Tanja Itgenshorst: Tota illa pompa. Der Triumph in der römischen Republik (= Hypomnemata. Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben; Bd. 161), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2005, 300 S., 1 CD-ROM, ISBN 978-3-525-25260-4, EUR 69,90
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Shelley Hales: The Roman House and Social Identity, Cambridge: Cambridge University Press 2003
Der römische Triumph, zumal der republikanische, ist gerade in den letzten Jahren ein wieder häufiger behandeltes Thema geworden. Der Fokus der Forschung hat sich dabei freilich gegenüber älteren Arbeiten, die gerne seinen "Ursprung" oder staatsrechtliche Aspekte behandelten, auf die Frage nach der Sinndimension dieser außergewöhnlichen Ehrung verschoben. Das zu besprechende Werk, eine in Köln entstandene Dissertation, ordnet sich in diesen Kontext ein und setzt dabei - das sei vorweggenommen - neue Akzente.
Die Studie ist neben Pro- und Epilog in fünf Hauptteile gegliedert. Sie beginnt mit einer Schilderung der von Augustus nach seinem Sieg im Bürgerkrieg ins Werk gesetzten Verewigung seiner eigenen wie der übrigen bis dato gefeierten Triumphe. Nach einem imaginierten Rundgang entlang der Augusteischen Monumente mit Bezug zum Triumph (Fasti triumphales, Forum Augusti) formuliert Itgenshorst ihre Ausgangsfrage, ob Zeitgenossen und insbesondere unsere kaiserzeitlichen Hauptinformanten über das republikanische Triumphritual aus diesen Monumenten denn "Erkenntnisse über die republikanische Realität der Siegesfeier" hätten gewinnen können (12).
Sodann beginnt die Autorin ein scheinbar paradoxes Unterfangen. Sie dekonstruiert einen wesentlichen Teil ihrer Quellen, nämlich die kaiserzeitlichen, auf Griechisch geschriebenen Berichte über den republikanischen Triumph (Dionysios v. Halikarnassos, Appian, Plutarch, Cassius Dio-Zonaras sowie Flavius' Bericht über den Triumph der Flavier im Jahre 71 n. Chr.). Ihr gelingt es dabei meines Erachtens plausibel zu zeigen, dass diese Texte zwar allerlei allgemeine Informationen über den Triumph enthalten, aber kaum auf konkrete republikanische Siegesfeiern Bezug nehmen. Stattdessen macht Itgenshorst eine weithin "idealtypische" Konstruktion des Triumphrituals aus, deren Verbindlichkeit für die republikanische "Realität" bezweifelt werden könne. Der daraus gezogene Schluss ist so radikal wie - angesichts ihrer Themenstellung - mutig: Sie verabschiedet für die Frage nach dem republikanischen Triumph weitgehend gerade die sonst in der Forschung häufig herangezogenen Berichte der Genannten (vgl. 41). Ebenso deutlich kritisiert sie die Forschung für ihren unkritischen Umgang mit den wenigen ausführlich beschriebenen konkreten Triumphen der Republik, was zu einer Überbewertung dieser wenigen Fälle und einer Unterbelichtung der Gesamtheit der (republikanischen) Überlieferung zu(m) Triumph(en) geführt habe (31-41).
Aus diesem Misstrauen heraus begibt sie sich zunächst auf "Spurensuche" bei Plautus, Polybios und Cicero. Hierbei macht sie mit hohem philologischem Sachverstand zahlreiche spannende Einzelbeobachtungen, die an dieser Stelle leider nicht angemessen gewürdigt und diskutiert werden können. Hingewiesen sei wenigstens auf ihre sehr überzeugende Lektüre der ciceronischen Pisoniana (v. a. §§ 31 ff.): Aus der Kritik am "triumphunwilligen" Piso rekonstruiert sie, durch Umkehrung der Aussagen Ciceros, einen teilweisen Ausgleich für die fehlenden republikanischen Schilderungen (82-88).
Nach den literarischen kommen im dritten Teil der Untersuchung nun die Triumph-"Monumente" in den Blick, worunter Itgenshorst u. a. Spiele, verschiedene Formen von Weihungen, Stadtgründungen, Ehrenstatuen, Cognomina und Münzen fasst. Diese befragt sie einerseits nach dem Selbstverständnis der Triumphatoren sowie andererseits nach dem Stellenwert eines Triumphes. (Und - etwas ungleichgewichtig - danach, ob, wie z. T. behauptet, alle Triumphatoren eine Ehrenstatue erhalten hätten [1], vgl. 92f.). Die Monumente differenziert sie überdies danach, wer (Triumphatoren oder Andere) sie wo wann (zu Lebzeiten oder später) und für welche Adressaten habe schaffen lassen (96-98). Hervorzuheben ist v. a. ihre Beobachtung, dass die zeitgenössischen Inschriften der Triumphatoren überraschenderweise eher selten auf den eigentlichen Triumph rekurriert zu haben scheinen und dieser in der späten Republik gegenüber dem Imperatorentitel noch weiter abgewertet wurde (112-125): "Der Imperatorentitel wurde gleichsam zu einem Teil des Cursus, der Triumph nicht." Auch die abschließende Betrachtung der Erinnerungsstrategien ganzer Familien deuten nach Itgenshorst, mit Abstrichen, in die gleiche Richtung. So hätten Familien mit mehreren Triumphatoren eher wenig an die eigentlichen Triumphe erinnert; demgegenüber stellten "triumphatores novi" wesentlich häufiger jene Ehrung in den Vordergrund (vgl. 144 f.). Überhaupt sei der Umgang mit der Ehrung Triumph von bemerkenswerter Uneinheitlichkeit geprägt gewesen.
Erst jetzt (Kap. IV) nimmt sie sich des zwischen Republik und Prinzipat stehenden Livianischen Geschichtswerks an (150-188). Sie unternimmt auch an diesem eine gründliche quellenkritische Lektüre und kann so zwei Haupttendenzen aufzeigen: Einerseits erweist sich Livius' fast lückenlose Aufreihung der republikanischen Triumphe als wohl überlegte Dokumentation der römischen Expansion, wobei der von Livius - anders als in kaiserzeitlichen Texten - als "zeitloses Ritual" (vgl. 154) konstruierte Triumph geradewegs als Indikator des römischen Erfolgs fungiert. Andererseits aber zeugen die eingeflochtenen Debatten um die Bewilligung von Triumphen von den erheblichen Differenzen in der inneraristokratischen Einschätzung militärischer Erfolge. Ein Exkurs zu Valerius Maximus' Kapitel de iure triumphi (2,8) zeigt nach Itgenshorst, dass sich auch diese "Konstruktion" des republikanischen Triumphs nur wenige Jahre später zu Gunsten einer (angeblich) einmütigen Senatshaltung geändert habe (180-188).
Im letzten Kapitel führt sie ihre Beobachtungen zusammen und verdeutlicht, dass das Triumphritual (worunter für sie nicht nur der Triumphzug fällt, sondern auch die Kommunikation zwischen Senat und Feldherren nach einem Sieg) ein sehr konfliktträchtiges Spannungsfeld darstellte, in das der Feldherr zwischen Senat, den stadtrömischen Bürgern und den Soldaten "eingebettet" war (vgl. 205). Über die Einschätzung der (Be-)Deutung des Triumphes dürfte dabei in Rom keineswegs eine einheitliche Auffassung geherrscht haben. Erinnert sei nur daran, dass die Verfasserin zeigen konnte, dass der Triumph für die Aristokraten Roms mitnichten "alternativlos an der Spitze der möglichen Ehrungen" stand (218, vgl. oben). Diese Interpretation errang laut Itgenshorst erst unter und durch Augustus (z. B. bei Livius und in den summi viri des Forum Augusti) ihre bis in die Gegenwart dauernde Vorherrschaft (vgl. den Epilog).
Der Anhang umfasst neben Bibliografie und Registern auch 45 Stemmata von Familien mit mehreren Triumphatoren, eine Liste der Triumphe von 735-19 v. Chr. und den nach gentes sortierten Katalog der Triumphatoren ab 340 v. Chr. Die beiden letzten Überblicke finden sich auch auf der beiliegenden CD-ROM (PDF-Dokumente). Darüber hinaus bietet Itgenshorst hier einen 429 Seiten starken Katalog der Triumphe (340-19 v. Chr.), der neben den Namen der Triumphatoren und Informationen zu verschiedenen Kategorien (z. B. Laufbahn des Triumphators, "Monumente" zur Erinnerung der Triumphe - Spiele, Bauten, Münzen, Statuen, Beuteweihungen etc.) auch Angaben zu anderem Erwähnenswertem, etwa Differenzen in der Überlieferung oder Auseinandersetzungen um den Triumph, enthält. Diese Auflistung stellt für jeden, der sich in Zukunft mit republikanischen Triumphen (insbesondere unter diachronen Fragestellungen) beschäftigen wird, ein unschätzbares Hilfsmittel dar und bietet z. B. gegenüber Pais' Werk [2] auch den Vorzug, dass Recherchemöglichkeiten durch die elektronische Form wesentlich erleichtert werden.
Hier ist nicht der Raum, Itgenshorsts zahlreichen Einzelbeobachtungen die verdiente Würdigung zukommen zu lassen, mit denen man sicher nicht in allen Fällen übereinstimmen muss (z. B. hinsichtlich ihrer Behandlung von Plautus und v. a. von Valerius Maximus). Das kann aber angesichts der Breite ihrer Quellenbasis und ihrer prägnanten Thesen nicht verwundern. Es muss aber an dieser Stelle ein überaus positives Fazit stehen: Der Studie gelingt es eindrucksvoll, unser Bild vom republikanischen Triumph, das weithin noch immer von vereinheitlichenden Auffassungen dominiert wird, aufzubrechen und so zu bereichern. Wollte man die Arbeit banalisieren, könnte man sagen, Itgenshorst habe lediglich die Forderung nach Quellenkritik nachdrücklich verwirklicht - allein dies gelingt ihr freilich in beeindruckender Weise. Sie leistet jedoch mehr: eine Interpretation, die die unterschiedlichen antiken Deutungsebenen aufdeckt, sorgfältig analysiert und - sich von diesen emanzipierend - eine neue Interpretation des Triumphes entwirft.
Anmerkungen:
[1] Diese Frage spielt auch im weiteren Verlauf der Arbeit keine so zentrale Rolle mehr und wird merkwürdigerweise hauptsächlich in Anmerkungen aufgegriffen (143, A. 223; 156, A. 31).
[2] E. Pais: Fasti triumphales Populi Romani, 2 Bde., Roma 1920.
Fabian Goldbeck