Tatjana Timoschenko / Angelika Meier / Christoph Schäfer (Hgg.): Alte Geschichte multimedial: Analyse, Realisierung und Evaluation. Beiträge einer Tagung in Sankt Katharinen vom 14.04.-15.04.2005 (= Computer und Antike; Bd. 8), Gutenberg: Computus 2009, 148 S., ISBN 978-3-940598-03-5, EUR 24,90
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Der nun vorliegende Sammelband Alte Geschichte multimedial ist Ergebnis einer Tagung mit dem Titel "Alte Geschichte multimedial: Analyse, Realisierung und Evaluation", die vom 14.04. bis zum 15.04.2005 in St. Katharinen stattgefunden hatte. Trotz der seither vergangenen Zeit ist den einzelnen Beiträgen ihre Aktualität nicht abzusprechen.
Nach einer knappen Einführung der Herausgeber (7-8) stellt das Autorenteam Christian Bärmann, Kerstin Dross, Stefanie Schmidt und Sarah Velte in seinem Beitrag "Hassia Exploranda - Geschichte Erleben in Hessen" - eine Projektidee der Studierenden des Seminars für Alte Geschichte der Philipps-Universität Marburg (9-24), ein - bis dato - noch nicht umgesetztes Konzept zu einem Informationsmedium zur römischen Vergangenheit Hessens, vor. Das aus drei Teilen - einer Multimedia-DVD, einem Historischen Geoinformationssystem und einem Internet Portal - bestehende Arbeitsinstrument soll sowohl die Vermittlung als auch die Erforschung von historischen Inhalten befördern und wendet sich an ein breites Zielpublikum, vom historisch interessierten Laien bis zum wissenschaftlichen Profi.
Sabine Panzram untersucht in ihrem Artikel "Neue Medien in der Alten Geschichte. Zum Einsatz der Lernplattform WebCT im Proseminar" (25-44) den Nutzen der internetgestützten Lehre am Beispiel der leicht zu bedienenden Web-Course-Tools (WebCT). Die Webressourcen - aufgeteilt in die sechs Themengebiete Wissenschaftliches Arbeiten, Quelleninterpretation, Historische Geographie, Historiographie, Chronologie, Geschichtstheorie wie in die drei Grunddisziplinen Numismatik, Epigraphik und Papyrologie - sollen die Präsenzveranstaltung unterstützen und durch Übungen erweitern. Der Aufwand der Aufbereitung der Materialien und deren digitaler Umsetzung erweist sich für die Autorin zwar als beträchtlich, gerade aber in Hinblick auf eine mehrmalige Verwendung als lohnenswert (43). [1]
Stand im letzten Beitrag die Vermittlung von historischen Inhalten im Vordergrund, zieht Martin Scholz in seinem Artikel "Studentische Multimediaproduktion im wissenschaftlichen Unterricht - Ein Erfahrungsbericht" (45-59) eine Bilanz der studentischen Leistungen in seiner Lehrveranstaltung "Geschichte multimedial". Dabei standen die Erhöhung der Vermittlungskompetenz und die Verbesserung der Präsentationsfähigkeiten, eingebettet in eine Stärkung der allgemeinen Projektmanagementfähigkeiten, im Mittelpunkt der didaktischen Zielsetzung. In den entsprechenden Umsetzungen zeigen sich für Scholz Problemfelder, die weniger in den mangelnden technischen Fähigkeiten begründet waren als vielmehr die inhaltlichen Defizite in der Beschäftigung offenbarten. Bezugnehmend auf die visuellen Präsentationen nähert sich der Autor der Frage der Rekonstruktion im Allgemeinen, der Dominanz der visuellen Darstellung, den Schwierigkeiten im Umgang mit dem "szenischen Zitat" und deren Berücksichtigung bei der Verwendung der Neuen Medien.
Nach den wissenschaftlichen Inhalten beschäftigt sich Jan Linke in seinem Artikel "Computer-basierte Historische Visualisierung (CBHV): Computer-grafische Bilder und Bildwelten zur Veranschaulichung historischer Sachverhalte" (61-85) mit den Gestaltungs- und Anwendungsmöglichkeiten von CBHVs. Der relativ theoretisch gehaltene Abschnitt, der auf den Überlegungen von David Staley [2] basiert, versucht den Einsatz von Hilfsmedien zu begründen, entwirft eine Typologie für Historische Visualisierungen (HV) und konkretisiert deren Anwendungsbereich.
Im Beitrag "Bilder des Denkens - study.log - ein Knowledge-Construction-Tool" (87-104) stellt Stephan Münte-Goussar ein datenbankbasiertes, digitales Studienmaterial-Organisationssystem vor [3], welches den Studierenden die Möglichkeit eröffnet, Arbeitsmaterialien - im Sinne eines optimalen geisteswissenschaftlichen Forschens - ideal zu vernetzen. Die mit dem Fachbereich Informatik der Universität Hamburg entwickelte web-basierte Kommunikations-Plattform CommSy soll dabei die Zusammenarbeit bei Projekten verbessern und bietet die Möglichkeit, Forschungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Danny Schlumpf präsentiert in "E-Learning und Evaluation. Das Beispiel Geschichte der Antike. Ein multimedialer Grundkurs" (105-113), ein am Fachbereich für Alte Geschichte in Zürich produziertes E-Learning-Programm, welches besonderes Augenmerk auf den Erwerb von historischem Grundwissen sowie die Ausbildung analytischer und sprachlicher Fähigkeiten legt (106). In einer vom Autor durchgeführten Evaluation erweist sich die Verwendung von E-Learning-Programm und Studienbuch als sinnvolle Kombination.
In "Kriterien zur Evaluation von Multimedia-Projekten in der Alten Geschichte" (115-129) entwirft Wolfgang Spickermann einen als Denkanstoß zu verstehenden, praxisorientierten Kriterienkatalog für die Evaluation von altertumswissenschaftlichen Multimediaprojekten.
Im abschließenden Beitrag "Darstellung von Antike in historischen Fernseh-Dokumentationen: Geschichte, Inszenierung und Wissenschaftlichkeit - Werkstattbericht eines Dissertationsvorhabens" (131-143) widmet sich Tatjana Timoschenko den in der Forschung weitgehend unbehandelten TV-Dokumentationen mit althistorischer Thematik. Dabei versucht die Autorin Kategorien zu entwickeln, mit deren Hilfe die wissenschaftliche Auswertung von Fernsehbeiträgen möglich wird und gleichzeitig die Eignung dieser Produktionen für den didaktischen Einsatz in Schule und Universität untersucht werden kann. Sie schildert die historische Entwicklung von den Anfängen in den 1960er Jahren bis zum Aufschwung von Fernsehdokumentationen mit antiken Themen ab den 1980er Jahren durch ein generell gesteigertes Geschichtsbewusstsein und den Ausbau der öffentlich-rechtlichen Programme. Bei den einzelnen Produktionen unterscheidet sie drei Grundformen - erstens die szenische Nachgestaltung von geschichtlichen Ereignissen, zweitens den an die Abbildung monumentaler Überreste und historischer Schauplätze geknüpften Sachvortrag sowie drittens die Fiktion eines aktuellen Magazins, welches althistorische Entwicklungen simuliert - wobei Timoschenko die überwiegende Anzahl der Produktionen der zweiten Variante zuordnet. Die einzelnen Fernsehbeiträge versucht die Autorin sowohl historiographisch als auch medienanalytisch interdisziplinär zu verarbeiten. Dabei zeigt Timoschenko in ihren am Ende des Beitrags formulierten Thesen (139-142) erste Ergebnisse - etwa die ab 1990 zunehmende Verwendung von Spielszenen oder die Hinwendung zu alltagsgeschichtlichen Themen - auf.
Der gut zusammengestellte Tagungsband bietet einen trefflichen Überblick über die möglichen Varianten, welche multimedialen Entwicklungen für das Forschungsgebiet Altertumskunde in Forschung und Lehre Verwendung finden können.
Anmerkungen:
[1] In der Zwischenzeit wurden die verwendeten Einheiten unter dem Titel "Basiswissen Proseminar Alte Geschichte" als CD-ROM veröffentlicht, siehe http://hup.sub.uni-hamburg.de/products-page/publikationen/44/ (18.01.2011).
[2] David Staley: Computers, Visualization and History. How new technology will transform our understanding of the past, Armonk (NY) 2003.
[3] Siehe http://mms.uni-hamburg.de/blogs/studyblog (18.01.2011).
Alexander Juraske