Kai Brodersen: Dacia felix. Das römische Rumänien im Brennpunkt der Kulturen, Mainz: Philipp von Zabern 2020, 240 S., 21 Farbabb., ISBN 978-3-8053-5059-4, EUR 31,99
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Der vorliegende Band ist aus dem Wunsch eines anerkannten Althistorikers entstanden, einen von ihm hochgeschätzten geographischen und kulturellen Raum in weiteren Kreisen bekannt zu machen, wofür ich ihm, als Rumäne, dankbar bin. Damit besteht die Aufgabe eines Rezensenten darin, das Gleichgewicht zwischen Vereinfachung und Popularisierung einerseits und wissenschaftlicher Genauigkeit andererseits, zu prüfen.
Ein erster Abschnitt des Buches bringt einführende Erläuterungen zur Geographie Dakiens, zu den historischen Quellen über die antike Geschichte des Raumes, zur engen Verbindung der dakischen und der römischen Geschichte, zur Entwicklung des rumänischen Volkes bis in das 20. Jahrhundert und schließlich zur Verbindung zwischen dem historischen Erbe und der Gegenwart (7-38). Was den letzten Aspekt betrifft, zeigt der Autor viel Verständnis. In dieser Hinsicht waren die Rumänen keine Ausnahme, und in schwierigen Zeiten bildete gerade dieses Erbe ein Argument für die soziale und politische Gleichberechtigung und für das nationale Werden.
Mit Recht betrachtet der Autor die Lehmtäfelchen von Tărtăria mit der sogenannten ersten europäischen Schrift und die Bleitäfelchen von Sinaia mit sinnlosen Kombinationen von Bildern und Schrift, die von den Protochronisten immer wieder angeführt werden, als moderne Fälschungen (18f.). Mit der Art, in welcher die historischen (archäologischen, epigraphischen, numismatischen und literarischen) Zeugnisse für ein großes Publikum dargestellt wurden, kann man durchaus einverstanden sein.
Die drei Hauptsektionen des Buches bestehen aus der Vorgeschichte und der Geschichte des freien Dakiens (39-111), den Eroberungskriegen Trajans (112-161) und der römischen Provinz Dakien (162-203). Dabei werden aufschlussreiche Abschnitte aus griechischen und lateinischen Autoren in deutscher Übersetzung vorgelegt und kommentiert, wobei kontinuierlich auf den Zusammenhang zwischen dem Norddonauraum und der klassischen Welt hervorgehoben wird.
Laut Strabo war die Sprache der Daker mit der der Geten identisch, ebenso mit der der Thraker, während laut Plinius d. Ä. die Geten von den Römern Daker genannt wurden (40-41, 69). Konkret heißt das, dass die Bevölkerung in Siebenbürgen, im Banat und in Oltenien als Daci und an der unteren Donau als Getae bekannt waren; im zweiten Fall geht es um die alte Bevölkerung und nicht um die Teile, die später von den Römern hierher verlegt wurden. Damit die Bräuche und die Kulte der Geten anschaulicher werden, zitiert Brodersen reichlich Herodot und Strabon (47-50). Anhand der literarischen Quellen verzeichnet der Autor alle Ereignisse, während deren die Bevölkerung nördlich der Donau mit der klassischen Welt in Berührung kam: die griechische Kolonisation der Schwarzmeerküste (42-45), den Zug des persischen Königs Dareios gegen die Skythen (45-47), die Auseinandersetzung des makedonischen Königs Philipp II. mit Atheas (51-53), den Zug Alexanders des Großen, der ihn in die Regionen nördlich der Donau führte (53-56) und die moralisierende Episode in der Lysimachos und Dromichaites auftreten (56-59).
Im Anschluss zu den Beziehungen Dakiens zu Rom bringt der Autor die fiktiven dakischen Königslisten des Iordanes ins Gespräch, die weder von anderen Quellen noch von zahlreichen modernen Kommentaren völlig geklärt werden konnten und weist demgegenüber die nötige Vorsicht auf (60-64).
Die Herrschaft von Burebista, die von weltgeschichtlicher Bedeutung war, wird anhand von literarischen Zeugnissen von Strabon und Iordanes und von Inschriften wie jener von Aristagoras aus Histrien und von Akornion aus Dionysopolis behandelt (70-81). Völlig einverstanden darf man mit der Kritik des Autors an der kommunistischen Propaganda sein, wonach das von Burebista beherrschte politische Gebilde ein zentralisierter Staat gewesen wäre (95); wir glaubten ebenso wenig daran.
In der Folge sind keine zusammenhängenden Ereignisse mehr bekannt: der Zug des Crassus, während dessen lokale Anführer wie Roles, Dapyx und Zyraxes erscheinen (82-86), die Expeditionen von M. Vinicius, Cn. Cornelius Lentulus (86-90), Sex. Aelius Catus, Ti. Plautius Silvanus Aelianus und der Transfer zahlreicher Transdanubianer auf das südliche Donauufer unter den zwei letzten Heerführern (89-93). Im Zusammenhang mit den Ereignissen unter Augustus wird die Frage über die mögliche Identifizierung des Königs Cotiso oder Comosicus mit Koson erörtert (88). Während der gesamten Periode soll gegenüber den Dakern das Prinzip "das Reich in den Grenzen halten" gegolten haben (90-98).
Der Autor bringt auch den langdebattierten Stempel Decebalus per Scorillo von Sarmizegetusa Regia (Grădiştea Muncelului) ins Gespräch (95). Dass es hier nicht unbedingt um zwei dakische Könige geht, dagegen kann man nichts einwenden. Dann aber erscheinen Meinungsverschiedenheiten: Einige wie C. Daicoviciu sehen darin eine dakische Inschrift, andere, wie I. I. Russu oder D. Protase, eine römische. Der Autor stimmt der Meinung der Letzteren zu.
Die Endphase des Konfliktes zwischen den zwei Mächten setzte unter Domitians Herrschaft ein. Anhand der Trümmer der diesbezüglichen literarischen Quellen und einiger Inschriften verfolgt der Autor die wichtigsten Ereignisse des dakischen Krieges Domitians und dessen Folgen (96-107).
Die große Stunde für Dakien innerhalb der römischen Zivilisation schlug bei Trajans Herrschaftsantritt. Der Verlauf der Ereignisse wird wiederum ganz schlicht anhand der literarischen und epigraphischen Quellen, ohne weitführende Kommentierung, dargestellt. Was den Wert der Trajansäule betrifft, bemerkt der Autor (159), dass "die Standardisierung der Darstellungen den in der älteren Forschung gelegentlich unternommenen Versuch verbietet, konkrete landschaftliche oder bauliche Gegebenheiten im Karpatenbogen als Bildvorlagen zu identifizieren", womit man einverstanden sein darf. Einige Konsequenzen des ersten dakischen Krieges werden nicht erwähnt. Was wir, zum Beispiel, zu wissen glauben, ist, dass infolge des ersten Krieges das ganze Banat, die Walachei und Oltenien unter römische Autorität traten, denn sonst hätte man die Brücke bei Drobeta kaum bauen können.
Mit Recht bemerkt der Autor, dass Eutrop 8, 6, 2 (Dacia enim diuturno bello Decibali viris fuerat exhausta) keineswegs als eine Entvölkerung des Karpatenbogens zu verstehen ist. Archäologische und onomastische Forschungen haben bewiesen, dass nicht die gesamte dakische Bevölkerung ausgerottet wurde. Die Daker wurden aus dem künftigen Territorium der colonia Sarmizegetusa und aus heiklen Limesbereichen entfernt. Ganz verschwunden war aber die hohe Aristokratie, die zugleich die Priesterschicht bildete, so dass römische Gemeinden auf einheimischer Grundlage nicht mehr gegründet werden konnten. Statt dessen griffen die Römer auf eine intensive Kolonisierung zurück, was von Eutrop (a a.O.) buchstäblich ausgesagt und von allen archäologischen und epigraphischen Funden bestätigt wurde. Was diese infinitae copiae hominum nach Dakien angezogen haben soll, wird vom Autor ganz gründlich im Kapitel "Gold, Salz und Liebe" (174-179) veranschaulicht.
Einer der Vorzüge der Kapitel über die Provinz Dakien ist die Einflechtung ihrer Geschichte mit der allgemeinen römischen Geschichte. Über die Organisation und die zwei Umorganisationen der Provinz gibt der Autor dürftige und manchmal ungenaue Angaben. S. 173 schreibt er von der "Verlegung des Hauptlagers der Truppen von Ulpia Traiana Sarmizegetusa nach Apulum", was falsch ist.
Der Autor schenkt den markomannischen Kriegen, unter denen Dakien viel zu leiden hatte, viel Aufmerksamkeit (181-188). Trotz der Zerstörungen folgte unter den Severern für Dakien eine Zeit der Blüte (188-192). Seit der Herrschaft des Philippus Arabs geht alles bergab, und dies trotz eines heldenhaften Widerstandes. Das Ende Dakiens sieht der Autor darin, dass Gallienus beide Legionen Dakiens nach Poetovio abgezogen haben soll (196), was man bezweifeln darf. Es geht bestimmt nur um Vexillationen. Die amissio Daciae unter Gallienus, wie es bei einigen Autoren steht, ein Begriff mit dem der Autor sich nicht auseinandersetzt, versuchte ich neulich durch einen verheerenden Gotenangriff auf Dakien im Jahre 262 zu erklären. Aurelian tat 271 nichts anderes, als die zerstörte Provinz aufzugeben. Über das Schicksal der römischen Bevölkerung der Provinz, das heißt über die viel debattierte Kontinuitätsfrage, verliert der Autor nicht viele Worte (201-203). Dass aber, was er S. 203 nahelegt, nämlich dass ohne die außerordentlich massive Kolonisierung Dakiens unter Trajan, die östliche Latinität kaum eine Überlebensaussicht gehabt hätte, scheint mir ganz richtig zu sein.
Die Anhänge enthalten kurze Beschreibungen von zehn antiken Stätten in Rumänien, eine Quellenliste, eine allgemeine Bibliographie, ein Register und 20 Farbabbildungen.
Man hat manchmal das Bedürfnis, mehr über Dakien zu erfahren: Einzelheiten über die einmaligen Heiligtümer von Sarmizegetusa Regia; die goldenen dakischen Armbänder, die seit 20 Jahren großes Aufsehen erregen; die neuesten Ausgrabungen in der colonia Sarmizegetusa; die außerordentlich große Siedlung bei Apulum, die sich aus einem Legionslager, den zugehörigen Canabae und zwei Städten (colonia Aurelia und municipium Septimium), die gleichzeitig bestanden, zusammensetzt; die verschiedenartige Herkunft der zahlreichen Truppen und ihre Kastelle; das einmalige Mosaik der Religionen; die schönen, in einem gepflegten Latein konzipierten Inschriften. Man muss aber auch verstehen, dass jede Auswahl auch einen Verzicht bedeutet. Kai Brodersen hat den Plan nach seinem eigenen Ermessen entworfen und daraus ist ein Buch entstanden, das man mit Vergnügen liest und aus dem man einen schönen Gewinn erlangt. Dafür soll man ihm dankbar sein.
Ioan Piso