Klaus Schroeder: Kampf der Systeme. Das geteilte und wiedervereinigte Deutschland, Reinbek: Lau-Verlag 2020, 386 S., ISBN 978-3-95768-217-8, EUR 26,00
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Karl-Heinz Paqué / Richard Schröder: Gespaltene Nation? Einspruch! 30 Jahre Deutsche Einheit, Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung 2020, 289 S., ISBN 978-3-907291-00-9, EUR 32,00
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Klemens Kaps: Ungleiche Entwicklung in Zentraleuropa. Galizien zwischen überregionaler Verflechtung und imperialer Politik (1772-1914), Wien: Böhlau 2015
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Günther Rüther: Die Unmächtigen. Schriftsteller und Intellektuelle seit 1945, Göttingen: Wallstein 2016
Gunter Hofmann: Willy Brandt. Sozialist - Kanzler - Patriot, München: C.H.Beck 2023
Paul Betts: Within Walls. Private Life in the German Democratic Republic, Oxford: Oxford University Press 2010
Sarah Haßdenteufel: Neue Armut, Exklusion, Prekarität. Debatten um Armut in Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland, 1970-1990, Berlin / Boston: De Gruyter Oldenbourg 2019
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Klaus Schroeder: Fremdsichten von Bundeswehr und Nationaler Volksarmee im Vergleich 1955/56-1989, Berlin: Ch. Links Verlag 2022
Klaus Schroeder u.a.: Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland. Ein Ost-West-Vergleich. Unter Mitarbeit von Steffen Alisch, Susanne Bressan, Monika Deutz-Schroeder, Uwe Hillmer, Paderborn: Ferdinand Schöningh 2004
Klaus Schroeder / Jochen Staadt (Hgg.): Die Todesopfer des DDR-Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze 1949-1989. Ein biografisches Handbuch, Bruxelles [u.a.]: Peter Lang 2017
Erinnerungen und Deutungen des Einheitsgeschehens sind emotional wie geschichtspolitisch aufgeladen, heute vielleicht mehr als je zuvor. Trotz (oder gerade wegen?) der pandemiebedingt kleiner ausgefallenen Gedenkfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag haben die ohnehin existierenden Spannungen angesichts links- wie rechtspopulistischer Instrumentalisierungen dieser Frage noch einmal deutlich zugenommen. Existente wie auch imaginierte Ost-West-Unterschiede werden dabei in Forschung und Publizistik - in je unterschiedlicher Gewichtung - entweder stärker auf die Nachwirkungen der deutschen Teilung oder auf Nebeneffekte des Einigungsgeschehens selbst zurückgeführt; ganz ähnlich argumentieren auch die beiden vorliegenden Bücher.
Dass sich Ost- und Westdeutsche in vielen Bereichen bis heute fremd geblieben sind, weiterhin verschiedene Befindlichkeiten grassieren und teils gravierende Unterschiede fortexistieren, begründet der Berliner Politikwissenschaftler Klaus Schroeder in seiner Abhandlung über den "Kampf der Systeme" zum einen mit der gut 40-jährigen Teilung des Landes, zum anderen mit dem Prozess der Wiedervereinigung selbst. Diametral entgegengesetzte Prägungen durch die unterschiedlichen, in vielerlei Hinsicht "sogar gegensätzlichen Systeme" (15) hätten eine Kluft erzeugt, die dauerhaft nachwirke, was gleichermaßen für Wirtschaft, Sozialstruktur, Politik, Kultur oder Lebensweisen gilt. Die Grundprinzipien von Freiheit und Gerechtigkeit dienen Schroeder als "Ausgangspunkt und Kriterium für die Betrachtung der deutschen Teilungs- und Wiedervereinigungsgeschichte" (20) - und gemäß dieses Axioms laufen seine Betrachtungen auch konsequent auf eine Kontrastierung beider Teilstaaten hinaus.
Der erste Teil der Darstellung kontrastiert Diktatur und Demokratie; er ist mit dieser (Über-)Betonung von "Differenz" mithin weit davon entfernt, eine - so der selbsternannte Anspruch - gesamtdeutsche Nachkriegsgeschichte zu erzählen, die Verflechtungen und Wechselwirkungen stärker einbeziehen müsste. Kollektivierung, Konformitätserzeugung durch repressive Maßnahmen, umfassender Erziehungsanspruch und Entindividualisierung im SED-Staat stehen in dieser Lesart dem bundesdeutschen Grundgesetz, Freiheit, Gewaltenteilung, Pluralismus, kapitalistische Marktökonomie und Sozialstaat kontrastiv gegenüber. Diese Linie zieht sich stringent durch das Schroeder'sche Teilungsnarrativ: politische Entwicklungslinien und die Rolle von "1968" (dem der Autor wenig Gutes abgewinnen kann) in der Bundesrepublik; für die DDR werden zweifellos zentrale, gleichwohl erwartbare Schwerpunktlegungen - wie der Aufstand des 17. Juni 1953, Repression und Opposition, Grenzregime, Mauerbau oder die SED-Dominanz - durch Bemerkungen über die innerdeutschen Beziehungen und die Sozialpolitik, soziale Strukturen und Konsumgeschichte ergänzt. Damit wird zutreffend auf die Chimäre einer sozialen, gerechten, auf Gleichheit und Gleichberechtigung bedachten DDR hingewiesen. Die deutsch-deutsche Geschichte ließe sich so erzählen, würden damit aber nicht wesentliche andere Aspekte marginalisiert: Denn Alltag, Kultur, Freizeit und Lebenswelten sowie der "Eigen-Sinn" verblassen bei derart dicken Pinselstrichen.
Ergänzt wird sein Zugriff immer wieder durch polemische Passagen und subtile bis offene politische Seitenhiebe, die ins Heute reichen und insbesondere auch die folgende Bilanz der DDR-Geschichte strukturieren: "Fakten" und "Daten" werden hier den individuellen Erzählungen und Erinnerungen "vieler Ostdeutscher", die die DDR als soziales Wunschbild rekonstruierten, appellativ dem "Erfolgsmodell" Bundesrepublik gegenübergestellt: Unterversorgung, Mangelgesellschaft, Korruption, schwache Produktivität, katastrophale Infrastruktur, Umweltzerstörung, höhere Suizidraten und geringere Lebenserwartung - all dies und weiteres verböten eine nachträgliche Legitimierung und "Wiederauferstehung der DDR" per se. Retrospektive Identifizierungen mit der DDR seien bloße Folgen eines Ausblendens der repressiven und diktatorischen Elemente wie auch weichzeichnend-verharmlosender Diskurse in Elternhaus und Teilen der Medien. Daraus resultiere eine Verklärung des Diktaturcharakters, was wiederum verunmögliche, ein auch nur "halbwegs realistisches Bild" beider Gesellschaften zu zeichnen. Das Buch ist dementsprechend gegen Nostalgiker und die "weichgespülten Erinnerungen vieler Ostdeutscher" (160) gerichtet - ein Urteil, das eben jene Erinnerungen nicht nur nicht differenzierend zu erklären vermag, sondern vielmehr vorhandene Abwehrhaltungen eher noch verstärken dürfte.
Der Weg zur Einheit wird als Zusammenspiel interner und externer Faktoren nachgezeichnet, das Agieren damaliger "Vereinigungsgegner" als nutzlos beurteilt, stattdessen die Zwangsläufigkeit übergreifender Entwicklungen betont, ehe 1989/90 der "Beitritt eines gescheiterten zu einem erfolgreichen System" (22) erfolgte. Jenem Transformationsprozess stellt der Autor drei alternative fiktive Szenarien gegenüber, die zwar aufgrund ihrer aberwitzigen Annahmen amüsant zu lesen sind, jedoch allesamt zu einem klaren Ergebnis führen, nämlich dem Weg der Vereinigung unter Kohl'scher Führung, dem "Bundesrepublik und DDR (zum Glück) im Wesentlichen" gefolgt seien (211). Damit ordnet sich Schroeder unverkennbar und abermals bei den unbedingten Verfechtern der schon zeitgenössisch einprägsamen Formel einer vermeintlichen "Alternativlosigkeit" ein.
In seinen Betrachtungen über die Zeit nach dem Vollzug der Einheit hält Schroeder an seiner früheren These einer "Wohlstandsexplosion" fest und betont mehrfach deren immense Transferkosten. So diskussionswürdig dies im Einzelnen auch ist, die Rolle der Treuhand scheint aus Sicht des Autors in Öffentlichkeit und Forschung insgesamt bislang deutlich zu schlecht weggekommen sei und ein zu Unrecht "beliebter Sündenbock" (229), der "in Ostdeutschland und in linksradikalen westdeutschen Kreisen blanken Hass" (232) auf sich gezogen habe. Vergessen würden in solchen Verkürzungen die wirtschaftlich desolate Ausgangslage und die kaum profitablen DDR-Betriebe. Fahrlässig-kurzsichtige Liquidierungspolitiken, das kriminelle Potential der Organisation, die mediale Konzentration auf besonders skandalträchtige Fälle von Privatisierungen sowie der ungerechtfertigte Topos des "Ausverkaufs" dominierten laut Verfasser das heutige Treuhand-Bild. "[W]ichtige Fakten" zum Transformationsprozess würden dabei nicht oder verkehrt kontextualisiert betrachtet. Resultat sei ein "falsches oder zumindest irreführendes Bild" (23) der Transformation, dem Schroeder das Label "Erfolg" aufzukleben versucht. In ähnlicher Manier weist er solche Argumente zurück, die eine "Siegerjustiz" des Westens beklagen oder die rasche Verbesserung der Lebensverhältnisse relativieren. Schroeder hält solchen Stimmen entgegen: Die Bilanz des Transformationsprozesses sei ungleich besser als die Stimmung; aufgrund "irreführender Interpretationen" und "vernachlässigter Fakten" sei er für Ostdeutsche zumindest materiell ein "Erfolgsmodell" gewesen, schließlich hätten die meisten Menschen "viel gewonnen und etwas verloren" (313).
In den abschließenden Darlegungen über das Unbehagen am Prozess der Wiedervereinigung (Kapitel V) verschwimmt die Analyse endgültig mit aktuellen politischen Beobachtungen, bisweilen unterlegt mit bissiger Ablehnung unliebsamer Politikerinnen und Politiker, (zeitgenössischen wie nachmaligen) Skeptikern des Vereinigungsgeschehens oder solchen, die - so die Unterstellung - die "bittere Bilanz des realen Sozialismus" (305) nicht zu erkennen in der Lage seien, darunter zu Teilen auch "ehemalige Bürgerrechtler und aufstrebende Nachwuchswissenschaftler" (316). Kurz: Jedwede Kritik am Wiedervereinigungsprozess als "interessensgeleitet und ordinäre Ideologie" (318) zurückweisend, mischt sich die (politik-, weniger geschichtswissenschaftliche) Untersuchung mit Zeitzeugenschaft und ebenfalls kaum verhohlener interessensgeleiteter politisch-ideologischer Meinung und dem übergeordneten Ziel, jeglichen kritisch-abweichenden Einheitsnarrativen vehement eine "Erfolgsgeschichte" Einheit entgegenzuhalten, "auf die wir stolz sein dürfen". Angetreten, eine Lücke zu schließen, eine gesamtdeutsche Geschichte zu konzipieren, die sowohl Teilung als auch Wiedervereinigung berücksichtigt, fehlen hier bezeichnenderweise Anschlüsse an jegliche jüngere geschichts- und kulturwissenschaftliche Forschungen. Statt einer Einbeziehung einschlägiger jüngerer Arbeiten knüpft der Autor an seine früheren Arbeiten an. Herausgekommen ist letztlich eine einseitige, unausgewogene, an den entscheidenden Stellen an der Oberfläche verharrende, bisweilen zynisch anmutende, vielfach Groll artikulierende - und damit Unmut erzeugende - Arbeit.
Die zweite Veröffentlichung stammt aus den Federn eines illustren Gespannes: der gebürtige Westdeutsche Karl-Heinz Paqué, der seit Jahren im Osten der Republik tätige Wirtschaftsprofessor und einstige FDP-Landesfinanzminister, auf der einen, der Philosoph und Theologe Richard Schröder, in Ostdeutschland aufgewachsen, Mitglied der SPD, auf der anderen Seite. Beide haben das Buch zwar gemeinsam erarbeitet, aber bis auf Einleitung und Nachwort getrennt voneinander verfasst. Herausgekommen ist eine Streitschrift, die dem Wunsch verpflichtet ist, ein Korrektiv zu sein, präventiv gegen Mythenbildungen zu agieren und eine Auseinandersetzung mit diffusen Unter- oder auch Überlegenheitsgefühlen zu initiieren. Einigungsprozess und das Zusammenwachsen der Nation seien, so der interpretatorische Kern des Essays, zwar alles andere als harmonisch und reibungslos verlaufen, aber unter dem Strich als Erfolg zu bewerten. Damit richten sich beide gegen frühere und aktuelle Mythen, die wahlweise ein Politikversagen, bewusst vom Westen kalkulierte Zerstörungen, eine von Anfang an absichtlich vollzogene Demütigung der Ostdeutschen und anderes unterstellen. Abwehren möchten Paqué und Schröder Gefahren (post-)kolonialer Deutungen oder die Entstehung einer "neuen Dolchstoßlegende", die das gesamtdeutsche Klima vergifte. Diese Legende besage, die Wirtschaft der DDR sei 1989/90 trotz verschiedener Mängel noch leistungsfähig gewesen, dann jedoch gezielt geschwächt, ja zerstört worden (13).
Mit der gewählten Perspektive möchten beide Autoren das Projekt "Aufbau Ost" als Erfolg würdigen und zugleich eine Distanzierung von ostdeutschen Opfernarrativen erreichen. Das Buch ist, wie beschrieben, zweigeteilt. Ehe von Schröder die "Mythen" in durchaus bekannter Diktion dekonstruiert werden, präsentiert Paqué in autoritativer Manier die "Fakten", bezogen vor allem auf wirtschaftliche bzw. wirtschaftspolitische Dimensionen. Der Abschnitt behandelt das Erbe der DDR-Planwirtschaft und die damit verbundenen massiven Herausforderungen, wodurch die Treuhand schlechterdings vor eine "Mammutaufgabe" gestellt worden sei. Betont werden die fehlende Effizienz und mangelnde Innovationskraft; beinahe erwartungsgemäß wird der "Schürer-Bericht" angeführt, ehe die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik und die Rolle der Treuhand reflektiert werden. Deren Agieren wird in Anbetracht der Kürze der Zeit und des Handlungsdrucks wohlwollend, die zu beobachtenden sozioökonomischen Verwerfungen als Ergebnis der DDR-Planwirtschaft interpretiert. Die Leistung der Treuhand in puncto Privatisierungen könne - so eine bemerkenswerte interpretatorische Verengung - allein volkswirtschaftlich bewertet werden, zumal der dramatische und sich rasch vollziehende Strukturwandel als Kontext entscheidend sei. Am Ende steht unter anderem das Plädoyer für Differenzierung in der Beurteilung nach Branchen und Produkten. Wer andere Publikationen des seit Jahrzehnten in Magdeburg heimischen Akademikers und Politikers kennt, findet hier vielfach Bekanntes - und folglich auch die Feststellung wieder, die Vereinigung sei nicht auf rein wirtschaftsliberalem Wege oder im Sinne einer marktradikalen Anpassung vonstattengegangen, sondern hätte sich dem Leitbild der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet gefühlt. Dabei wird zutreffend auf die Fülle an renten-, sozial- und arbeitsmarktpolitischen Instrumenten verwiesen. Seither habe sich bezüglich der Aspekte Wirtschaftswachstum, Arbeitsproduktivität, Wertschöpfung, Arbeitslosigkeit und Löhnen eine - regional freilich stark zu differenzierende - auffällige Annäherung eingestellt, übrigens auch bei der Zufriedenheit in Ost und West. Auch der kurz tangierte Vergleich mit den östlichen europäischen Nachbarn erhärte diese Angleichung, wodurch der eingeschlagene Weg letztlich ohne realistische Alternative geblieben sei.
Sodann erörtert Schröder diverse "Mythen": über das Leben in der DDR, die "friedliche Revolution" und das Transformationsgeschehen. Zu Unrecht habe die Treuhand, so der Mitverfasser, einen "extrem schlechte[n] Ruf" und sei dadurch "Sündenbock, Prügelknabe, Prellbock und Blitzableiter" (182). Dieser Eindruck dient dem Verfasser als Überleitung in eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Thesen Petra Köppings zum Thema und der daraus u.a. abgeleiteten angeblich verstärkten Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland (von Schröder polemisch-ablehnend als "Dramatisierung" und "Küchenpsychologie" abgetan). Letztlich würden aus seiner Sicht sachliche Fehler, Übertreibungen und Verzerrungen das Thema beherrschen. Das Ergebnis: mangelnde Würdigung der gewaltigen Umstellungsleistungen Ostdeutscher: ja, pauschale Etikettierung als "Bürger zweiter Klasse": nein. Ä hnlich wie bei Klaus Schroeder werden auch hier die Erfolge der Alternative für Deutschland im Osten und der deutlich größere Zulauf von "PEGIDA" weniger auf die Nebenwirkungen der 1990er Jahre, sondern auf die mentalen und sonstigen Hinterlassenschaften der DDR zurückgeführt - ein altbekanntes Argument, an dem sich die künftige zeithistorische Forschung noch verstärkt wird abarbeiten müssen, um dann vermutlich eher eine differenzierte Sowohl-als-auch-Perspektive einzunehmen.
Paqué und Schröder - wie Schroeder nicht nur Analysten und Interpreten, sondern auch Zeitzeugen des Einheitsgeschehens - sehen in der komplexen Ost-West-Thematik letztlich weniger Frustration, als aus ihrer Sicht oft suggeriert wird. Sie führen die damaligen wie anhaltenden Enttäuschungen vielmehr auf die unrealistischen Erwartungshaltungen von vor 30 Jahren zurück. Im Buch, gerichtet an ein anderes als ein genuin zeithistoriographisch geschultes Publikum, werden frühere Argumente beider im Lichte gegenwärtiger Diskussionen und Entwicklungen re-aktualisiert. Es überwiegen Passagen, die Gemeinsames und Annäherungen betonen und stark machen, weniger Trennendes und Widersprüchliches sowie die fortbestehenden, nicht wegzuwischenden Unterschiede. All dies mag richtig und wichtig sein, wird allerdings allzu oft mit normativem Unterton vorgetragen. Auch der Verweis, viele andere Nationen würden die deutsche Einheit als geglückt, respektabel und vorbildlich einschätzen, ist kaum von der Hand zu weisen, doch bringt der zeithistorischen Analyse solches Übermaß an affirmativ-normativer Deutung nur wenig. Diese ist stattdessen dazu aufgerufen, sich künftig noch stärker mit der Wirkmacht und Langlebigkeit zeitgenössischer Interpretationen auseinanderzusetzen und diese reflektiert zu historisieren.
Christoph Lorke