Frank Schauff: Der Spanische Bürgerkrieg, Stuttgart: UTB 2006, 208 S., 5 Karten, ISBN 978-3-8252-2790-6, EUR 14,90
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Der in Berlin lebende Osteuropa-Historiker Frank Schauff, dessen Dissertation unlängst vor allem die innersowjetische Perspektive der Moskauer Führung auf den Konflikt in Spanien beleuchtete, will nun mit einer kurz gefassten Arbeit über den Spanischen Bürgerkrieg dem Leser einen "Kompass" bieten. Dazu enthält der Anhang Karten, Personenregister, eine Zeittafel (1936-1939) und eine kommentierte Auswahlbibliografie.
Schauff beginnt seine Darstellung mit einem ausführlichen Kapitel - etwa ein Drittel des Buchs - über die weit zurückreichenden strukturellen Probleme des Landes: "Spanien betrat die Bühne des 20. Jahrhunderts als eine heruntergekommene Weltmacht, die ihre koloniale Stellung verloren und ihre inneren Probleme nicht in den Griff bekommen hatte." (13) Zu deren Merkmalen gehörten Reformunfähigkeit der Eliten, ungleiche Verteilung von Land und die damit verbundene tiefe Kluft zwischen Arm und Reich. Noch zu Anfang der Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts konnte ein Drittel der Bevölkerung weder lesen noch schreiben, "mehr als die Hälfte der Kinder hatte keinen Zugang zu Schulbildung"(24), berichtet Schauff in seinem leider anmerkungsfreien Werk. Angesichts derart drängender Fragen standen die modernisierungswilligen politischen Parteien in der Zweiten Republik vor grundlegenden Herausforderungen. Hinzu kamen die wachsende Polarisierung zwischen Links und Rechts, der damit einhergehende Bedeutungsverlust der politischen Mitte und die anhaltende Rivalität zwischen Anarchisten und Sozialisten. Systematisch beschreibt Schauff die politischen Kräfteverhältnisse in einem tief gespaltenen Land, in dem das Pendel bei Parlamentswahlen mal nach links, mal nach rechts ausschlug. So diskutiert er das politische Scheitern der gegen die Republik gerichteten Politik der konservativ-autoritären Kräfte, die Richtungskämpfe innerhalb der Sozialistischen Partei und den vom Militär im Oktober 1934 blutig beendeten Bergarbeiteraufstand in Asturien. Demgegenüber wird der Konflikt zwischen Zentralismus und baskischem bzw. katalanischem Regionalismus weitestgehend vernachlässigt.
Der zweite Teil geht zunächst auf die Aufstandsvorbereitungen der militärischen Verschwörer ein. Schauff macht deutlich, dass die Generäle einer Denktradition verhaftet waren, die das Primat der Politik nicht akzeptierte. So seien die Vorsitzenden der rechtsgerichteten Parteien zwar über die seit Oktober 1934 laufenden "Planungen der Putschisten informiert", aber "nicht daran beteiligt" (67) gewesen. Das Militär handelte eigenständig, es war kein Instrument der Politik. Dem militärischen Verlauf des Krieges widmet der Autor immerhin rund dreißig Seiten; eine stärkere Strukturierung der einzelnen Phasen würde dem Leser allerdings den Überblick erleichtern. Allzu häufig betont Schauff den Wert der Disziplin für den zunehmenden Erfolg der aufständischen Truppen (101), ohne dabei auf den qualitativen wie quantitativen Unterschied in der Bewaffnung der beiden Lager zu verweisen.
Erhellend ist der Einblick in die jeweilige Entwicklung der beiden Bürgerkriegszonen. Gerade die Ausführungen über den anhaltenden politisch-ideologischen Streit im Lager der Republik, der schließlich im Mai 1937 zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in Barcelona zwischen Anarchisten und Kommunisten führte, gehören zweifellos zu den stärksten Kapiteln des Buches. Etwas knapp fällt dagegen die Darstellung des "nationalen Lagers" aus. Den Aufstieg des vor dem versuchten Staatsstreich noch zaudernden Generalstabschefs Franco - zunächst ja nur einer von mehreren aufständischen Generälen - zum unangefochtenen "Caudillo" erklärt Schauff durch "strukturelle Faktoren" wie auch "historische Zufälle"(137). Dazu gehörten einerseits seine Bekanntheit über Spanien hinaus; so verbanden etwa Deutschland und Italien ihre Waffenhilfe direkt mit der Person Franco. Andererseits half ihm der Tod potenzieller politischer Konkurrenten wie General José Sanjurjo oder des Falange-Führers José Antonio Primo de Rivera. Die für die propagandistische Außenwirkung des "nationalen Lagers" so bedeutsame Unterstützung der katholischen Kirche klingt zwar durch den von Schauff erwähnten Brief des Bischofs von Salamanca an. Dieser hatte Ende September 1936 den Aufstand als "Kreuzzug" (141) gerechtfertigt. Ansonsten werden aber die politischen Auswirkungen einer solchen Parteinahme insbesondere auf das Ausland - erinnert sei hier nur an das Schreiben der spanischen Bischöfe an die Welt vom Juli 1937 - wie auch die religiöse Dimension insgesamt nur unzureichend in den Blick genommen. Ausführlicher wird hingegen die Internationalisierung des Krieges beleuchtet. Ins Auge fällt die relativ positive Deutung der Rolle der Sowjetunion - die als einziger Staat der Republik substanzielle Militärhilfe leistete - und der Komintern. Unerklärt bleibt, weshalb die auf Druck der Basis entstandenen Internationalen Brigaden im Oktober 1938 aufgelöst wurden. Schließlich verband Ministerpräsident Juan Negrín mit dieser Geste die Hoffnung, die westlichen Demokratien noch als Bündnispartner für die Republik gewinnen zu können. Doch sie gaben ihre Appeasement-Haltung nicht auf und verharrten in einer Nichteinmischungspolitik. Insofern erscheint Schauffs Fazit unverständlich: Die Republik sei "gescheitert, doch nicht militärisch von Franco besiegt worden. Sie brach aufgrund ihrer inneren Fragmentierung zusammen." (175) Wenn auch die ideologischen Differenzen und der Streit im republikanischen Lager die Niederlage sicherlich begünstigt haben, entscheidend waren die ausbleibende Hilfe der westlichen Mächte und die massive militärische Unterstützung, die Franco von Hitler und Mussolini erhielt.
Über weite Strecken hinweg informiert Schauff zuverlässig über Ursachen und Facetten des Spanischen Bürgerkriegs. Die eine oder andere ungelenke oder unangemessene Formulierung wie etwa: "Manch einer endete in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern" (177), die der Verfasser beispielsweise im Hinblick auf das Schicksal spanischer NS-Verfolgter trifft, hätte vermieden werden können. Dies gilt ebenso für einige sachliche Fehler. So begann die arabische Herrschaft über Spanien nicht im 7. sondern im 8. Jahrhundert (11); Alfons XIII. dankte nicht ab, er verließ Spanien 1931, ohne auf seine Rechte zu verzichten (13); die Diktatur Primo de Riveras endete schon 1930, nicht 1931 (19); dem Nichteinmischungsausschuss gehörten nicht 29, sondern 27 Länder an (169). Der insgesamt positive Gesamteindruck der knappen Überblicksdarstellung wird dadurch ein wenig geschmälert.
Walter Lehmann