Franz M. Eybl (Hg.): Häuser und Allianzen. Houses and Alliances. Maisons et alliances (= Das Achtzehnte Jahrhundert und Österreich; Bd. 30), Bochum: Verlag Dr. Dieter Winkler 2016, 338 S., 16 Farb-, 9 s/w-Abb., ISBN 978-3-89911-254-2, EUR 59,15
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Der Titel eines thematischen Sammelbandes muss weit formuliert sein, um unterschiedliche Fragestellungen zuzulassen. Damit ist für den Leser und die Leserin der Einzelbeiträge eine gewisse Enttäuschung vorhersehbar. Das trifft auch für den Titel des Jahrbuchs der Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des Achtzehnten Jahrhunderts, "Häuser und Allianzen" zu. Von besonderen Ausgestaltungen der engen Verbindung zwischen Familien- und Außenpolitik erfährt man wenig, dafür einiges von Nebenumständen dieser Art politischer Verflechtung.
Im Mittelpunkt des Aufsatzes von Virginia Hagn steht die (angeblich "lesbische") Beziehung zwischen Isabella von Parma und Erzherzogin Marie Christine. Die Verfasserin versteht die Beziehung eher als Ausdruck des Freundschaftskults, bettet die Erörterung aber dennoch in die Forschungsdiskussion über frühneuzeitliche Sexualität ein. Elfriede Iby beschäftigt sich laut Titel ihres Aufsatzes mit der "Vermählung der Häuser Habsburg und Bourbon" (33), also einem klassischen Beispiel für dynastisch mitgeprägte Außenpolitik. Quellengrundlage sind aber nicht hauptsächlich Akten, sondern Darstellungen der Hochzeitsfeierlichkeiten im "Wienerischen Diarium" - das leider nicht seitengenau zitiert wird - und auf Gemälden, zu deren kritischer Bewertung jedenfalls Historiker keine Hinweise erhalten, weil die Darstellung sich stark an der zeremoniellen 'Außenseite' orientiert. Der Aufsatz von Rudolf Morawitz über Nicht-Österreicher (einschließlich der Deutschen) im Hofstaat des Fürsten Esterházy hat zweifellos mit der Politik eines fürstlichen Hauses zu tun, weniger allerdings mit seinen politischen Allianzen. Nach Andeutungen auf Seite 42 stellt der Aufsatz ein Forschungsprojekt vor, das sich mit den Rechnungsbüchern des Hauses beschäftigen soll; daher werden sie mit ausführlichen quellenkritischen Bemerkungen bedacht. Sie lassen offenbar auch Rückschlüsse auf die Architektur von Schloss und Garten zu. Als Beispiel für den Aussagewert der Quellen dokumentiert der Aufsatz die Ausgaben für die Gesandtschaft anlässlich der Kaiserkrönung 1764. Die Gesandtschaft sollte durch großzügige Repräsentation die Stellung der Familie im Hochadel zeigen. Thematisch zweifelsfrei einschlägig ist die (französischsprachige) Studie von David Pruonto über den Aufstieg einer Familie von Inhabern kleiner italienischer Reichslehen. Wie dabei sehr gut deutlich wird, waren diese Familien auf den kaiserlichen Rückhalt angewiesen, um ihren Aufstieg zuwege zu bringen, mussten zuweilen aber auch eine Art Schaukelpolitik betreiben.
Stefan Seitschek stellt in seinem Beitrag ein Dissertations- und zugleich Editionsprojekt vor, nämlich die Edition und Interpretation der Tagebücher Karls VI. im Hinblick auf die Verhandlungen über die Pragmatische Sanktion. Die Schwierigkeiten dieses Unternehmens von der kaiserlichen Handschrift über den Telegrammstil bis zur Enträtselung der Bezeichnungen für das Hof- und Gesandtschaftspersonal werden so deutlich, dass man nicht weiß, ob man den Doktoranden zu diesem Thema beglückwünschen oder bemitleiden soll. Ebenfalls einschlägig ist der Aufsatz von Renate Zedinger zu fehlgeschlagenen und gelungenen Versuchen der Lothringer Herzöge, ihre nachgeborenen Söhne in der Reichskirche unterzubringen. Auch dieses Haus brauchte für seine Familien- und Kirchenpolitik Habsburger Rückhalt, weshalb für diesen Aufsatz reichlich Akten des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs ausgewertet werden mussten.
Die Beiträge zum Thema des Bandes hinterlassen einen uneinheitlichen Gesamteindruck. Einige sind instruktiv und werden die Forschung weiterführen, andere hängen mit dem Thema nur lose zusammen.
Esther-Beate Körber