Robin J. Lane Fox (ed.): Brill's Companion to Ancient Macedon. Studies in the Archaeology and History of Macedon, 650 BC-300 AD, Leiden / Boston: Brill 2011, XIII + 717 S., 1 Kt., 73 Abb., ISBN 978-90-04-20650-2, EUR 184,00
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Der Herausgeber dieses Sammelbandes erläutert in der Einleitung ausführlich die Funde in den Königsgräbern in Vergina, um zu zeigen, dass Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. bedeutende Künstler in Makedonien tätig waren. In den folgenden drei Kapiteln bietet M. B. Hatzopoulos einen Überblick über Forschungen zur Frühgeschichte der Makedonen und zu ihrem Verhältnis zu den Hellenen. Er legt dar, dass die Dynastie der Argeaden eine dominierende Rolle in Makedonien gewinnen konnte und Alexander I. zu Beginn der klassischen Zeit sowohl eine makedonische als auch eine griechische Identität für sich beanspruchte. Im 4. Jahrhundert v. Chr. habe aber Demosthenes (3,17) Philipp II. noch als "Barbaren" bezeichnet, während Isokrates (5,154) Philipp II. aufforderte, ein Wohltäter der Griechen und ein König der Makedonen zu sein sowie die "Barbaren" von despotischer Herrschaft zu befreien. Hatzopoulos ist überzeugt, dass der zeitweilige Antagonismus zwischen Hellenen und Makedonen primär auf politische Ursachen zurückzuführen ist (73).
Der Aufsatz von Manuela Mari enthält einen Überblick über die Situation im archaischen und frühklassischen Makedonien. Schwerpunkt ihrer Ausführungen ist die Schaukelpolitik des Perdikkas II. ca. 454-413 v. Chr. Im Mittelpunkt des Artikels von Georgia Karamitrou-Mentessidi steht die Stadt Aiane in der Region Elimiotis, und in den beiden folgenden Abhandlungen erörtern Selene Psoma und Bettina Tsigarida die Geschichte der Chalkidike bis zur Herrschaft Roms.
Wichtige Ereignisse in Makedonien von 399 bis 369 behandelt R. Lane Fox, der darauf hinweist, dass eine spartanische Intervention 382 die Existenz des makedonischen Königtums gerettet hat und es ohne diese Aktion weder einen Philipp II. noch einen Alexander den Großen gegeben hätte. Hinzuzufügen wäre freilich, dass ohne die Ermordung des Thessalers Iason von Pherai 370 der Aufstieg des makedonischen Königtums kaum denkbar gewesen wäre. Sehr willkommen ist der kurze Beitrag von Hatzopoulos, der die Binnenorganisation der Städte in Makedonien erläutert und beispielsweise zeigt, dass eine Bürgergemeinde als politeuma und eine Bürgerversammlung als ekklesia bezeichnet wurden.
Die Regierungszeit Philipps II. und Alexanders des Großen und ihre Selbstdarstellung skizziert wieder Fox, der über seine Beobachtungen bei einem nachgestellten Training einer Gruppe von Soldaten mit Sarissen berichtet (374). Die Truppe war nach 5 Wochen einsatzfähig. Fox weist übrigens die Nachricht Diodors (18,12,2) zurück, dass im Todesjahr Alexanders des Großen das Rekrutierungspotential erschöpft war. Zudem behandelt Fox auch die Herrschaft des Antigonos Gonatas und des Demetrios II. Er betont, dass Antigonos Gonatas das Königtum als "ruhmvollen Knechtsdienst" bezeichnet hat, aber zwischen den philosophischen Intentionen dieses Königs und seiner "Realpolitik" zu differenzieren ist. Eine Ergänzung zu diesem Artikel von Fox ist die Studie von John Ma zur Situation am Königshof der Antigoniden. Ma analysiert ausführlich die Position der sogenannten Freunde der Könige.
Münzprägung und Finanzwesen in Makedonien erläutert Sophia Kremydi, die darauf hinweist, dass Alexander der Große die Münzpolitik ausweitete, damit sie den Erfordernissen seines Vielvölkerstaates entsprach. Einige weitere Abhandlungen von Manuela Mari, Olga Palagia und Thea Stefanidou-Triveriou ermöglichen einen Überblick über Kunst und Kultur in Makedonien vom Hellenismus bis in die Zeit der Herrschaft Roms. Stavros A. Paspalas sucht einem breiteren Leserkreis neuere archäologische Funde zu erklären und konzentriert sich hierbei auf die klassische Zeit. Erfreulich sind die Erläuterungen zur frühchristlichen Kunst in Makedonien von Dimitris J. Kyrtatas.
Insgesamt gesehen ist das Buch reich an Informationen zur Ereignisgeschichte und an Wertungen zur Forschungsdiskussion. Es bietet eine breite Basis für weitere Untersuchungen zur Entwicklung in Makedonien in der Antike.
Karl-Wilhelm Welwei