Norbert Leithold: Friedrich II. von Preußen. Ein kulturgeschichtliches Panorama von A bis Z, Frankfurt/Main: Eichborn Verlag 2011, 431 S., ISBN 978-3-8218-6240-8, EUR 32,00
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Josef Johannes Schmid: Friedrich der Große. Das Personenlexikon, Mainz: Philipp von Zabern 2012, 384 S., 42 s/w-Abb., ISBN 978-3-8053-4367-1, 29,99
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Uwe Klußmann / Norbert F. Pötzl (Hgg.): Die Hohenzollern. Preußische Könige, deutsche Kaiser, München: DVA 2011
Sabine Henze-Döhring: Friedrich der Große. Musiker und Monarch, München: C.H.Beck 2012
Marcus Warnke: Logistik und friderizianische Kriegsführung. Eine Studie zur Verteilung, Mobilisierung und Wirkungsmächtigkeit militärisch relevanter Ressourcen im Siebenjährigen Krieg am Beispiel des Jahres 1757, Berlin: Duncker & Humblot 2018
Tillmann Bendikowski: Friedrich der Große, München: C. Bertelsmann 2011
Ute Frevert: Gefühlspolitik. Friedrich II. als Herr über die Herzen?, Göttingen: Wallstein 2012
Der sich zum 300. Mal jährende Geburtstag König Friedrichs II. von Preußen hat den Buchmarkt mit einer großen Fülle von Büchern geradezu überschwemmt, so dass die Redaktion der sehepunkte ihm in der Septemberausgabe 2012 ein eigenes FORUM gewidmet hat. [1] Schwer erklärbar ist dem Rezensenten das Faszinosum, das offenbar noch immer von der Person dieses Monarchen ausgeht. Die beiden anzuzeigenden Bände gehen dabei ihren ganz eigenen Weg, handeln nicht direkt über die Persönlichkeit des Königs, sondern stellen sein persönliches und kulturgeschichtliches Umfeld dar. Auf diese indirekte Weise gelingt es ihnen, neues Licht auf seine charakterliche Entwicklung, seinen künstlerischen Geschmack wie auf seine politischen Möglichkeiten zu werfen. Sie stellen keine Monographien dar, sondern thematisch bestimmte Lexika.
Die auslösende Ursache für die Beschäftigung von Norbert Leithold mit Friedrich II. bildet offenbar der Fund des Briefwechsels des Gesandten an den wittelsbachischen Höfen und später in Petersburg Eustach Graf von Goertz (1737-1821) mit dem König. Die Essays zum Themenbereich Diplomatie werden durch mehrere Zitate daraus bereichert. So sind denn die Beiträge zu den Themenfeldern Diplomaten und Geheimdiplomatie, in dem auch die chiffrierte Geheimschrift und Geheimdienste behandelt werden, besonders gelungen. Aus dem weiten Feld der Regierungskunst und Verwaltungspraxis werden die Bereiche Bürokratie, Geheime Kabinettsräte, Hofstaat, Inspektionsreise, Justiz, Kabinettsregierung, Kriminalität und Verwaltungsreform vorgestellt. Das Militärwesen wird nur in einzelnen historischen Artikeln (Siebenjähriger Krieg) sowie bei Armee, Aushebung und Invaliden berührt. In die Kunstgeschichte führen die Beiträge Geschmack, der Architektur wie Kleidung behandelt, und Sanssouci, in die Musikgeschichte Flöte, Kastraten und Komposition, in die Literaturgeschichte Dichtung und politische Schriften ein. Mehrere Essays thematisieren die sonst in historischen Werken oft vernachlässigte Alltagsgeschichte: Abort, Bad, Blauer Montag, Feldbett, Kerzen, Kirschen, Krankheiten und Wäscherinnen. Aus dieser Aufzählung wird deutlich, dass Leithold seine Themen natürlich subjektiv ausgewählt hat und er keinen Anspruch auf eine lexikalische Vollständigkeit erheben kann - was er auch nicht tut. Die Essays gewinnen oft durch Zitate an Authentizität, häufig wird im Anschluss an das preußische Beispiel ein Ausblick auf die europäische Entwicklung gewährt. Die einzelnen Artikel enthalten jeweils einige Hinweise auf die neuere Literatur, bei "Porträt" könnte man ergänzen: Andrea M. Kluxen, Bild eines Königs. Friedrich der Große in der Druckgraphik, Limburg 1986. Der Band wird mit einer Darstellung des Bildes des Königs in der Geschichtsschreibung eingeleitet und einem Stichwort- und Literaturverzeichnis beschlossen. Gemäß der Reihe ist er bibliophil gestaltet und mit zahlreichen Abbildungen illustriert. Der flüssig geschriebene Band kann seinen Anspruch, ein kulturgeschichtliches Panorama zu bieten einlösen, die einzelnen Mosaiksteinchen vereinigen sich zu einem anschaulichen Bild der Friedrichzeit.
Einen anderen Weg geht Josef Johannes Schmid, der in seinem biographischen Lexikon über 450 Kurzbiographien mit Nachweis der edierten Quellen, der Werke und der Literatur vorlegt. Als Auswahlkriterium dienen dabei die Verwandtschaft mit Friedrich II. oder Kontakte im diplomatischen, künstlerischen, militärischen, privaten oder politischen Bereich. Alle Artikel entsprechen dem aktuellen Forschungsstand, auch die nichtdeutsche, besonders die französischsprachige Literatur wird breit berücksichtigt. Viele Biogramme werden durch Zitate anschaulich, die sowohl in der häufig französischen Originalsprache wie in einer eigens gefertigten Übersetzung gegeben sind. Eine rasche Orientierung über die berücksichtigten Personen bieten sowohl ein systematisches Register nach Betreffen wie ein Generalindex, über den neben den häufigen Querverweisen die Bezüge zwischen den behandelten Personen herzustellen sind. Über die behandelten Monarchen aus den europäischen Dynastien kann man sich auch an anderer Stelle informieren, schon schwieriger aber ist dies für die Mitglieder der Herrscherhäuser aus der zweiten Reihe. Hier liegt eine der Stärken dieses Bandes, der alle zeitgenössischen Hohenzollern vorstellt. Allerdings hielte es der Rezensent für besser, wenn alle Angehörigen regierender Dynastien einheitlich unter ihrem Vornamen eingeordnet wären und nicht etwa Markgraf Friedrich von Brandenburg-(Kulmbach)-Bayreuth unter Brandenburg-Bayreuth und sein Schwager, Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach unter Ansbach-Bayreuth, während ihre Gemahlinnen offenbar als preußische Prinzessinnen unter ihren Vornamen zu finden sind. Breiten Raum nehmen die preußischen Offiziere, Minister und Diplomaten ein. Ebenfalls berücksichtigt werden Persönlichkeiten des Geisteslebens, darunter Theologen, Philosophen, Mediziner und Historiker. Gewichtige Beiträge zur Musikgeschichte enthalten die Essays zu Komponisten, Musikern, Sängern und Tänzern, welche die für Friedrich II. tätigen italienischen und französischen Künstler, aber auch die Familie Bach, berücksichtigen. So widmete Johann Sebastian Bach dem preußischen König sein "Musicalisches Opfer". Auch die für den preußischen Hof tätigen Maler, Bildhauer und Kunsthandwerker sind aufgenommen. Schmid zeigt sich in den biographischen Artikeln aus so vielen Bereichen als Kenner ganz unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen. Viele Beiträge verraten eigenständige Beurteilungen historischer Situationen und Persönlichkeiten durch den Autor. Der Band wird durch ausführliche Erläuterungen, Abkürzungsverzeichnisse und Register zu einem geschlossenen Werk. Er liefert nicht nur zuverlässige Kurzbiographien zahlreicher Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts aus vielen Lebensbereichen in europäischer Perspektive, sondern auch einen informativen Beitrag zur Kultur-, Kunst- und Militärgeschichte. Diese unterschiedlichen Bereiche werden durch die Persönlichkeit Friedrichs II. zusammengehalten, der zwar keine eigene Darstellung erhalten hat, der aber in der Vielfalt seines Charakters durch diesen Band an Kontur gewinnt.
Beide Bände, die Sammlung kulturgeschichtlicher Essays wie das Personenlexikon um Friedrich II., bereichern das Bild des Königs und bieten lesenswerte Beiträge nicht nur zum Jubiläumsjahr.
Anmerkung:
[1] Vgl. das FORUM "Friedrich der Große und Preußen - Neuerscheinungen zum Jubiläumsjahr 2012", in: sehepunkte 12 (2012), Nr. 9, URL: http://www.sehepunkte.de/2012/09/
Dieter Weiß