Birgit Huemer / Markus Rheindorf / Helmut Gruber: Abstract, Exposé und Förderantrag. Eine Schreibanleitung für Studierende und junge Forschende (= UTB; Nr. 3762), Stuttgart: UTB 2012, 164 S., ISBN 978-3-8252-3762-2, EUR 13,99
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Nachdem die drei Autoren im Jahre 2009 im gleichen Verlag bereits eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben herausgebracht haben [1], folgt nun ein thematisch auf höherem Niveau anschließender Teil, in dem es vor allem um Abstracts, Abschlussarbeiten, insbesondere um Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten, aber auch um Förderanträge geht, letztlich also um die Zeit am Ende oder nach dem Studium. Der neue Ratgeber für "Studierende und junge Forschende" ist in drei große Abschnitte unterteilt: "Abstracts im Wissenschaftsbetrieb" (11-46), "Das Exposé für eine Abschlussarbeit" (47-128) und "Förderanträge" (129-158). Den Rahmen bilden die Einleitung (7-10), Schlussbemerkungen (159 f.), eine Liste mit weiterführender Literatur (161 f.) und eine kurzes, aber hilfreiches Register (163 f.).
Das Kapitel zu den Abstracts ist in fünf Bereiche unterteilt; nach dem Artikel Abstracts (13-27) werden Conference Abstracts (28-33), Extended Abstracts (33-35) und Thesis Abstracts (35-46) vorgestellt. Insgesamt wird klar, dass Abstracts vergleichsweise stark verbreitet und konventionalisiert sind. Bei den verschiedenen Abstracts wird, anhand empirisch gewonnener Daten, eine Dreiteilung empfohlen, die sich auch bei allen anderen Abstractarten findet: a) einen Forschungsbereich benennen oder etablieren, b) eine Nische oder Forschungslücke feststellen oder etablieren und c) die Nische besetzen oder die Forschungslücke füllen. Das mag im ersten Moment einen sehr formalen Eindruck vermitteln, wird aber anhand zahlreicher Beispiele belegt. Dieses Konzept wird bei den anderen besprochenen Arten von Abstracts durch Versatzbauteile ergänzt, deren Kenntnis allein schon einiges wert ist. Eine Stärke dieses Kapitels liegt sicherlich darin, dass es die Textsorte gleichermaßen in deutsch wie in englisch vorstellt. Für das avisierte deutschsprachige Lesepublikum sind oft englischsprachige Abstracts vor den deutschsprachigen Artikeln gefordert. Der Ratgeber gibt dabei ganz gezielt Hinweise zu Besonderheiten der beiden Sprachen, auch zu Fehlern, die immer wieder gemacht werden. Ein Beispiel: "Im Englischen wird das Personalpronomen 'I' tendenziell häufiger verwendet, wohingegen Passivkonstruktionen eher vermieden und Metonyme öfter verwendet werden." (40)
Das 2. Kapitel bespricht auf 80 Seiten das Exposé - als Bauplan der wissenschaftlichen Forschungsarbeit. Dabei werden konkrete Seitenangaben beim Umfang genannt, die aber nicht als definitive Vorgabe, sondern als Vorschläge zu verstehen sind. Häufig vorkommende Problembereiche werden detailliert besprochen, wie die Eingrenzung des Themas oder konkrete, hilfreiche Arbeitsempfehlungen zur "Formulierung des Arbeitstitels" (55) gegeben, aber auch in die Arbeit mit Mindmaps eingeführt. Insgesamt kann das Gelesene sicher dazu beitragen, Schreibblockaden konstruktiv abzubauen, indem man die gemachten Vorschläge zunächst rein imitativ auf das eigene Thema überträgt und über die Auseinandersetzung damit eine Eigendynamik entstehen lässt, die eigene Arbeit zu optimieren. Über den Forschungsstand (66) und die zu identifizierende Forschungslücke (73) geht es zum zentralen Absatz zu Forschungszielen und deren Eingrenzung (78). Im Kapitel "Formulieren von Forschungsfragen und Hypothesen" (82) wird auch der je nach Fachbereich sehr unterschiedliche Umgang mit Hypothesen erläutert. Die Praxiserfahrung bei den Fragestellungen und Hypothesen lautet: "Nehmen Sie sich nicht zu viel vor." (83) Denn auf die Methoden kommt es an und auf das Untersuchungsmaterial: "wenn es die Neugier ist, die uns zu wissenschaftlichem Arbeiten antreibt, dann sind es die Methoden, die uns befähigen, nach Erkenntnissen zu graben. Ob wir fündig werden, hängt nicht zuletzt vom richtigen Werkzeug ab." (89) Das Kapitel "Der Zeitplan und die Arbeitsschritte" (111) ist aufgrund der Praxisbeispiele wieder sehr anschaulich für den Leser, der sich die hier am Stück gegebenen Informationen sonst eher mühsam selbst erarbeiten musste. Durch den Vergleich der facheigenen Zitierkonventionen in den Angaben zur "Auswahlbibliografie" - anhand von Beispielen aus den Fächern Sprachwissenschaft, Philosophie und Wirtschaftsinformatik - wird sicher die Wahrnehmung geschärft. Da die Studierenden am Ende ihres Studiums das Bibliografieren gelernt haben sollten, scheint der vergleichsweise geringe Umfang angemessen.
Während die Finanzierung bisher nur am Rande angesprochen wurde, geht es im abschließenden Kapitel "Förderanträge" vor allem um finanzielle Belange und Fragen wie, wer gefördert werden kann und wer fördert. Dabei wird auf praktische Aspekte, wie Altersgrenzen ebenso hingewiesen wie auf den "doch oft beträchtlichen Aufwand des Einreichungsverfahrens" (131) oder die Möglichkeiten der Graduierten- oder Doktorandinnen-Kollegs. Nicht ganz unzutreffend werden dabei die Post-Doc-Stipendiaten als "Wissenschaftsnomaden" (135) beschrieben. Kritisch wird das Peer-Review-Prinzip untersucht, auf dem die meisten Entscheidungen über eine Förderung beruhen, insbesondere die einseitige Anonymität, die ehrenamtliche Gutachtertätigkeit und die Schulenstreitigkeiten (black list und white list von Gutachtern). Eine große Hürde wird darin identifiziert, "dass einer großen Zahl von Förderanträgen eine immer begrenzter werdende Summe von Fördergeldern gegenübersteht." (138) Zumindest für die Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des European Research Council kann diese Aussage anhand der Zahlen der letzten Jahre aber nicht bestätigt werden. Die Aussage ist trotzdem nicht falsch, denn die Zahl der steigenden Mittel wächst nicht im selben Maße wie die Zahl der Förderanträge. Das Kapitel schließt mit den Empfehlungen: "Nehmen Sie die Ablehnung eines Stipendiums- oder Forschungsantrags nicht persönlich (auch wenn es wirklich schmerzt)" und "revise and resubmit!" (141) Im letzten Kapitel geht es darum was prinzipiell bei einem Förderantrag (Kostenplan, Lebenslauf) beachtet werden sollte.
Insgesamt werden alle Angaben anhand von 67 Beispiele aus der Praxis demonstriert, was der theoretischen Empfehlung immer ein sehr konkretes Aussehen verleiht. Technisch ist das Buch durch den gelungenen Einsatz unterschiedlicher Schriftarten und unaufdringlicher Formatierungen durchaus positiv zu bewerten. Hilfreich (wenn auch vergleichsweise kurz) ist die Liste der Webadressen zur Forschungsförderung (156-158).
Fazit: Es ist ein Buch, das Erfahrungen aus der Praxis mit konkreten Arbeitsempfehlungen kombiniert und Vorschläge zu den Formalia bietet, die für sich zwar kein Gelingen versprechen, aber ohne die der Inhalt nicht so präsentiert werden kann, wie es notwendig ist. So bleibt zwar der Inhalt zentral für jeden Antrag, jedes Abstract oder jedes Exposé, aber die formalen Erklärungen machen es - wie der Selbstversuch beim Abstract bestätigte - tatsächlich leichter einen entsprechenden Text zu verfassen. Das Buch versteht sich als Leitfaden, und das ist er definitiv. Ein massives Problem der Praxis, auf das leider nicht hingewiesen wird, ist die Zwölf-Jahresfrist im deutschen Hochschulrahmengesetz. Um aber innerhalb dieser Frist die vorgestellten Textsorten verfassen und erfolgreich vermarkten zu können, bringt es in jedem Fall alle dafür notwendigen Hilfestellungen und Ratschläge mit.
Anmerkung:
[1] Helmut Gruber / Birgit Huemer / Markus Rheindorf: Wissenschaftliches Schreiben. Ein Praxisbuch für Studierende, Wien 2009.
Thomas Wozniak