Josiah Osgood: Claudius Caesar. Image and Power in the Early Roman Empire, Cambridge: Cambridge University Press 2011, XV + 357 S., 82 s/w-Abb., 5 Kt., ISBN 978-0-521-70825-8, GBP 19,99
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Seine Ehefrauen wie Agrippina minor und Messalina, sein Adoptivsohn Nero, seine Freigelassenen wie Pallas und Narcissus - die den Kaiser Claudius umgebenden Personen sind fast bekannter und werden häufig auch als wirkmächtiger angesehen als der Kaiser selbst. Dieses Bild ist der recht einheitlichen Darstellung der literarischen Quellen geschuldet.
Joshia Osgood versucht nicht, Claudius zu rehabilitieren oder eine Rationalität hinter den herabwürdigenden Berichten in den literarischen Quellen aufzudecken. Osgood wendet sich vielmehr den parallelen Überlieferungen durch Inschriften, Papyri und archäologisch-numismatische Belege sowie der Prosopographie zu. Ein solcher, heutzutage oft als wenig originell belächelter, aber grundsolider Ansatz muss nicht zwangsläufig zu einem wenig originellen Ergebnis führen. Leider gelingt es Osgood aber nicht, dem Leser überzeugende Gründe für diese Monographie zu liefern.
Einzelne Gesichtspunkte verdienen durchaus Aufmerksamkeit. So lenken z.B. die Überlegungen zur Frage, wie die Zeit nach dem Herrschaftsantritt des Claudius in Bezug auf Gesandtschaften aussah, die dem neuen Kaiser ihre Aufwartung machen, von ihm Privilegien bestätigt haben und Standbilder für ihn aufstellen wollten, den Blick auf bemerkenswerte 'Nebensächlichkeiten': "If he spent, let us suppose, an average of fifteen minutes with each group, then 1,000 embassies could have been heard over 250 hours, or about sixty-four half-days of four hours" (75).
Diese Episode steht stellvertretend für die Arbeitsweise Osgoods, der vielfach grundsätzliche Fragen des frühen Prinzipats behandelt und verständlicherweise dabei Claudius mit den Vorgängern vergleicht, speziell mit Augustus. Etwas zu sehr betont wird insgesamt vielleicht ein besonderer Legitimationsbedarf, da Claudius kein Iulier gewesen sei. Zwar hatte er bis zu seinem Herrschaftsantritt nur eine Nebenrolle am Kaiserhof gespielt, aber allein die Tatsache, dass er eben zum Kaiser ausgerufen wurde, belegt, dass die Entfernung zum Kaiserhaus doch nicht zu groß gewesen sein kann. Dennoch sind Osgoods Gedanken zur Selbstdarstellung des Claudius zu Beginn seiner Herrschaft von grundsätzlichem Interesse für die Frage des Herrschaftsantritts eines neuen Kaisers (47-83). Dies entspricht auch dem zweiten Ziel Osgoods, neben dem direkten Bezug auf Claudius "to think about the role of the Roman emperor more generally" (27).
Das dritte Ziel Osgoods, die Regierungszeit des Kaisers Claudius unter dem Gesichtspunkt der noch nicht völlig ausgeformten Prinzipatsherrschaft zu betrachten, kann er nicht durch revolutionäre oder auch nur neue Thesen schmücken. Man gewinnt gleichzeitig den Eindruck, dass die Vorgabe, Claudius nicht zu sehr ins Zentrum der Untersuchung zu stellen, an manchen Stellen dazu führt, wichtige Aspekte etwas stiefmütterlich zu behandeln. Die Rede des Claudius über das ius honorum für gallische Notablen wird auf gerade einmal zwei Seiten abgehandelt (165-167). An diesem Beispiel zeigt sich auch, dass trotz des umfassenden Literaturverzeichnisses die eine oder andere Arbeit aus dem europäischen Sprachraum fehlt. [1]
Einen Claudius fast ohne Frauen und Freigelassene zu erleben, ist ein schöner Ansatz, der leider in diesem Fall zu wenig Neues und Spannendes für ein ganzes Buch hervorbringt, was durch den etwas langatmigen Stil noch unterstrichen wird.
Anmerkung:
[1] Hier nur aus dem deutschsprachigen Raum für die Rede des Claudius z.B.: F. Vittinghoff: Zur Rede des Kaisers Claudius über die Aufnahme von "Galliern" in den römischen Senat, Hermes 82 (1954), 348-371; G. Perl: Die Rede des Kaisers Claudius für die Aufnahme römischer Bürger aus Gallia Comata in den Senat, Philologus (1996), 114-138; W. Riess: Die Rede des Claudius über das "ius honorum" der gallischen Notablen: Forschungsstand und Perspektiven, REA 105, 1 (2003), 211-249.
Stefan Priwitzer-Greiner