Bernhart Jähnig: Die landesgeschichtliche Bedeutung der Königsberger Königskrönung von 1701 (= Tagungsberichte der Historischen Kommission für Ost- und Westpreußische Landesforschung; Bd. 18), Marburg: Elwert 2004, 182 S., ISBN 978-3-7708-1266-0, EUR 19,00
Buch im KVK suchen
Bitte geben Sie beim Zitieren dieser Rezension die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Wolfgang von Hippel: Das Herzogtum Württemberg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges im Spiegel von Steuer- und Kriegsschadensberichten 1629-1655. Materialien zur Historischen Statistik Südwestdeutschlands, Stuttgart: W. Kohlhammer 2009
Ulrike Hammer: Kurfürstin Luise Henriette. Eine Oranierin als Mittlerin zwischen den Niederlanden und Brandenburg-Preußen, Münster: Waxmann 2001
Heinz Duchhardt: Barock und Aufklärung, 4., neu bearb. und erw. Aufl. des Bandes "Das Zeitalter des Absolutismus", München: Oldenbourg 2007
Bernhart Jähnig (Hg.): Literatur im Preußenland von der ausgehenden Ordenszeit bis ins 20. Jahrhundert, Osnabrück: fibre Verlag 2012
Bernhart Jähnig / Klaus Militzer (Hgg.): Aus der Geschichte Alt-Livlands. Festschrift für Heinz von zur Mühlen zum 90. Geburtstag, Münster / Hamburg / Berlin / London: LIT 2004
Mit dem vorliegenden Sammelband dürfte der letzte Ertrag der Forschungsaktivitäten anlässlich des 300. Jubiläums der preußischen Königskrönung vorliegen. Andere, gewichtige Publikationen sind bereits vor einiger Zeit vorgelegt worden [1]; nun dokumentiert auch die "Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung" die Ergebnisse ihrer dazu veranstalteten Jahrestagung.
Mit neun Beiträgen in drei Abteilungen bietet der Band eine klare Schwerpunktsetzung, durch die einmal die Vorgeschichte beleuchtet, dann die königliche Residenzstadt Königsberg in den Mittelpunkt gerückt und schließlich über Reaktionen auf die Krönung außerhalb Preußens referiert wird. Leider konnten, wie der Herausgeber im Geleitwort konstatieren muss, nicht alle Vorträge für diesen Band eingereicht werden. Doch ergibt sich selbst so ein breites thematisches Spektrum, was auch an der Beteiligung von Vertretern verschiedener Disziplinen liegt. So kommen neben Historikern auch Vertreter der Kirchengeschichte, der Germanistik, der Kunst- und Rechtsgeschichte zu Wort. Beteiligt sind neben deutschen auch polnische Forscher; die Beiträge sind durchgängig in deutscher Sprache wiedergegeben.
Den Auftakt macht Dariusz Makilla, der die Bedeutung der Verträge von 1657 für die Souveränität des Herzogtums Preußens gering einschätzt gegenüber der starken Politik des Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Er schöpfte den ihm gebotenen Spielraum so weit wie möglich aus und begründete auf diese Weise eine machtpolitische Dominanz, die wesentlich für die Errichtung der preußischen Königswürde wurde. Dieses Ergebnis verweist generell auf die von Historikern mitunter doch überschätzte Bedeutung rechtlicher Normen gegenüber der konkreten politischen Wirklichkeit, die keineswegs mit dem rechtlichen Rahmen kongruent war.
Mit dem Königsberger Vertrag zwischen Kurfürst Friedrich III. und Zar Peter dem Großen im Jahr 1697 wird ein kaum beachteter Aspekt angesprochen. Geboten wird hier eine zweisprachige Edition des Vertrags in deutscher und russischer Sprache. Auf eine historische Einordnung des Kontrakts, in dem auch der Zar in die Krönungspläne des Hohenzollern eingebunden wurde, musste dem Gesundheitszustand des Vorträgers entsprechend bedauerlicherweise verzichtet werden (vergleiche "Zum Geleit", 7 f.).
Christofer Herrmann widmet sich dem Umbau des Königsberger Schlosses, vergleicht dabei den Königsberger Entwurf mit dem des Berliner Schlosses und fragt nach dem zeremoniellen und funktionalen Zusammenhang der Raumfolge. Den publizistischen Reflex auf die Königskrönung thematisiert Axel E. Walter, wobei er eher deskriptiv und summarisch vorgeht, ohne textanalytische Tiefe zu erreichen. Umfassend und mit viel Akribie befasst sich dagegen Bernhart Jähnig mit der Kanzlei und dem Archiv zur Zeit Friedrichs III./I. Dabei werden unterschiedlichste Aspekte erörtert, so die Kanzleiordnung, die noch auf Friedrich Wilhelm zurückging (1666/1673), die betreffenden Räumlichkeiten, vor allem aber die prosopografischen Fragen nach den Kanzlisten und Archivaren. Über die Anfänge des Pietismus in Preußen referiert schließlich Martin Lackner, der konkret die Gründung des Collegium Fridericianum durch den von Spener stark beeinflussten Theodor Gehr nachzeichnet - zweifelsohne ein für die Hohenzollernherrscher relevantes Thema, dessen konkreter Bezug zur Königskrönung letztlich aber offen bleibt.
Für die in Preußisch Polen (Preußen königlichen Anteils) gelegene Stadt Danzig besaß die Königserhebung ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial, wie Józef Włodarski hervorhebt. Danzig sah seine Freiheit durch die machtpolitische Mittellage zwischen der polnischen Krone, zwischen Brandenburg und vor allem Schweden bedroht. Eine auf Ausgleich und Äquidistanz bedachte Politik war stets das Gebot der Stunde, und dementsprechend vorsichtig verhielt sich die Stadt dann auch gegenüber dem neuen König.
Ausgesprochen erhellend sind die Ausführungen Stefan Samerskis zum päpstlichen Protest gegen die Krönung Friedrichs I. Tatsächlich war die zeitgleich akut gewordene süditalienische Lehensfrage der eigentliche Zielpunkt des Protestes, denn im ehemaligen Ordensland Preußen wie auch beim Königreich Beider Sizilien ging es vor dem Hintergrund der Lehensproblematik um politische Zuständigkeit und somit um die päpstliche Autorität: Dem Protest des Papstes kam ein "appellativer Charakter" (145) zu, der hier seine Rechtsposition verdeutlichen wollte. Auf diese Weise erscheint dieser Vorgang nicht nur in einem ganz neuen Licht, sondern wird vor allem plausibel.
Abschließend stellt Friedrich Vogel die seit 1525 nie aufgegebenen Versuche des Deutschen Ordens dar, das durch die Säkularisierung verlorene Ordensland Preußen wiederzugewinnen. Insgesamt handelt es sich um eine Geschichte des Scheiterns, die bis ans Ende des Alten Reiches reichte, an der Schwelle zum 18. Jahrhundert aber einen für den Orden traurigen Höhepunkt erreichte. Die Pläne des Hohenzollern bedeuteten ein "böses Erwachen" (163), doch gegen das Kalkül des Kaisers, der dringend auf die brandenburg-preußische Unterstützung im dräuenden Spanischen Erbfolgekrieg angewiesen war, konnten die Bemühungen des Ordens nichts ausrichten.
Am Ende bleibt die Frage stehen, inwieweit der Band tatsächlich, wie es der Titel ankündigt, auf die "landesgeschichtliche Bedeutung der Königsberger Königskrönung" abhebt. Meiner Ansicht nach gelingt ihm dies nicht mehr und nicht weniger als den anderen Forschungsprojekten auch. Dies tut dem Wert des Bandes keinen Abbruch, der mit einer Reihe höchst ansprechender Beiträge zum Thema der Königskrönung auch da etwas beiträgt, wo andere Kolloquien ihrerseits Lücken gelassen haben.
Anmerkung:
[1] Zu nennen ist vor allem für die große Ausstellung in Schloss Charlottenburg in Berlin: Preußen 1701. Eine europäische Geschichte, Bd. 1: Katalog, Bd. 2: Essays, hg. v. Deutschen Historischen Museum und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Berlin 2001; die Jahrestagung der Preußischen Historischen Kommission dokumentiert: Johannes Kunisch (Hg.): Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation (= Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Neue Folge; Beiheft Bd. 6), Berlin 2002; vgl. hierzu die Rezension von Anja Hartmann, in: sehepunkte 3 (2003), Nr. 9; http://www.sehepunkte.de/2003/09/3092.html. Die entsprechende Tagung der Arbeitsgemeinschaft zur preußischen Geschichte wird präsentiert von: Heide Barmeyer (Hg.): Die preußische Rangerhöhung und Königskrönung 1701 in deutscher und europäischer Sicht, Frankfurt a.M. 2002; vgl. hierzu die Rezension von Michael Rohrschneider, in: sehepunkte 3 (2003), Nr. 2; http://www.sehepunkte.de/2003/02/2591.html.
Michael Kaiser