André Laks / Rossella Saetta Cottone: Comédie et philosophie. Socrate et les «Présocratiques» dans les Nuées d'Aristophane (= Études de Littérature Ancienne; 21), Paris: Éditions Rue d'Ulm 2013, 259 S., ISBN 978-2-7288-0495-5, EUR 20,00
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Eric Csapo / Hans Rupprecht Goette / J. Richard Green et al. (eds.): Theatre and autocracy in the ancient world, Berlin: De Gruyter 2022
Vaios Liapis / Antonis K. Petrides (eds.): Greek Tragedy After the Fifth Century. A Survey from ca. 400 BC to ca. 400 AD, Cambridge: Cambridge University Press 2019
I. A. Ruffell: Politics and Anti-Realism in Athenian Old Comedy. The Art of the Impossible, Oxford: Oxford University Press 2011
Die sogenannte Alte attische Komödie des 5. Jahrhunderts pflegte, wie wir an den erhaltenen Komödien des Aristophanes, aber auch an den Fragmenten seiner Zeitgenossen sehen können, nicht nur seismographisch genau auf alle politischen Erschütterungen im engeren Sinne wie Krieg und Frieden oder Aufstieg und Niedergang von Demagogen wie besonders von Kleon oder Alkibiades zu reagieren; vielmehr finden alle Phänomene, die das Leben in der Polis Athen betreffen, insbesondere all das, was mit der 'Erziehung', 'Bildung' (παιδεία) der Athener zu tun hat, ständig Widerhall in den Stücken. In den Komödien aus der Zeit des Peloponnesischen Kriegs nehmen die Sophisten und all die, die die Komödiendichter im Dunstkreis der Sophistik angesiedelt sahen, einen nicht unbeträchtlichen Raum ein, ja, es wurde sogar eine Spielform entwickelt, die man Sophisten- oder vielleicht noch zutreffender Intellektuellenkomödie nennen könnte (vgl. B. Zimmermann, Aristophanes und die Intellektuellen, in: J.M. Bremer - E.W. Handley [Hgg.]: Aristophane [Entretiens sur l'antiquité classique], Vandœuvres - Genève 1993, 255-280). Das einzige erhaltene Beispiel sind die Wolken des Aristophanes aus dem Jahr 423, die durchfielen und die der Dichter nochmal umarbeitete - diese Fassung ist überliefert. In eine ähnliche Richtung gingen die fragmentarisch erhaltenen Komödien Die Schmeichler (Kolakes) und der Autolykos des Eupolis.
Oft enthalten die Komödien die einzigen Zeugnisse für bestimmte Aussagen oder Meinungen zeitgenössischer, aber auch früherer Philosophen. Vorsicht ist jedoch, wie gerade die aristophanischen Wolken zeigen, im höchsten Maße angeraten: Den Komödiendichtern ging es nicht um die historische Wahrheit. Nicht unbedingt muss das, was sie einem Philosophen wie Sokrates in den Mund legen oder zuschreiben, tatsächlich auch von diesem stammen. Die komische Technik der namentlichen Verspottung (ὀνoμαστὶ κωμῳδεῖν) brachte es mit sich, dass Personen, vor allem wenn sie als dramatis personae in das komische Spiel involviert waren, gleichsam als Platzhalter dienten, um den Philosophen (Sokrates in den Wolken), den Mathematiker (Meton in den Vögeln), den Dithyrambiker (Kinesias in den Vögeln) zu symbolisieren. Sodann geht es den Komikern natürlicherweise in erster Linie darum, Lachen zu erwecken. Dazu dienen auch philosophische Aussagen, wenn sie in den Augen des normalen Theaterbesuchers zu sehr dem common sense zu widersprechen scheinen und als Ausdruck der Abgehobenheit - so die Leitmetapher der Wolken - der Intellektuellen angesehen werden können.
Die Beiträge in dem vorliegenden Band tragen in der Regel diesen methodischen Prämissen Rechnung. Detailliert wird den Spuren der vorsokratischen Philosophie in den Wolken nachgegangen: Empedokles, Archelaos, Diogenes von Apollonia, Parmenides, den Reflexen der sophistisch beeinflussten Gerichtsrhetorik. Es ist dies ein nützliches und anregendes Buch, das eine wichtige Dimension der aristophanischen Komödie neu ausleuchtet.
Bernhard Zimmermann