Kyle Erickson / Gillian Ramsey (eds.): Seleucid Dissolution. The Sinking of the Anchor (= Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen; 50), Wiesbaden: Harrassowitz 2011, 210 S., einige s/w-Abb., ISBN 978-3-447-06588-7, EUR 54,00
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Erika Manders: Coining Images of Power. Patterns in the Representation of Roman Emperors on Imperial Coinage, A.D. 193-284, Leiden / Boston: Brill 2012
Hans-Markus von Kaenel / Maria R.-Alföldi / Ulrike Peter u.a. (Hgg.): Geldgeschichte vs. Numismatik. Theodor Mommsen und die antike Münze, Berlin: Akademie Verlag 2004
Die spätere seleukidische Geschichte ist in den letzten Jahren verstärkt in den Blick der Forschung getreten [1] und die im Juli 2008 in Exeter veranstaltete Tagung 'Seleukid Dissolution', deren Beiträge in dem vorliegenden Band publiziert wurden, reiht sich nahtlos in diesen Kontext ein. Die Veranstalter gingen bei der Konzeption von der Frage nach den Gründen für den vergleichsweise schnellen Untergang des Seleukidenreichs aus. Dieser Frage nähert sich der Band auf vier Ebenen: Am Anfang stehen zwei Beiträge, die eher strukturelle Fragestellungen in den Blick nehmen; bei den folgenden vier Beiträgen steht die Frage im Vordergrund, wie die Seleukiden die verschiedenen ethne integriert haben; zwei Beiträge widmen sich archäologischen und drei literarischen Quellen. Eine unkommentierte Auflistung der seleukidischen Münzen aus dem Teheraner Nationalmuseum beschließt den Band.
Der Beitrag von David Engels "Middle Eastern 'Feudalism' and Seleucid Dissolution" entspricht nicht nur dem Titel nach dem Rahmenthema am ehesten und dürfte aus diesem Grund an den Beginn gestellt worden sein. Engels zeichnet einen weiten chronologischen Bogen von der achaimenidischen bis in die parthische Zeit und kommt zu dem Ergebnis, dass der seleukidische Untergang nicht so sehr den Seleukiden, sondern den Feudalisierungsprozessen (in einem weiten Sinn des Begriffes) anzulasten sei, die bereits in achaimenidischer Zeit begannen.
Gilliam Ramsey geht anhand von Einzelbeispielen der stabilisierenden oder destabilisierenden Wirkung der philoi nach. Die engen persönlichen Beziehungen der seleukidischen Könige zu ihren philoi, die in der Regel eine Stärke gewesen seien, hätten sich oft auch als Schwäche erwiesen.
Die vier Beiträge zum Verhältnis zur indigenen Bevölkerung eröffnet Kyle Erickson, der sich dem Verhältnis von Antiochos I. zu Apollon und seinen Auswirkungen auf die Beziehungen des Königs zu Babylonien widmet. G. G. Aperghis deutet in Anlehnung an Elias Bikerman das Religionsedikt Antiochos' IV. als Versuch, das Judentum zu modernisieren und Gegensätze zwischen Judentum und der hellenisierten Umwelt zu minimieren. Altay Coşkun relativiert die Rolle der Galater als Partner der Seleukiden und betont stärker deren für die seleukidische Herrschaft in Kleinasien negatives Wirken. Cristian E. Ghiţă schließlich widmet sich der Hochzeit zwischen Nysa und Pharnakes. Er datiert das Ereignis in das Jahr 160 v.Chr. und bettet es in den konkreten historischen Kontext aber auch in die generelle Heiratspolitik der Seleukiden ein.
Den Grabungsergebnissen aus Jebel Khalid widmen sich Nicholas Wright und Heather Jackson. Die Stadt scheint um 75/4 v.Chr. geordnet aufgegeben worden zu sein - vielleicht wurde die Bevölkerung auf Anordnung von Tigranes nach Tigranokerta deportiert, wie Wright in Anlehnung an die Neudatierung von Tigranes' Eroberung Syriens durch Oliver Hoover vermutet. [2] Die anschließende Wiederbesiedlung fand auf einem deutlich schlechteren wirtschaftlichen Niveau statt, wie Jackson anhand von drei Räumen eines Wohnkomplexes deutlich macht.
Literarische Quellen werden von drei Seiten beleuchtet. Daniel Ogden ordnet die Gründungsmythen von Antiocheia und Seleukeia in den Kontext anderer Gründungsmythen und Alexandermythen ein. Paola Ceccarelli bietet einen Überblick über die Hinweise auf seleukidische Könige bei Athenaios, wobei sie betont, dass Stellen ohne Quellenhinweis in der Regel um philosophische Themen kreisen und von zweifelhafter Qualität sind. Johannes Engels richtet seinen Blick schließlich auf den Quellenwert von Poseidonios und Strabon für die spätseleukidische Geschichte. Die Deutungsversuche, die Strabon für den Niedergang anbietet, schließen zum Teil an die Überlegungen von David Engels an, denn bereits Strabon hielt traditionelle feudale Strukturen für ein wesentliches Problem.
Dieser knappe Überblick zeigt, dass es sich mehrfach um Beiträge handelt, die nicht direkt dem eigentlichen Thema verpflichtet sind. Auch wenn die Herausgeber versucht haben, durch geschickte Anordnung - mit den beiden einschlägigsten Aufsätzen von Engels und Engels - eine Klammer zu bilden, so bleibt doch die Frage, wieso in vielen Fällen nicht explizit die spätseleukidischen Verhältnisse oder doch zumindest strukturelle Rahmenbedingungen oder Probleme in den Blick genommen wurden. Insofern versprechen der Titel und die Einleitung mehr, als tatsächlich eingelöst wird. Schade ist zudem, dass mögliche und sinnvolle Querverbindungen nicht hergestellt bzw. genutzt wurden. Dadurch finden sich beispielsweise unnötige Doppelungen bei Wright und Jackson bzw. wurden Synergien verschenkt. So erhellend viele der Einzelbeiträge auch sein mögen, so bedauerlich ist es, dass das begrüßenswerte Gesamtkonzept zu keinem handfesten Ergebnis führt. Vielleicht erklärt auch dieser Umstand die - abgesehen von der Zusammenfassung der Beiträge - extreme Kürze der Einleitung und das Fehlen einer Synthese. Insgesamt vermittelt der Band daher einen eher zwiespältigen Eindruck.
Anmerkungen:
[1] Hingewiesen sei hier lediglich auf Kay Ehling: Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164-63 v.Chr.), Stuttgart 2007 und Arthur Houghton / Catherine C. Lorber / Oliver Hoover: Seleucid Coins. Seleucus through Antiochus XIII, New York 2008.
[2] Oliver Hoover: A revised chronology for the late Seleucids at Antioch (121/0-64/3 BC), Historia 56 (2007), 281-301.
Peter Franz Mittag