Colmán Ó Clabaigh: The Friars in Ireland, 1224-1540, Dublin: Four Courts Press 2012, XXVI + 389 S., ISBN 978-1-84682-225-4, USD 120,00
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Fast beiläufig erwähnen die irischen Annalen von Ulster im Jahr 1224 predictores intraverunt hiberniam. 1230 beschlossen die Franziskaner die Gründung einer irischen Ordensprovinz. Im späten 13. Jahrhundert kamen die Karmeliter, die Augustiner Eremiten und die Sackbrüder. Colmán Ó Clabaigh hat sich vorgenommen, die Geschichte der Mendikanten in Irland seit 1224 bis zur Auflösung der religiösen Häuser im Jahr 1540 in einem umfassenden Überblick darzustellen (xiii). Die ist ihm ganz hervorragend gelungen, das Buch ermöglicht eine gute Orientierung, bietet einerseits Überblickswissen und zugleich Einblicke in aktuelle Forschungen sowie ausgewogene Kritik an vermeintlich gesichertem Wissen.
Am Anfang steht der ereignisgeschichtliche Aufriss: Während die erste Phase der Etablierung der Bettelorden in Irland bis Ende des 13. Jahrhunderts vergleichsweise harmonisch verlief, folgte im 14. Jahrhundert eine Phase der Zwietracht. Zunehmende Spannungen zwischen anglo-irischen und englischen Brüdern zeichneten sich ab und wurden zum ersten Mal dramatisch sichtbar auf dem Provinzkapitel der Franziskaner in Cork im Jahr 1291, bei dem 16 Brüder den Tod durch die Hand ihre Mitbrüder fanden. Dieses Ereignis ging als Auftakt zu den 'racial tensions' im Irland des 14. Jahrhunderts in die Geschichtsbücher ein. Ó Clabaigh macht deutlich, dass die Nachrichten über dieses Ereignis ausnahmslos aus englischen Quellen des 14. Jahrhunderts, näherhin aus benediktinischen Häusern, stammen und warnt vor einer Überbewertung, da die Überlieferung zu diesem Vorfall vor allem antimendikantischen Strömungen zu verdanken sei. Es folgen die Wirren der Bruce-Invasion (1315) und schließlich die Pest (1348-1349), deren Verlauf der Franziskaner John Clyn aus Kilkenny minutiös dokumentierte, bevor er selbst der Seuche zum Opfer fiel (40).
Als Phase der Erholung und Reform wird die Zeit von 1390-1530 charakterisiert: Ein zweiter Frühling für die irischen Mendikanten, der maßgeblich durch die Reformbewegung der Observanten geprägt wurde. Während die frühen Niederlassungen eine Konzentration in den Städten der anglonormannischen Siedler im erweiterten Umfeld des Pale zeigen, fand die zweite, von den Observanten vorangetriebene Gründungswelle des 15. Jahrhunderts überwiegend in den ländlichen Gebieten der gälischen und anglo-irischen Lords in Munster, Connacht und Ulster statt.
Es folgen Kapitel zur Rolle der Stifter (87-117) und zum Alltagsleben der Bettelmönche (118-143). Aus den verschiedensten Quellen werden interessante Befunde über die wirtschaftlichen Aktivitäten der irischen Bettelmönche zusammengetragen. Sie bearbeiteten Gärten, Fischteiche, Obstgärten, beschafften Brennholz in eigenen und fremden Wäldern. Schenkungen wie landwirtschaftliches Gerät und Zugpferde (im Fall der Dominikaner von Athenry, 134) machen deutlich, dass die Brüder auch eigenständige Landwirtschaft betrieben. Ihre Rolle als Grundbesitzer wird über die wiederholte Erwähnung von Pächtern belegt. Auch wenn ihr Besitz und die Pachteinnahmen im Vergleich mit den traditionellen Orden und den Regularkanonikern sehr gering ausfielen, so stellten diese doch eine wichtige Einkommensquelle für die Brüder dar (135).
Schließlich der Bettel (135-138): Auch in Irland gab es klare durch limitationes begrenzte "Bettelbezirke" wie sie aus England und vom Kontinent bekannt sind. In der Regel waren diese deckungsgleich mit den für die Seelsorge und Predigt festgelegten Grenzen eines Konventes. Es wird deutlich, dass auch in Irland der Bettel die wohl konfliktträchtigste Einnahmequelle war, bedingt durch die Konkurrenz mit dem lokalen Säkularklerus und mit anderen Religiosen. In der Erzdiözese Tuam befahl der Erzdiakon den Gläubigen von der Kanzel, bettelnden Dominikanern von Athenry und Franziskanern von Claregalway künftig nichts mehr zu spenden. Der Fall wurde zugunsten der Bettelbrüder gelöst (136). Weitere Quellenfunde bieten ähnliche Momentaufnahmen: 1453 ermahnte man die Brüder auf der Provinzsynode in Cashel, nur innerhalb der Grenzen ihrer Bettelbezirke und ausschließlich mit bischöflicher Erlaubnis zu betteln. Der einzige überlieferte Fall für eine solche bischöfliche Lizenz stammt aus dem von Mario Sughi edierten Register des Octavio de Palatio, Erzbischof von Armagh und macht zugleich die internationale Prägung der Ordens in Irland deutlich: Im März 1489 erteilte der Erzbischof dem Franziskaner Innocent de Castrucio de Monte Regali die "Lizenz zum Betteln". Dem vermutlich aus Italien stammenden Bruder wurde erlaubt, in der Diözese Armagh Spenden für den Franziskanerkonvent in Paris zu erbetteln (137).
Was wurde erbettelt? Vor allem haltbare Lebensmittel wie Getreide, Malz, Brot, Bier. Der für die Messe benötigte Wein dagegen findet Erwähnung im Kontext von größeren Schenkungen. Wie es scheint, wurde der Wein überwiegend aus Bordeaux importiert. Miler de Bermingham und sein Sohn William, Erzbischof von Tuam, stifteten mehrere Fässer Wein für die Dominikaner in Athenry. Weitere Stiftungen dieser Art auch von anderen Bürgern der Stadt sind bis ins späte 15. Jahrhundert überliefert. Dass Wein nicht ausschließlich für den liturgischen Gebrauch getrunken wurde, bestätigt ein Eintrag aus den Annalen von Ulster für das Jahr 1451: Der Franziskanerkonvent in Cavan brannte nieder. Brandursache war ein Missgeschick mit einer Kerze, das Bruder Ua Mothlain unterlaufen war, "weil er berauscht war vom Weintrinken" (138).
Ein abschließender Abschnitt über die Rolle der Stifterfamilien als Gastgeber für Bettelmönche auf Reisen bietet interessante Aufschlüsse zu dem Zusammenhang zwischen der stets mobilen Lebensweise der Brüder und ihrer Arbeit an der Aufrechterhaltung überregionaler Netzwerke (138-143).
Das sechste Kapitel konzentriert sich auf die zeitgenössischen Kritiker der Bettelmönche (141-168). Die auf dem Kontinent von William von St. Amour mit seiner Schrift De periculis novissimorum temporum im Jahr 1256 begründete Fundamentalkritik der mendikantischen Lebensweise fand in Irland Mitte des 14. Jahrhundert in Richard FitzRalph, dem anglo-irischen Erzbischof von Armagh (1300-1360) ihren prominentesten Vertreter. Auch weniger bekannte Kritiker kommen zu Wort: Henry Crumpe (1376-1401), John Whitehead (1401-1410) und Philip Norris (1431-1467). Vergleichbares jedoch zur Kritik der Bettelmönche in der zeitgenössischen Literatur in Frankreich und England (Jean de Meun, Rutebeuf, Chaucer, John Gower, William Langland) findet Ó Clabaigh in Irland nicht. Zwar lässt sich die Zirkulation des Piers Plowman von Langland in Irland seit 1427 nachweisen, doch gibt es in der gälischen Dichtertradition nur ganz wenige antimendikantische Motive. Eine Ausnahme stammt aus dem späten 16. Jahrhundert: Das satirische Gedicht Bráthar bréige (A false friar) von Tadhg Dall O'Higgins.
Die Kapitel zu Liturgie (169-201), Architektur und Kunst (202-259) zeichnen sich durch Anschaulichkeit und wunderbare Bilder aus. In Konzentration auf die heute noch sichtbare Materialität der Gebäude werden die Klosteranlagen, Wasserversorgung, Baupläne und Bauplätze sowie die einzelnen Bestandteile der Konvente rekonstruiert. Aussagekräftige Bilder von Handschriften, liturgischem Gerät und Devotionalien sowie Luftbildaufnahmen geben dem Band eine auch ästhetisch ansprechende Note.
Das Kapitel zur Ausbildung und Nachwuchsrekrutierung (260-284) liefert u.a. interessante Befunde zur lokalen und sozialen Herkunft der Brüder aus den Quellen zu den Templerprozessen in Dublin im Jahr 1310, bei denen auch Mendikanten als Zeugen vernommen wurden. Die vom Kontinent bekannten Novizenhandbücher (Bernhard von Bessa, Speculum Disciplinae und David von Augsburg, De exterioris et interioris compositione hominis) fanden insbesondere unter den Observanten Verbreitung. Aufschlussreich sind auch die Spuren der studierenden Brüder aus Irland, die Ó Clabaigh in den studia generalia in Paris, Oxford, Cambridge, Bologna und Neapel verfolgt. Doch bleiben Details zur Organisation des Lehrbetriebs der irischen Bettelorden weitgehend im Dunkeln.
Das letzte Kapitel würdigt die Bedeutung der Bettelmönche als Prediger, Seelsorger und Beichtväter (285-317), bevor im Epilog die Geschichte der Auflösung unter Heinrich VIII. zusammengefasst wird: In der Zeit vom April 1539 bis Juli 1540 löste die königliche Kommission 51 mendikantische Niederlassungen in 37 verschiedenen Städten auf. Die daraus erzielten Einnahmen für den königlichen Fiskus waren verschwindend gering.
Annette Kehnel