Rezension über:

Jörg Jewanski / Natalie Sidler (Hgg.): Farbe - Licht - Musik. Synästhesie und Farblichtmusik (= Zürcher Musikstudien; Bd. 5), Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2006, 527 S., ISBN 978-3-03910-636-3, EUR 76,60
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Rezension von:
Dieter Gutknecht
Musikwissenschaftliches Institut, Universität zu Köln
Redaktionelle Betreuung:
Stefanie Lieb
Empfohlene Zitierweise:
Dieter Gutknecht: Rezension von: Jörg Jewanski / Natalie Sidler (Hgg.): Farbe - Licht - Musik. Synästhesie und Farblichtmusik, Frankfurt a.M. [u.a.]: Peter Lang 2006, in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 9 [15.09.2008], URL: https://www.sehepunkte.de
/2008/09/12652.html


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Jörg Jewanski / Natalie Sidler (Hgg.): Farbe - Licht - Musik

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Der vorliegende Band ist zunächst Resultat eines internationalen Symposions zum Thema "Farbe - Bild - Klang", das 2002 von Natalia Sidler in Zürich veranstaltet wurde. Darüber hinaus entpuppt es sich als breit gefächertes Sammelwerk zum Thema "Synästhesie" schlechthin, ein Thema, das nicht nur wissenschaftlich abgehandelt wird, sondern durch zahlreiche Statements persönlicher Erfahrungen von Probanden zu einer durchaus subjektiven psychologischen Sammlung zum Phänomen "synästhetische Fähigkeit" geriert. Synästhesie wird hier u.a. als Fähigkeit von Menschen verstanden, beim Klang von Musik, aber auch beim Nennen von Zahlen und Buchstaben, Farben zu sehen und zwar immer dieselbe bei denselben Instrumenten/Klängen, Zahlen oder Buchstaben. Diese beiden Arten werden als sensorische und kognitive Synästhesie verstanden, also die gleichzeitige Zuschaltung eines zweiten Sinnes bei der Wahrnehmung eines auditiven oder visuellen Phänomens.

Einen breiten Raum nimmt die Darstellung der Farblichtmusik von Alexander László ein, der in den 1920er Jahren Versuche unternahm, Klaviermusik und die Gleichzeitigkeit von Farb- oder Bildeindrücken zu kombinieren. Des Weiteren stellt Jörg Jewanski in einem geschichtlichen Überblick die Berührungspunkte von "Farbe - Ton - Beziehung" bis zur Farblichtmusik zusammen, wobei es natürlich nicht um "Synästhesie", vielleicht höchstens um "Sympathie"-Phänomene oder "Phonoptik" geht, wie es beim "Clavecin oculaire" des Louis Bertrand Castel im 18. Jahrhundert, bei Alexander Skrjabin um 1900 in dessen "Prometheus" oder bei Wassily Kandinsky und Arnold Schönberg ("Der gelbe Klang") zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu beobachten ist.

Im letzten Kapitel stellt Natalia Sidler den von ihr entworfenen Farblichtflügel vor, ein Instrument, das gleichzeitig Klang und Farben produziert. Einige Komponisten berichten ferner über ihre Erfahrungen bei Kompositionen für dieses Klang-Licht-Instrument.

Will man sich zum Thema "Synästhesie" im Zusammenhang von Musik und Bildender Kunst überblicksartig informieren, dann bietet der Band durchaus vielfältiges Anschauungsmaterial.

Fraglich ist das assoziative Schaffen von Bildern, ausgelöst z.B. durch bestimmte Musik, Klänge oder Geräusche, wenigstens anhand der gegebenen Beispiele, die z.T. recht dilettantisch erscheinen und an Werke der Kunstgeschichte eines Robert Motherwell ("Lyric Suite" 1965) natürlich qualitativ bei Weitem nicht heranreichen, um nur ein Beispiel zu nennen. Zur gewissenhaften Auseinandersetzung mit dem Phänomen "Synästhesie" sei nach wie vor auf den Artikel von Astrid von der Lühe im "Historischen Wörterbuch der Philosophie" verwiesen, in dem auch die für Kunsthistoriker bedenkenswerte Theorie von Gernot Böhme vorgestellt wird, in der Kunst des 20. Jahrhunderts Synästhesie als "das primäre Phänomen der Wahrnehmung, nämlich das Wahrnehmen einer Atmosphäre, [..] das nicht einzelsinnlichen Charakter hat" (Bd. 10, 1998, Sp. 772) aufzufassen, ein Gedanke, der im vorliegenden Band nicht behandelt wird.

Dieter Gutknecht