirkende Textauswahl, so das Ungleichgewicht bei den präsentierten Urkunden Innozenz' III., Honorius' III., Gregors IX. und Innozenz' IV., sowie der Verzicht auf die originalsprachlichen Versionen ein kaum behebbares Problem.
Jörg Oberste