Gabriela Signori (Hg.): Das Jahrzeitbuch des Klosters Tänikon (ca. 1315 bis 1680) (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Bendediktinerordens und seiner Zweige; 52), St. Ottilien: EOS Verlag 2018, LIV + 173 S., eine Kt., eine Tbl., 8 Farbabb., ISBN 978-3-8306-7895-3, EUR 39,95
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Das Zisterzienserinnenkloster Tänikon, in der Mitte des 13. Jahrhunderts von den Herren von Bichelsee in der Nähe der Stadt Frauenfeld gegründet, konnte sich durch die Wirren der Reformation retten und erlebte unter der eidgenössischen Schirmherrschaft der katholischen Orte im 17./18. Jahrhundert eine neue Blüte. Sie endete 1848 mit der Aufhebung und Verstaatlichung aller Klöster des Kantons Thurgau. Das Archivgut und die Bibliothek des Klosters wurden an verschiedene Orte gebracht, ein kleiner Teil gelangte schließlich über Mönche der ebenfalls aufgehobenen Vaterabtei Wettingen im Kanton Aargau an das Zisterzienserkloster Mehrerau in Bregenz. Zu diesem Bestand gehört auch das Jahrzeitbuch von Tänikon (Klosterarchiv Mehrerau C 212a), das hier in einer vorzüglichen Edition erstmals vollständig erschlossen wird.
Die Pergamenthandschrift sticht nicht hervor durch ihre künstlerische Gestaltung. Sie ist auch nicht ganz vollständig und bricht unversehens im Jahre 1680 mit dem letzten Eintrag für die in diesem Jahr verstorbene Subpriorin von Tännikon ab. Insgesamt konnten die Herausgeber vom 14. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts zehn Schreiberhände identifizieren, acht weitere für die Nachträge aus der frühen Neuzeit. Interessant ist nun ein weiteres Ergebnis dieser paläographischen Untersuchung. So ermöglichte sie über einen relativ langen Zeitraum eine genaue Analyse des inhaltlichen Wandels, den ein solches Totenbuch durchlaufen konnte. Das gilt sowohl hinsichtlich der Ausgestaltung des klösterlichen Memorialwesens allgemein wie auch mit Blick auf die Innenstruktur des Konvents und die Außenbeziehungen des Klosters zu seinen Wohltätern.
Alle Ergebnisse sind in einer längeren Einleitung konzise zusammengefasst. Sie allein stellt einen weiteren Markstein in der Erforschung des mittelalterlichen und neuzeitlichen Jahrzeitwesens dar, dem sich Gabriela Signori bereits in anderen Publikationen zugewandt hat.
Die Edition selbst verfolgt das erklärte Ziel, den Text des Totenbuchs im Unterschied zu den beiden älteren Ausgaben aus dem 19. Jahrhundert von Joseph Schneller und Franz Ludwig Baumann möglichst originalgetreu wiederzugeben. Jedem Eintrag ist zudem ein umfangreicher Anmerkungsapparat mit allen verfügbaren Angaben zur Person und Familie der Verstorbenen beigegeben. Ursprünglich als Nekrolog angelegt, bei dem nur die Namen der Toten verzeichnet wurden, kamen im Lauf des 14. Jahrhunderts auch die Stiftungen hinzu, die von den Verstorbenen selbst oder ihren Angehörigen getätigt wurden, um das Gedächtnis am Jahrtag ihres Todes feierlich begehen zu können. Ihre Auswertung ergibt, dass das Kloster in seinen Außenbeziehungen beschränkt war auf den engeren Kreis lokaler Adliger und Familien des Bürgertums der umliegenden Städte. In der Neuzeit gewinnt dann der biographische Aspekt an Bedeutung, insofern das Gedächtnis der verstorbenen Mitschwestern in Form eines Nachrufs gepflegt wurde. Das Verhältnis zur Vaterabtei Wettingen, aus der die Beichtväter kamen, war relativ eng, gleichzeitig wurden auch Geistliche aus dem Pfarrklerus der Umgebung für die seelsorgerische Betreuung des Klosters eingesetzt.
Die schön gestaltete Edition wird ergänzt durch eine Bibliographie und ein ausführliches Orts- und Personenregister.
In der Neuzeit waren die Jahrzeitbücher häufig verbunden mit chronikalischen Notizen zur Geschichte des Klosters. Eine solche Chronik wurde in Tänikon 1706 von der Äbtissin Maria Elisabeth Dietrich (1687-1707) verfasst. Das Original befindet sich heute ebenfalls in Mehrerau (Codex C 9). Es bleibt zu wünschen, dass diesem späten Zeugnis klösterlichen Gedenkens im Rahmen der Mittel des an der Universität Konstanz eingerichteten Exzellensclusters eine ebenso sorgfältige Herausgabe gewidmet werden kann, wie dies mit der vorliegenden Edition des Jahrzeitbuches der Fall war.
Martina Wehrli-Johns