Sven Externbrink / Charles-Édouard Levillain: Penser l'apres Louis XIV. Histoire, mémoire, représentation (1715-2015) (= Les Dix-Huitièmes Siècles; 203), Paris: Editions Honoré Champion 2018, 322 S., ISBN 978-2-7453-4806-7, EUR 48,00
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Guido Hinterkeuser: Das Berliner Schloss. Die erhaltene Innenausstattung und ihre Geschichte, Regensburg: Schnell & Steiner 2023
Michael Kempe: Fluch der Weltmeere. Piraterie, Völkerrecht und internationale Beziehungen 1500-1900, Frankfurt/M.: Campus 2010
Andrew L. Thomas: A House Divided. Wittelsbach Confessional Court Cultures in the Holy Roman Empire, c. 1550-1650, Leiden / Boston: Brill 2010
Sven Externbrink: Friedrich der Große, Maria Theresia und das Alte Reich. Deutschlandbild und Diplomatie im Siebenjährigen Krieg, Berlin: Akademie Verlag 2006
Olaf Asbach / Sven Externbrink / Klaus Malettke (Hgg.): Altes Reich, Frankreich und Europa. Politische, philosophische und historische Aspekte des französischen Deutschlandbildes im 17. und 18. Jahrhundert, Berlin: Duncker & Humblot 2001
Sven Externbrink (Hg.): Der Siebenjährige Krieg (1756-1763). Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin: Akademie Verlag 2011
"Und danach?" - So banal diese Frage in der flapsig-verkürzten Form auch klingen mag, so sehr stellt sie doch eine der grundlegend konstituierenden Fragen der Geschichtswissenschaft dar. Das "danach" umschließt die Gesamtheit der Posterität, also von Hinterlassenschaft und unmittelbarer Wirkungsgeschichte bis hin zu jenem weiten Feld der Rezeptionsgeschichte und der Memorialkultur, der Erinnerung(sorte) und Referenzen.
In Bezug auf spezifische historische Phänomene, seien es Menschen oder Prozesse, Ereignisse oder anderweitige chronologisch eindeutig festlegbare Bezüge, bildet das "danach" daher das Standardparameter jeder Einordnung und Bewertung, wobei der Schwerpunkt der Herangehensweise nach den vorstehend genannten Kriterien differieren kann: so mag die direkte Anschlussgeschichte, oder aber die epochal übergreifende Betrachtung im Mittelpunkt stehen. Konkret etwa auf historische Persönlichkeiten angewandt, bedeutet dies also, unter anderem, sowohl die unmittelbar auf das Ableben einsetzenden Prozesse, wie auch Rezeption und Bedeutung der Person für die Folgezeit zu betrachten. Bei herausragenden Charakteren kann beides zu weitgreifenden Untersuchungen führen, so etwa von der komparativen Analyse der Unmöglichkeit, deren Erbe adäquat fortzuführen (also etwa als Fürst und/oder Regent einem Augustus, Friedrich II. oder Pius XII. nachzufolgen, oder aber nach Washington, Disraeli oder Adenauer Politik zu bestimmen), über allgemeine Probleme der Nachfolgezeit überhaupt bis hin zur umfassenden Aufarbeitung des Nachlebens in Geistes-, Kultur- und Biografiegeschichte.
Diesem letzteren Ansatz verpflichtet bleibt der hier anzuzeigende Sammelband, welcher sich in umfassender, wenngleich zwingend in selektiver Weise mit dem posthumen Schicksal Ludwigs XIV. befasst. Das dabei entworfene, hier aus Platzgründen nicht detailliert wiederzugebende Panorama [1] deckt nahezu alle im Vorstehenden angeführten Zugänge ab. Es erstreckt sich von der Zeit des 18. Jahrhunderts, also dem écho immédiat eines Voltaire, Montesquieu oder Saint-Simon, aber auch der urbanistischen Folgen im Pariser Städtebau, und des für die Historiografie fundamentalen 19. Jahrhunderts (vom Freiherrn von Stein zu Second Empire, Louis Blanc und Ernest Lavisse) bis hin zu epochal-übergreifenden, meist geografisch bestimmten Untersuchungen nationaler Wahrnehmungen. Das Niveau der Darstellung ist durchgehend hoch und wenn auch nicht immer sensationell Neues erörtert wird, so ist der spezifische Blickwinkel gerade im Kontext des chrono- wie topografischen Vergleichs durchgehend erhellend und aufschlussreich - Erweis der Kompetenz namhafter und thematisch qualifizierter Autoren.
Natürlich mag der eine oder andere Leser den einen oder anderen Punkt vermissen, doch darin besteht das Wesen eines Sammelbandes, welche normalerweise und so auch im vorliegenden Falle den Ertrag eines Kolloquiums (hier der 300. Todestag des Königs am 1. September 1715/2015) vorstellt.
Diese gewohnten Wege verlässt unsere Publikation jedoch erfrischend gegen Ende in den sehr konkret gehaltenen Kapiteln über den praktisch-historiografischen Umgang mit Louis XIV, dies sowohl hinsichtlich Ausstellungen wie Biografik. Hier gelangen wir in das Herz der Memorialkultur und damit zur resümierenden Summe dessen, was auf den vorangehenden Seiten in Einzelaspekten vorgetragen wurde.
Im Ganzen erweist sich der Band somit als lesenswerte Mischung von Klassischem und Innovativem, von theoretica und practica. Wer mit der Materie, sowohl generell der Memorial- und Rezeptionsgeschichte, wie auch speziell der Person Louis XIV, in welcher Form auch immer verbunden, befasst oder daran auch nur interessiert ist, wird aus der Lektüre eine nicht unwesentliche Erkenntnis gewinnen.
Anmerkung:
[1] Das umfangreiche, detaillierte Inhaltsverzeichnis findet sich online unter: https://www.honorechampion.com/fr/index.php?controller=attachment&id_attachment=1647 (25 Nov. 2019).
Josef Johannes Schmid