Hanna Brommer: Rekatholisierung mit und ohne System. Die Hochstifte Würzburg und Bamberg im Vergleich (ca. 1555-1700), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2014, 515 S., ISBN 978-3-8471-0193-2, EUR 69,99
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Im Zusammenhang mit der intensivierten Erforschung des Phänomens der Konfessionalisierung rückt auch die Frage nach der konkreten Durchsetzung konfessionspolitischer Maßnahmen stärker in den Vordergrund. Als Referenzuntersuchung nicht nur für den fränkischen Raum darf hier die Arbeit von Günter Dippold über die Konfessionalisierung am Obermain gelten. [1] In seiner Mikrostudie werden neben der obrigkeitlichen Religionspolitik die Untertanen als Akteure in den Mittelpunkt gerückt und ihr widerständiges Verhalten untersucht. Daran knüpft nun Hanna Brommer in ihrer von Volker Seresse und Olaf Mörke betreuten Kieler Dissertation zur Rekatholisierung in den Hochstiften Würzburg und Bamberg an.
Den Vorgang der Rekatholisierung macht Brommer dabei ausschließlich am Kommunionempfang fest und klammert weitere Punkte der katholischen Konfessionalisierung bewusst aus. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen die Maßnahmen, welche die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg anwandten, um ihre protestantisch gewordenen Untertanen zur Rückkehr zum katholischen Glauben zu bewegen. Für ihre Untersuchung erarbeitet Brommer zunächst einen Katalog, den sie in drei Gruppen einteilt: Zunächst blickt sie auf Maßnahmen in (1) rechtlich-politischer Hinsicht (Absetzung eines protestantischen und Einsetzung eines katholischen Pfarrers, Amtsentzug für Protestanten, Verweigerung des Begräbnisses, Visitationen), dann auf (2) wirtschaftliche Strafen (Geldbußen, Zwangsverkäufe, Lehensentzug) und schließlich auf (3) Gewaltmaßnahmen (Verhaftung, Vorladungen, Ausweisungen). Ihnen konnten die Untertanen durch Bittbriefe, Kommunionverweigerung, Auslaufen zu protestantischen Gottesdiensten in benachbarten fremdherrschaftlichen Orten und Klagen vor dem Reichskammergericht, in gemischtherrschaftlichen Orten mit Unterstützung der anderen, protestantischen Obrigkeit begegnen. Darüber hinaus soll noch die Frage nach Konversion oder Emigration der protestantischen Untertanen behandelt werden.
Natürlich kann Brommer nicht, wie der Titel suggeriert, die Rekatholisierung in den gesamten Hochstiften Würzburg und Bamberg untersuchen, sondern nur einzelne Pfarreiorte in den Blick nehmen. Für Bamberg hat sie Teuschnitz mit Marienroth, Neukenroth, Grafengehaig, Rugendorf, Forchheim mit Pinzberg, Neunkirchen am Brand mit Dormitz und Waischenfeld, für Würzburg die Landstädte Gerolzhofen, Iphofen, Gemünden, Kitzingen und Urspringen ausgewählt. Damit werden unterschiedliche Typen wie Landstädte, Dörfer und auch Orte in der Grenzlage zu verschiedenen protestantischen Territorien sowie mit mehreren Herrschaften erfasst, wie sie innerhalb des fränkischen territorium non clausum häufig vorkamen. Die geringere Auswahl für das ungleich größere Hochstift Würzburg kann mit der dafür anzunehmenden größeren Einheitlichkeit der Entwicklung begründet werden. Dazu wurde mit bemerkenswertem Fleiß die reiche Überlieferung in zehn Archiven ausgewertet, darunter besonders Pfarr- und Visitationsakten.
Orientiert an ihrem Paradigmenkatalog breitet die Verfasserin nach einer Vorstellung der Hochstifte Bamberg und Würzburg sowie der Beispielorte ausführlich ihre Ergebnisse aus und verdeutlicht diese immer wieder in Zusammenfassungen. Während in Bamberg die Durchsetzung der Rekatholisierung ein sehr langwieriger Prozess war, führte das stärker systematische Vorgehen der Würzburger Bischöfe, an erster Stelle von Julius Echter von Mespelbrunn, mit der konsequenten Durchsetzung der Ausweisung und der Kontrolle durch Visitationen rascher zum Erfolg. Viele Erkenntnisse dieser Studie hat man schon geahnt oder vorausgesetzt, doch liegen jetzt dank der umfassenden Archivarbeit sichere Erkenntnisse vor.
Anregend ist die von Brommer vorgenommene Trennung zwischen Rekatholisierung als äußerem Akt, den sie am Kommunionempfang festmacht, und katholischer Reform. So konnten einzelne Neokonvertiten zunächst weiter an ihren lutherischen Überzeugungen festhalten, die man am anhaltenden Auslaufen zum lutherischen Abendmahl festmachen kann. Die Umsetzung der vom Konzil von Trient angestoßenen katholischen Reformierung war eben auch in Würzburg und besonders Bamberg ein langwieriger Vorgang. Brommer liefert einen gewichtigen Beitrag zur gerade für das territorial zersplitterte Franken wichtigen Konfessionalisierungsdebatte. Sie macht aber auch deutlich, dass die Individualität der handelnden Personen - dies zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der Würzburger Bischöfe - starken Einfluss auf die Entwicklung ausübte.
Anmerkung:
[1] Günter Dippold: Konfessionalisierung am Obermain. Reformation und Gegenreformation in den Pfarrsprengeln von Baunach bis Marktgraitz, Staffelstein 1986.
Dieter Weiß