Rezension über:

Harriet I. Flower: The Dancing Lares and the Serpent in the Garden. Religion at the Roman Street Corner, Princeton / Oxford: Princeton University Press 2017, XVI + 418 S., 24 Farb-, zahlr. s/w-Abb., ISBN 978-0-691-17500-3, GBP 37,95
Inhaltsverzeichnis dieses Buches
Buch im KVK suchen

Rezension von:
Jennifer Görtz
Institut für Klassische und Frühchristliche Archäologie / Archäologisches Museum, Westfälische Wilhelms-Universität, Münster
Redaktionelle Betreuung:
Matthias Haake
Empfohlene Zitierweise:
Jennifer Görtz: Rezension von: Harriet I. Flower: The Dancing Lares and the Serpent in the Garden. Religion at the Roman Street Corner, Princeton / Oxford: Princeton University Press 2017, in: sehepunkte 18 (2018), Nr. 7/8 [15.07.2018], URL: https://www.sehepunkte.de
/2018/07/31121.html


Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Harriet I. Flower: The Dancing Lares and the Serpent in the Garden

Textgröße: A A A

Über die Kenntnisse der generellen Abläufe und oberflächlichen Strukturen hinaus sind die Detailfragen zu Handlungen und Vorgängen im römischen Larenkult, sowie zu dem Charakter der Laren bis heute stellenweise umstritten oder gar unbeantwortet. Unter dem Titel "The Dancing Lares And The Serpent In The Garden - Religion At The Roman Street Corner" hat Harriet I. Flower nun eine bislang fehlende, umfassende Monografie zu den römischen Laren vorgelegt. Auf 351 Textseiten wertet sie hierfür die erhaltenen Schriftquellen aus, die Auskünfte geben über die Natur und das Wesen der Laren und deren Kult. Über die Inhalte aus den Schriftquellen hinaus befasst sich die Autorin an allen zentralen Stellen mit antiken Zeugnissen weiterer Gattungen und der bisherigen Forschungsmeinung. Durch eine sehr quellenkritische Vorgehensweise versucht Harriet I. Flower die offenen Fragen aus dem antiken Material heraus zu beantworten.

Die profunde Studie ist in vier Hauptabschnitte gegliedert. Das erste Kapitel "Lar(es) / Genius And Juno / Snake(s)" (1-75) nimmt den Leser mit zu den Fragen nach der Herkunft der Laren, mit an ihre frühesten Kultplätze und widmet sich auch der zentralen Frage nach der Anzahl der Laren. In diesem, die Grundlagen aufarbeitendem, Kapitel werden über die Betrachtung der Schriftquellen hinaus auch die Larendarstellungen innerhalb der campanischen Wandmalerei als wichtige Quelle herangezogen. Vor allem für ein Verständnis der bereits mit dem Titel suggerierten Verbindung zwischen den tanzenden Laren und den Schlangen bedarf es der genauen Betrachtung der farbenfrohen campanischen Wandmalerei als weiterer Quelle (63).

Im zweiten Kapitel "Shrines For Lares In Rome" (76-159) steht erwartungsgemäß die Topografie des Kultes im Zentrum. Verschiedene Kultorte, die tiefe Dimensionalität von kleinen Schreinen an Wegkreuzungen bis hin zu Tempelgebäuden und über allem die starke Individualität des Larenkultes in Rom (und dem römischen Reich) werden hier vorzüglich aufgearbeitet. Die Autorin löst sich in besonderem Maße von festen Kategorisierungen und Vergleichen der Laren mit anderen Göttern wie beispielsweise den Dioskuren oder Penaten (158), um einen Einblick in die individuellen Beweggründe und Wahrnehmungen eines durchschnittlichen Opferbringers in einer in verschiedenen Kontexten aber eben substantiell im Häuslichen gelebten göttlichen Verehrung zu ermöglichen.

Im dritten Kapitel "Celebrating Lares" (160-254) sind es die Menschen, das Kultpersonal sowie die Feste und Strukturen des Kultes, die anhand der literarischen Quellen und ergänzt durch die epigrafischen Zeugnisse betrachtet werden. Unter besonderer Betrachtung steht hierbei der Versuch einer Rekonstruktion der Abläufe und Feierlichkeiten der compitalia. "The day of Compitalia itself was celebrated by the sacrifice of a fatted pig to the lares compitales at the compital shrine and by a banquet of the pork shared with one's neighbours." (170) Detailfragen zu Kulthandlungen und vor allem Fragen zu den Magistri, Ministri und Collegia werden hier auf den Larenkult bezogen, tangieren darüber hinaus jedoch auch Aspekte zu den Abläufen, Strukturen und Verknüpfungen innerhalb der religiösen und politischen Strukturen des gesamten römischen Reichs.

Das vierte Kapitel "Augustus And The Lares Augusti" (255-347) umfasst ein engeres und häufig diskutiertes Themenfeld, in dem sich die Autorin speziell den Einflüssen und Beziehungen Kaisers Augustus auf den Larenkult widmet. "[...] an investigation of the lares augusti and their cult within the larger context of Augustan religious revivalism and renewal reveals their unique place within the official image of the Augustan new age of prosperity and harmony." (256) Vor allem die antiken Zeugnisse zur Reform des Jahres 7 v.Chr. stellt Harriet I. Flower detailliert vor (271-283) und widmet sich ausführlich den einschneidenden Reformen Kaisers Augustus. Neben den wenigen erhaltenen literarischen Zeugnissen greift die Autorin an dieser Stelle vor allem auf die erhaltenen Inschriften und die mit diesen verbundenen Darstellungen als Quellengattungen zurück. "To sum up the state of our available sources: the contrast between the detailed contemporary information for the administrative and religious innovations of 7 BC provided by inscriptions (and their related images) and the cursory and incomplete references in literary texts is frustrating but not entirely surprising." (274)

In einem abschließenden Epilog widmet Harriet I. Flower dem Ende der Ausübung des Larenkultes noch einige Zeilen (348-351).

Die Sorgfalt, mit der diese Studie ausgearbeitet worden ist, spiegelt sich in der durch 24 Farbtafeln, weitere Abbildungen und vor allem die drei verschiedenen Anhänge angenehm gesteigerten Übersichtlichkeit wieder. In besonderem Maße stellt auch der ausführliche Index eine Bereicherung für die Lesbarkeit der Studie dar. Ebenso ist zu erwähnen, dass die 26 Seiten umfassende, präzise und umfangreiche bibliografische Auflistung die erarbeiteten Ergebnisse und Thesen sehr gut nachvollziehbar macht und gleichzeitig eine Bereicherung für kommende und weiterführende Arbeiten darstellt.

Harriet I. Flower ist es mit dieser detailliert recherchierten Studie gelungen, ein auf den antiken Schriftquellen und dem heutigen Forschungsstand fußendes Kompendium über den Larenkult im römischen Reich vorzulegen. Darüber hinaus greifen ihre Untersuchungen an interessanten Aspekten die bisherigen Forschungsmeinungen auf und liefern spannende und aktuelle Thesen, die auch im Weiteren zu diskutieren sein werden. "All this is to say that many questions still remain open for future research." (232) Vor allem die Grenzen des wissenschaftlich korrekten Arbeitens werden durch den kritischen Umgang mit den Quellen der verschiedenen Gattungen und der Fachliteratur deutlich aufgezeigt. Es bleibt zu konstatieren, dass einige Details und Zusammenhänge in Bezug auf die Kultausübung, die Abläufe und die generelle Einordnung der Laren aus den erhaltenen Quellen nicht mehr mit Gewissheit rekonstruiert werden können. Die Autorin konkludiert dieses Problem auf Seite 38: "Yet no surviving author wrote their story in Latin and no one explained their number or nature."

Jennifer Görtz