Monique Chatenet / Murielle Gaude-Ferragu / Gérard Sabatier (eds.): Princely Funerals in Europe 1400-1700. Commemoration, Diplomacy, and Political Propaganda (= European Festival Studies: 1450-1700), Turnhout: Brepols 2021, 365 S., zahlr. Abb., ISBN 978-2-503-58743-1, EUR 90,00
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Eva-Maria Dickhaut (Hg.): Leichenpredigten als Medien der Erinnerungskultur im europäischen Kontext, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2015
Winfried Romberg (Bearb.): Die Würzburger Bischöfe von 1684 bis 1746, Berlin: De Gruyter 2014
Peter Walter / Wolfgang Weiß / Markus Wriedt (Hgg.): Ideal und Praxis. Bischöfe und Bischofsamt im Heiligen Römischen Reich 1570-1620, Münster: Aschendorff 2020
Monique Chatenet / Alexandre Gady (éds.): Toits d'Europe. Formes, Structures, Décors et Usages du toit à l'Époque moderne (XVe-XVIIe siècle), Paris: Picard 2016
Konrad Ottenheym / Monique Chatenet / Krista De Jonge (eds.): Public Buildings in Early Modern Europe, Turnhout: Brepols 2010
Murielle Gaude-Ferragu / Bruno Laurioux / Jacques Paviot: La Cour du Prince. Cour de France, cours d'Europe, XIIe - XVe siècle, Paris: Editions Honoré Champion 2011
Dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Tod eines Herrschers kein Tummelplatz morbid angehauchter Forschungen ist, sondern dass gerade in dieser Thematik unterschiedliche Fragestellungen nach Zeremoniell, politischer Normbildung und Memorial- sowie Erinnerungspolitik gebündelt werden können, hat die kulturhistorisch ausgerichtete Forschung der letzten Jahre eindrucksvoll unter Beweis gestellt. [1] Eben diesem kulturhistorischen Ansatz verpflichtet sich auch der vorliegende Sammelband, der aus 16 Aufsätzen besteht und der sich dem Untertitel zufolge unter den Schlagworten "Commemoration, Diplomacy and Political Propaganda" dem fürstlichen Begräbniskult in Europa vom 15. bis zum 17. Jahrhundert nähern möchte.
Der Blick in das Inhaltsverzeichnis wirft jedoch Fragen auf. So ist der Sammelband strikt chronologisch untergliedert; die Beiträge verteilen sich auf drei Kapitel, die jeweils ein Jahrhundert in den Blick nehmen. Diese Struktur überzeugt nicht, vielmehr hätte eine andere Gliederung, etwa nach Territorien oder auch nach thematischen Gesichtspunkten, dazu geführt, übergeordnete Entwicklungen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Sepulkral- und Trauerzeremonien deutlicher hervortreten lassen. So stehen die einzelnen Beiträge eher separat nebeneinander. Hinzu kommt ein Zweites: Obschon der Sammelband den Anspruch erhebt, den fürstlichen Begräbniskult in Europa in den Blick zu nehmen, liegt der Schwerpunkt eindeutig auf den Staaten der italienischen Halbinsel und vor allem auf Frankreich. Andere Regionen stehen weit weniger im Fokus. Dies hat zur Folge, dass die Funeralien der französischen Könige in den Beiträgen von Murielle Gaude-Ferragu (57-72), Monique Chatenet (185-209) und Gérard Sabatier (249-272) intensiv und über Jahrhundertgrenzen hinweg analysiert werden, während die Betrachtungen der Ereignisse in anderen Regionen nur Momentaufnahmen bleiben. So werden etwa die Funeralien der englischen Könige nur für das 15. Jahrhundert beleuchtet, das spanische Trauerzeremoniell wird allein am Beispiel Philipps IV. dargestellt und die sich an den Tod eines Kaisers anschließenden Trauerfeierlichkeiten werden - neben den kursorischen Ausführungen Mikhail Boytsovs zum Ableben Friedrichs III. († 1493) - vor allem anhand der Ereignisse des Jahres 1558 diskutiert. Gerade weil jedoch Karl V. nicht als regierender Kaiser, sondern nach der Abdikation seiner Ämter zurückgezogen in der Extramadura verstarb, können seine Exequien keinesfalls als prototypisch für die kaiserlichen Trauerfeierlichkeiten des 16. und 17. Jahrhunderts gelten; das sich am Wiener Hof entfaltende kaiserliche Trauerzeremoniell bleibt im Sammelband somit unberücksichtigt. Die angeführte geographische Schwerpunktsetzung hat weiterhin zur Folge, dass fast ausschließlich der Begräbniskult katholischer Dynastien in den Fokus gerät. Gerade eine stärkere konfessionsübergreifende Betrachtung des Themas hätte jedoch dazu geführt, Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Spezifika - insbesondere auch hinsichtlich der gottesdienstlichen Feiern - hervortreten zu lassen.
Dennoch: Ungeachtet dieser Betrachtungen zur Konzeption des Sammelbandes bieten die einzelnen Beiträge mitunter interessante, multiperspektivische und detaillierte Einblicke in den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Funeralkult. Giovanni Ricci beschäftigt sich etwa in Anlehnung an die Thesen Ernst Kantorowicz' und Ralph Gieseys mit den "Double Funerals and Funeral Effigies in Italien States". (209-222) Ricci blickt in diesem Zusammenhang auf den Funeralkult in Venedig, Florenz, Mailand und Mantua und kann dabei hinsichtlich der Verwendung der Effigien durchaus Unterschiede herausarbeiten. Zudem verweist er auch auf die kunsthistorische Bedeutung dieser Bildnisse: "In the transition between Middle and Modern Ages, the funeray effigies of princes denote a first attempt to portray likeness". (213) Den Blick auf den Sepulkralkult in den Territorien des Reiches lenken Mikhail Boytsov und Naïma Ghermani. Während Boytsov dem Leser eine tour d'horizon über "Death and Funerals of German Emperors, Kings, and Princes in the Fifteenth Century" (107-122) bietet, thematisiert Ghermani das Begräbnis des hessischen Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel († 1632, reg. 1592-1627). Ghermani kommt hierbei zu dem Schluss, dass das Begräbnis des 1605 zum Calvinismus konvertierten Landgrafen "closely followed the model of the funerals of Lutheran princes". (319)
Während im Sammelband ansonsten die Funeralien von Fürsten und Königen in den Blick genommen werden, thematisiert Birgitte Bøggild Johannsen erfreulicherweise die Begräbnisfeierlichkeiten einer Königinwitwe; die Autorin widmet sich ausführlich den Trauerfeierlichkeiten für Sophie Amalie von Braunschweig-Lüneburg († 1685), die als Ehefrau Frederiks III. zwischen 1643 und 1670 als Königin von Dänemark und Norwegen amtierte. Dabei vermag es Johannsen, ein Spannungsverhältnis zwischen der geringen realen politischen Macht der Königin und ihrer Darstellung im pompe funèbre herauszuarbeiten: "Indeed, the pompe funèbre of 1685 should [...] literally constitute Queen Sophie Amalie's finest moment". (340) Die Beiträge von Ghermani und Johannsen stellen mit ihrem Fokus auf den protestantischen Funeralkult eine Ausnahme im Sammelband dar, widmen sich doch die anderen Beiträge - wie bereits angesprochen - der Praxis im katholischen Bereich.
Die einzelnen Beiträge sind jeweils reich bebildert, insgesamt 81 Abbildungen weist der Sammelband auf. Abgerundet wird die Publikation durch ein Orts- bzw. Personenregister. Insgesamt bleibt allerdings ein ambivalenter Eindruck zurück. Wer auf der Suche nach einer Publikation ist, die den fürstlichen Funeralkult in Europa vergleichend, vor allem jedoch regions- und konfessionsübergreifend in den Blick nimmt, wird im vorliegenden Sammelband nicht fündig werden. Gerade auch hinsichtlich der Begräbnis- und Erinnerungskultur im Alten Reich liefert der Band kaum neue Erkenntnisse. Wer sich jedoch insbesondere für die Funeralkultur in Frankreich oder auf der italienischen Halbinsel interessiert, der findet hier durchaus einige Anknüpfungspunkte.
Anmerkung:
[1] Vgl. hierzu Christoph Kampmann: Vorwort, in: Der Tod des Herrschers. Aspekte der zeremoniellen und literarischen Verarbeitung des Todes politischer Führungsfiguren, hgg. von Christoph Kampmann / Martin Papenheim, Marburg 2009, 3-6. Online unter: http://archiv.ub.uni-marburg.de/es/2009/0009/pdf/kpht.pdf; sowie Martin Papenheim: Der Tod des Herrschers in der politischen Kultur Alteuropas: einige Überlegungen, in: ebd., 7-14.
Jan Turinski